Gold-Mannschaft (v.l.): Anna Gehring, Konstanze Klosterhalfen, Franziska Reng, Sarah Kistner, Alina Reh. © Jens Priedemuth
Zweimal Gold für deutsche U20-Girls – 22. Cross-Europameisterschaften in Toulon-Hyères werden zum Medaillen-Festival: Konstanze Klosterhalfen gewinnt vor Harriet Knowles-Jones und Alina Reh – Wilfried Raatz berichtet
Gleich zum Auftakt der 22. Cross-Europameisterschaften im Hippodrôme de Hyères wurden die deutschen Medaillenträume Realität: Auf der 4 157 m langen Distanz stürmte Konstanze Klosterhalfen zum Sensationssieg vor der Britin Harriet Knowles-Jones und ihrer Teamkollegin Alina Reh, letztlich die "halbe Miete" auf dem Weg zur Goldmedaille in der Teamwertung.
Mit Sarah Kistner (6.) und Franziska Reng (10.) bleiben gleich vier deutsche Läuferinnen in der Top 10-Rangliste. Mit 20 Punkten gewann Deutschland vor Großbritannien (40) und Dänemark (62) und entthronte die Seriensieger von der Insel, die seit 2010 stets den Mannschafts-Europameister stellte.
Eine vierte Medaille steuerte im U23-Rennen der Junioren Amanal Petros bei, der in einem mutigen Rennen hinter Jonathan Davies (Großbritannien) und Carlos Mayo (Spanien) überraschend die Bronzemedaille gewinnen konnte.
"Ich bin sehr, sehr glücklich", gestand Konstanze Klosterhalfen. "Ich war natürlich keine Favoritin, deshalb bin ich etwas durcheinander. Für mich ist dies eine große Überraschung. Ich hatte auf eine Platzierung unter den besten zehn gehofft!" Die 18jährige vom TSV Bayer Leverkusen hatte sich das gesamte Rennen in der Spitzengruppe aufgehalten und auf ihre Chance im Spurt gehofft. Die U20-EM-Dritte über 1500 m bekam diese eingangs der Zielgeraden vor den Zuschauerrängen:
Überraschend dabei, dass ihre 1500 m-Konkurrentin Bobby Clay, die U20-Europameisterin über 1500 m, nicht um die Medaillen kämpfte, sondern ihre Teamkollegin Harriet Knowles-Jones. Mit 13:12 Minuten hatte Konstanze einen sicheren Vier-Sekunden-Vorsprung vor der Britin. "Die letzten 200 Meter waren natürlich ein perfektes Ende, denn hier konnte ich meine Spurtqualitäten ausspielen!"
Nach Rang fünf 2013 und vier 2014 entsprach Alina Reh als Dritte dem Gesetz der Serie, auch wenn sie sich gehörig über ihren verschlafenen Start ärgerte.
"Der Start war schlimm, das Ergebnis aber ok!" Die Doppeleuropameisterin hatte sich Stück für Stück nach vorne gearbeitet, die Spitze aber selbst noch in der Schlussrunde dreißig Meter voraus. Erst Bobby Clay, dann Célia Antón – und auf der Zielgeraden war Alina Reh als Dritte mit dem im Rennverlauf maximal möglichen Resultat im Ziel. "Ich bin wirklich glücklich über das Mannschaftsgold!" freute sie sich, denn mit Sarah Kistner als Sechste und Franziska Reng als Zehnte konnten die deutschen Läuferinnen mit vier Platzierungen unter den top 10 ein Resultat einfahren, das allenfalls einmal crossverliebte britische Läuferinnen einfahren konnten.
Fast konnte einem Anna Gehring leid tun, die als 17. ein starkes Rennen lief – aber als fünfte DLV-Läuferin nicht in die Mannschaftswertung kam.
"Wir haben mit drei Medaillen gerechnet", gestand Bundestrainer Jens Boyde, "jetzt können wir vier Medaillen feiern!" Dabei hatte er aber für die U23-Junioren eine Mannschaftsmedaille eingeplant.
Mit 81 Punkten reichte es für das DLV-Aufgebot allerdings nur zu Rang fünf, davor Spanien (39), Großbritannien (41), Frankreich (59) und Italien (77).
Diese holte überraschend Amanal Petros, der sich mit zunehmender Streckenlänge der 8087 m langen Distanz immer stärker in das Renngeschehen an der Spitze einmischte – und sogar eingangs der Schlussrunde etwas übermütig die Spitze übernommen hatte. "Ich hatte etwas die Orientierung verloren und wollte an der Spitze das Geschehen kontrollieren. Ich bin natürlich glücklich, zumal es mein erster internationaler Start war!"
Er war derart zufrieden, dass er schon zwanzig Meter vor der Ziellinie als Dritter hinter Jonathan Davies und Carlos Mayo austrudelte und diesen dritten Rang fast noch an den Briten Marc Scott verlor, der zeitgleich dahinter allerdings auf Rang vier gesetzt wurde.
Für den Wattenscheider Hendrik Pfeiffer endete als Rennen mit einer großen Enttäuschung. Als 35. lief er zweifellos deutlich hinter seinem Leistungsvermögen ("Ich war nach zwei Runden bereits so übersäuert. Da ging einfach nichts mehr!"), dafür zeigte sich Dominik Notz als Dreizehnter zufrieden. "Ich habe gut gekämpft. in einem derartigen Feld ist es schwierig, sich zu orientieren. Ich weiß jetzt, wo ich international stehe", so der 22jährige, der erst am Donnerstag aus seinem US-Studienort Anchorage angereist war und etwas mit dem Jetlag zu kämpfen hatte.
Eine Enttäuschung bereiteten die U20-Junioren, bei denen Patrick Karl trotz 10tägiger Trainingspause nach seiner beim Darmstadt-Cross erlittenen Fleischwunde auf Rang 30 noch bester deutscher Starter war.
Das Team belegte mit 141 Punkten Rang sechs hinter Frankreich (27), Italien (29), Großbritannien (67), Spanien (87) und Belgien (121). "Das hätte natürlich besser laufen können, ich habe mir das Rennen auch anders vorgestellt, aber mit 10 Tagen absoluter Sportpause kannst du eigentlich auch nicht mehr erwarten", so der Vize-Europameister im 3000 m-Hindernislauf Patrick Karl. Ein Trost blieb ihm, dass sein Disziplinkollege und Europameister Yohanes Chiappinelli als Zwanzigster gerade einmal neun Sekunden vor ihm eingelaufen war.
Lediglich Einzelstarter hatte der DLV sowohl bei den Männern und Frauen als auch bei den U23-Juniorinnen ins Rennen geschickt.
"Schade, ich wäre gerne mit einem Team am Start gestanden", bedauerte Florian Orth, der nach der krankheitsbedingten Absage von Richard Ringer als Einzelkämpfer über die 10.117 m lange Strecke ging. Und der eigentlicher 1500 m-Spezialist machte seine Sache als 19. eines von Afrikanern dominierten Feldes ordentlich. Mit einem guten Start und Position acht hatte er sich aus dem großen Gerangel herausgehalten und musste in der Folge nur elf Plätze einbüßen. "Ich hatte zwischendrin etwas Mühe, mein Tempo zu finden. Als Mittelstreckler wartest du natürlich auf die Zielgeraden, um noch einmal den Turbo zünden zu können. Das ist mir auch bedingt gelungen!"
Für die Olympiasaison möchte zweigleisig planen, schließlich kursiert im Hinterkopf des 26jährigen Zahnarztes bereits der Wechsel zur 5000 m-Strecke.
Der frühere Kenianer Ali Kaya (Türkei) holte sich nach mehreren U23-Titeln trotz seiner erst 21 Jahre in überzeugender Manier den Langstreckentitel in 29:20 Minuten und ließ dem gebürtigen Äthiopier Alemayehu Bezabeh (Spanien), der zwischenzeitlich aufgeschlossen hatte, keine Chance. In seltener Phalanx folgten mit Adel Mechaal, Ayad Lamdassem und Ilias Fifa gleich drei weitere Spanier auf den nächsten Rängen, der Titelverteidiger Polat Kemboi Arikan (Türkei) war in aussichtsloser Position auf einen Medaillenrang vorzeitig ausgestiegen.
Auch bei den Frauen setzte sich mit Sifan Hassan (Niederlande) eine Läuferin aus Ostafrika durch. Die 22jährige 1500 m-Europameisterin setzte sich frühzeitig an die Spitze und kam zu einem sicheren Erfolg über die 8087 m lange Distanz vor der Britin Kate Avery und der früheren U20-Cross-Europameisterin Karoline Grovdal (Norwegen).
Die beiden deutschen Teilnehmerinnen Simret Restle-Apel und Fabienne Amrhein ("Es macht schon einen Unterschied zur U 23-Klasse. Für mich ist dies ein neues Kapitel!") liefen auf Platz 30 bzw.51 ein.
Auch für die frühere U20-Cross-EM-Dritte Maya Rehberg blieben die Hoffnungen auf eine Top 10-Platzierung in der U23-Klasse über 5 947 m unerfüllt. "Ich weiß allerdings nicht, ob heute mehr drin gewesen wäre!" rätselte die Kielerin über Rang 17 und einem Rückstand von 16 Sekunden auf jene Platzierung.
In einem begeisternden Rennen sicherte sich die Belgierin Louise Carton den Europameistertitel vor der zeitgleichen Jip Vastenburg (Niederlande) und der U23-1500 m-Europameisterin Amela Terzic (Serbien).
Wilfried Raatz
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