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21
06
2023

Vorne der Langstreckenspezialist Florian Röser vor dem Berglaufass Lukas Ehrle. - Foto: Wilfried Raatz - wus-media

Zwei „neue“ Sieger am Hohenneuffen + Lukas Ehrle läuft zum Tagessieg und BaWü-Meisterschaft und distanziert In einer eindrucksvollen Vorstellung den laufstarken Berglauf-Novizen Florian Röser – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Großandrang auf dem Vorplatz zur Festhalle in Beuren schon in den frühen Morgenstunden, sodass die Helfer um Frank Klass alle Hände voll zu tun hatten, um dem Andrang einigermaßen gerecht zu werden.

„Mit der Melderesonanz sind wir sehr zufrieden“, freut sich der Organisationschef, nicht zuletzt, weil auch die Integrierung der Baden-Württembergischen Berglauf-Meisterschaften Topleistungen nicht nur an der Spitze, sondern auch quer durch alle Altersklassen garantieren.

Neben 130 Kinder bei den Nachwuchslaufangeboten und 400 Meldungen beim Traditionslauf über die mehr oder weniger steilen Hänge der Schwäbischen Alb. „Es zahlt sich aus, dass wir den Berglauf trotz der Corona-Pandemie mit Beharrlichkeit und Ideen angeboten haben. Im vergangenen Jahr waren viele noch vorsichtig, in diesem Jahr sind wir natürlich zufrieden!“

Mit einem Lächeln im Gesicht nahm Tilman Bertsch, der Landesverbands-Beauftragte für Non-Stadio“-Veranstaltungen das rege Treiben zur Kenntnis: „Wir haben mit dem TSV Beuren einen bewährten Veranstalter. Wir können nicht verhehlen, dass es von Jahr zu Jahr schwieriger wird, Meisterschaften unterzubringen. Nach dem Ausfall des traditionsreichen Berglaufes in Isny wird es nun noch schwieriger, dennoch möchten wir an unserem Schlüssel, zweimal Meisterschaften im Badischen und einmal Meisterschaften im Württembergischen, festhalten. Der Hohenneuffen-Berglauf ist eine wirklich schöne Veranstaltung, zu der wir sehr gerne kommen!“

Bestes Wetter – und beste Laune dann auch am Bahnhof Linsenhofen, dem Startpunkt zum Hohenneuffen-Berglauf über insgesamt 9,3 km und 438 Höhenmeter. Und mit Prominenz am Start. So schrieb sich der gerade erst vor einer Woche bei den Berg- und Trail-Weltmeisterschaften in Innsbruck im U20-Rennen als Vierter einlaufende Lukas Ehrle als Nachmelder noch in die Startlisten. Immerhin ist er auch der „amtierende“ deutsche Meister der Aktivenklasse und ist im Nachwuchsbereich zu den internationalen Topläufern zu zählen. Mit dem Konstanzer Langstreckenass Florian Röser zeigte sich allerdings ein ernsthafter Konkurrent um den Landestitel, zumal der eher wellige Kurs für den exzellenten Langstreckenläufer mit Bestzeiten von 29:05 über 10 km, 1:03:11 über Halbmarathon und 2:15:03 über Marathon sprach. Allesamt Hausrekorde, von denen der junge Lukas Ehrle derzeit noch träumt.

Beim flotten Anlauf nach Balzholz führte dann auch der 30jährige Doktorand der Makroökonomie knapp vor dem Berglaufass, der allerdings im eher fordernden Skihang die Führung und letztlich auch den Kontakt abreißen lassen musste. „Das Trailstück war mir einfach zu steil!“ bekannte der Konstanzer, der sich in den Sommermonaten auf einen Herbstmarathon („Es läuft auf Berlin oder Köln hinaus“) vorbereiten möchte. Spaß jedenfalls brachte die Berglauf-Premiere für Florian Röser auf jeden Fall. Die Führung im flachen Anlauf kommentierte er mit einem Augenzwinkern: „Ich wollte einfach bei Lukas die Laktatbildung anregen…!“

Aber die angesprochene Laktattoleranz brachte letztlich eher Vorteile für den Bergläufer Lukas Ehrle. Mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit stürmte er den Anstieg zum Rundweg um die Burg hinauf, Florian schon längst außer Sichtweite. Der selektive Schlußanstieg zum Burginnenhof war dann gewiss ganz nach dem Geschmack des Abiturienten, der mit 36:10 Minuten die sechstschnellste Zeit der Traditionsveranstaltung ablieferte. Nur Streckenrekordler Thomas Greger (34:49), der Australier Ben du Bois (35:54, 36:09), Yossief Tekle (36:03) und Medhi Khelifi (36:07) waren jemals schneller im Burghof. „Das war ein cooles Rennen“, freute sich Lukas Ehrle über den Sieg. „Im zweiten Abschnitt konnte ich das Tempo noch einmal erhöhen. Meine Beine? Klar, die habe ich schon etwas gespurt, vor allem beim Bergablaufen!“ Die Woche hatte das Berglauftalent aus Villingen-Schwenningen eher auf dem Rad und bei leichten Dauerläufen verbracht. Wie jedoch wird es bei Lukas Ehrle in der Saison weiter gehen? „Mein Problem ist, dass ich ein schnelles 5000 m-Rennen für die EM-Quali braucht. Wien am Samstag war mir noch zu früh, da mir auf jeden Fall die Spritzigkeit gefehlt hätte….“

Keineswegs unzufrieden Florian Röser mit seinen 37:22 Minuten, schließlich waren die Abstände „nach vorne“ und „nach hinten“ über eine Minute groß. Und er legte freilich den Grundstock zum überragenden Mannschaftserfolg für den TV Konstanz, denn mit Jens Ziganke (Vierter/ 38:48) und dem U23-Sieger Thomas Lohfink (Zwölfter/ 42:01) waren zumindest zwei Teamkollegen in der Spitze platziert. Für den Tübinger Sascha Chwalek liefen diese Titelkämpfe erfolgreich, hinter Ehrle und Röser wurde er nicht nur Dritter der Tageswertung, sondern auch M40-Sieger in 38:36 Minuten, eine Zeit, die letztlich auch schon am Hohenneuffen zum Sieg gereicht hatte.

Der für den TSV Riedlingen startende Vorjahressieger lief in diesem stark besetzten Feld wiederum ein gutes Rennen und wurde in 39:43 Minuten Sechster, nachdem der Ex-Fußballer im Vorjahr noch 39:53 gelaufen war. Eindeutig zu kurz war für den mehrfachen Alb-Marathon-Gewinner Richard Schumacher die 9,3 km-Distanz, zumal er aus einer 150 km-Trainingswoche kommt. „Meine Beine waren richtig schwer, da ging eigentlich gar nichts!“ Als Fünfzehnter lieferte der Stuttgarter Jakob Weinandy ein feines Rennen ab, das ihm den Sieg in der U18-Klasse einbrachte.

Bei den Frauen ging der Sieg und damit auch der Landestitel an eine Berglauf-Novizin: Corinna Coenning. Die 32jährige Gymnasiallehrerin für Mathematik und Sport aus dem nahem Nürtingen, ansonsten eher auf der Straße „zuhause“, übernahm bereits auf der Flachstrecke nach Balzholz die Führung – und gab diese bis ins Ziel im Burghof der Hohenneuffen nicht mehr ab. Mit 43:50 Minuten gelang ihr auf Anhieb ein starkes Resultat, das siebtschnellste in der Geschichte des Berglaufes. „Ich bin im Training die Strecke einmal abgelaufen und wußte somit, was auf mich zukommt. Mein Trainer Tim Koch und ich sehen das als willkommene Abwechslung im Training, bevor es für die DM-Vierte von Freiburg über die Halbmarathonstrecke in die Marathonvorbereitung geht. „Bei den Deutschen Meisterschaften in Köln möchte ich die 2:40 Stunden abhaken. Da bin ich nach dem bisherigen Verlauf der Saison schon zuversichtlich!“

Nicht recht in Tritt kam die Vorjahressiegerin Simone Raatz im eher welligen Gelände, die mit 45:52 dennoch klare Zweite wurde. „Ich konnte erst gegen Ende einen vernünftigen Schritt ziehen“, gestand die 47jährige Mastersläuferin, die in zwei Wochen bei den Berglauf.-Europameisterschaften der Masters in Adelboden eine gute Tagesform haben möchte. „Man sagt doch, eine schlechte Generalprobe…“.

Ricards Rapp (47:56) und Nicole Jackel (49:03) folgten im deutlichen Abstand dahinter, ehe mit Sandra Kist-Boschetti (1. W40) und Christine Sigg-Sohn (1. W55) schon die nächsten Altersklassen-Siegerinnen folgten. Noch unter einer Stunde blieben mit Brigitte Hoffmann (W65) und Regina Vielmeier (W60) weitere AK-Siegerinnen.

Wilfried Raatz

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