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20
04
2011

Es war sicher auch ein Verdienst von Grete Waitz, dass der Frauen-Langstreckenlauf zukünftig wesentlich mehr beachtet wurde.

Zum Tod von Grete Waitz

By GRR 0

Grete Waitz ist am Dienstag im Alter von 57 Jahren verstorben. Die Norwegerin war eine Ikone des Langstreckenlaufes. Nach den großartigen Marathonergebnissen vom Wochenende schockt der Tod von Grete Waitz den Laufsport. Sie erlag einem Krebsleiden nach mehrjährigem Kampf gegen die Krankheit. „Eine der hellsten Flammen der modernen Leichtathletik wurde ausgelöscht, aber ihre heroischen Leistungen werden auf ewig präsent bleiben", erklärte der Präsident des internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF), Lamine Diack.

Svein Arne Hansen, der Präsident des norwegischen Leichtathletik-Verbandes und Meeting-Direktor des legendären Osloer Sportfestes „Bislett Games" sagte: „Grete ist in meinen Augen eine der größten norwegischen Athleten aller Zeiten. Und zwar nicht nur aufgrund ihrer Leistungen im Sport sondern auch aufgrund ihrer Vorbildfunktion für den gesamten Frauensport."

Es gibt zumindest in Europa keine, die einen so großen Anteil hat an der Entwicklung des Frauen-Laufsports wie Grete Waitz. Die Norwegerin feierte als Weltklasseläuferin zunächst selbst große Siege – erst auf der Bahn sowie im Cross, später auf der Straße und dabei besonders im Marathon. Ihre Erfolge und die damit verbundene Popularität nutzte Grete Waitz nach ihrer leistungssportlichen Karriere, um tausenden von Menschen den Spaß am gesunden Laufsport zu vermitteln.  Höhepunkt war dabei der von ihr ins Leben gerufene Grete Waitz-Lopet, der in seiner ursprünglichen Form bis 2004 in Oslo stattfand und der größte Frauenlauf der Welt war.

Nach Beginn ihrer Krebserkrankung engagierte sich Grete Waitz in Norwegen auch im Bereich der Vorsorge dieser Krankheit. Für ihre außergewöhnlichen Leistungen verlieh König Harald V. vor wenigen Jahren den höchsten Orden des Landes an Grete Waitz.

In einer Zeit, als die längsten Frauen-Laufstrecken bei großen Meisterschaften 1.500 m betrugen, gewann Grete Waitz in Norwegen nationale Junioren-Titel über 400 und 800 m. Es heißt, dass sie es nicht leicht hatte, ihre Eltern davon zu überzeugen, es mit der Leichtathletik zu versuchen. Doch 1971 rannte Grete Waitz einen Juniorinnen-Weltrekord über 1.500 m (4:17,0 Minuten), nachdem sie im gleichen Jahr übrigens eine Hochsprung-Bestleistung von 1,61 m aufgestellt hatte. Als 18-Jährige startete sie dann über die 1.500-m-Distanz bei den Olympischen Spielen von München 1972. Damals blieb sie bei der olympischen 1.500-m-Premiere der Frauen im Vorlauf hängen. Längere Distanzen standen noch nicht auf dem Programm.

Ihr Talent für Langstrecken hatte Grete Waitz damals ohnehin noch nicht richtig entdeckt, obwohl sie schon immer eine starke Crossläuferin war und bei diesen Rennen gleich zwölf Jahre lang bis 1981 ungeschlagen war. Von ihrer späteren Paradedisziplin, dem Marathon, war die Läuferin aus Oslo Anfang der 70er Jahre jedoch noch weit entfernt. Das beweist auch eine Aussage von Grete Waitz aus dem Jahr 1974, über die der Italiener Roberto L. Quercetani in seinem Buch ,A World History of Long Distance Running' schreibt. Demnach wurde Grete Waitz nach ihrer Bronzemedaille über 1.500 m bei den Europameisterschaften in Rom gefragt, ob sie nicht vielleicht auf die 3.000-m-Strecke wechseln wolle. Denn diese Distanz gehörte damals erstmals zum EM-Programm. Darauf antwortete Grete Waitz: „Ich habe diese Strecke bereits ausprobiert und ich glaube, das ist zu lang!"

Heute klingt diese Aussage kurios, und schon ein Jahr später wird Grete Waitz darüber selbst gelacht haben. Denn 1975 unterbot sie in Oslo den 3.000-m-Weltrekord um gut sechs Sekunden und lief 8:46,6 Minuten. 1976 verbesserte sie die Marke auf 8:45,4. Doch auch die 3.000 m waren zu kurz für Grete Waitz, die 1975 ihren Trainer Jack Waitz geheiratet hatte. Nachdem sie 1978 ihren ersten von fünf Cross-WM-Titeln gewonnen hatte, war es der Gründer des New York-Marathons, Fred Lebow, der sie einlud, bei seinem Rennen an den Start zu gehen.

Nie zuvor war Grete Waitz einen Marathon gelaufen. „Ich ging", erzählte sie später über eine Situation kurz vor dem Start, „zu einem bärtigen Mann, der in einem Jeep stehend Anweisungen gab und fragte ihn: ,Mister Lebow, wo muss ich hier lang lau­fen?'" Gut zweieinhalb Stunden später hatte Grete Waitz den New York-Marathon gewonnen und bei ihrem Debüt auch gleich den Weltrekord von Christa Vahlensieck (2:34:47) um gut zwei Minuten auf 2:32:30 verbessert. Damit begann für sie in New York eine einmalige Erfolgsstory, die Grete Waitz auch in Amerika zu einem Vorbild des Frauenlaufsports machte. Im folgenden Jahr kehrte sie nach New York zurück und lief als erste Frau unter zweieinhalb Stunden (2:27:33). Das Rennen wurde damals zum ersten Mal live im Fernsehen gezeigt. Die Sendezeit aber ging zu Ende, ohne dass von dem bahnbrechenden Rekord der Grete Waitz die Rede war. Im TV-Abspann sah man die Norwegerin noch durch das Ziel laufen, doch nur Insider erkannten, was gerade pas­sierte.

Es war sicher auch ein Verdienst von Grete Waitz, dass der Frauen-Langstreckenlauf zukünftig wesentlich mehr beachtet wurde. Den letzten ihrer vier Marathon-Weltrekorde lief sie 1983 in London mit 2:25:29 Stunden. Damit hatte Grete Waitz, die in ihrer Karriere nationale Rekorde von 800 m bis zum Marathon aufgestellt hatte, die Bestmarke binnen fünf Jahren um über neun Minuten gesteigert. Ebenfalls 1983 wurde sie in Helsinki zur ersten Marathon-Weltmeisterin, ein Jahr später gewann sie bei der Olympia-Premiere des Frauen-Marathons Silber. Einmalig und so bald nicht zu übertreffen, ist die Zahl ihrer New York-Siege: Neunmal triumphierte Grete Waitz bei dem Spektakel. Keiner kommt da auch nur annähernd heran. Paula Radcliffe (Großbritannien) siegte bisher dreimal in New York, Bill Rodgers gewann in den 70er Jahren viermal.

Zum zehnten Sieg, den Fred Lebow ihr wünschte, kam es nicht. 1990 versuchte es Grete Waitz noch einmal und wurde Vierte. 1992 startete sie wieder in New York, dieses Mal allerdings unter anderen Vorzeichen: Sie lief gemeinsam mit dem schwer erkrankten Organisator nach 5:32:34 Stunden ins Ziel. Fred Lebow erlag 1994 einem Gehirntumor. Acht Jahre später starb auch Grete Waitz an Krebs.

Bereits zu Zeiten ihrer größten Erfolge begann Grete Waitz mit der Förderung des breitensportlichen Frauen-Laufsports. Als 1984 in Oslo vor dem Bislett-Stadion eine Statue von ihr enthüllt wurde, startete sie dort den ersten ,Grete Waitz Lopet'. Damals rannten 6.000 Norwegerinnen, zuletzt waren es rund 45.000. „Früher haben sie Kaffee getrunken, heute laufen sie", hat Grete Waitz einmal erzählt. Daran hat sie einen nicht unerheblichen Anteil. „Ich weiß nicht, ob ich das Laufen wirklich populär gemacht habe. Aber ich habe es zumindest akzeptabel gemacht für Leute, die nicht danach aussehen." In Kooperation mit ihrem Sportsponsor Adidas unterstützte Grete Waitz später auch die erfolgreiche Entwicklung von Frauenläufen in Dublin oder Berlin.

„Früher fanden es die Leute noch interessant, nur vom Start zum Ziel zu rennen. Heute wollen sie alleine dafür nicht mehr bezahlen. Es muss ein Programm geben. Beim Frauenlauf in Oslo stehen Spaß und Drumherum im Vordergrund, nicht der Wettkampf", erzählte Grete Waitz über ihre Erfahrungen. Nach ihrer spitzensportlichen Karriere arbeitete sie nicht nur als Lauf-Organisatorin sondern auch als Trainerin, Laufbuch-Autorin und Kommentatorin. Die Norwegerin reiste als Ehrengast zu vielen Veranstaltungen. Nach ihrer Krebserkrankung 2005 engagierte sie sich zudem für Trainingsprogramme in Vorbeugung dieser Krankheit.

 

Größte Erfolge

 

Weltmeisterin Marathon 1983

Olympia-Zweite Marathon 1984

Europameisterschafts-Dritte 3.000 m 1978

Crosslauf-Weltmeisterin 1978, '79, '80, '81 und '83

Cross-WM-Dritte 1982 und '84

 

Weltrekorde über 3.000 m 1975 (8:46,6) und '76 (8:45,4)

Europarekord über 5.000 m 1982 (15:08,80)

Weltbestzeiten über 15 km (47:53/1984), 10 Meilen (53:05/1979), 20 Meilen (1:51:23) sowie viermal im Marathon: 2:32:30 (1978), 2:27:33 (1979), 2:25:41 (1980), 2:25:29 (1983)

 

Die neun New York-Marathon-Siege der Grete Waitz

 

1978    2:32:30 (WR)

1979    2:27:33 (WR)

1980    2:25:41 (WR)

1982    2:27:14

1983    2.27:00

1984    2:29:30

1985    2:28:34

1986    2:28:06

1988    2:28:07

 

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author: GRR

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