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19
06
2007

Oh, ich bin jemand, der sich unheimlich darüber freut, dass die technologische Entwicklung so weit fortgeschritten ist, dass man Hilfsmittel benutzen kann, um solch langen Distanzen zu überwinden. 42 Kilometer zu laufen, ist nicht mein Ding. Horst Milde, ein guter Freund von mir, versucht mich schon seit Jahren, für die Laufbewegung zu begeistern.

Wowereit: „Wir stehen bereit für Olympia“ – Der Regierende Bürgermeister über Berlin als Sportmetropole und die Visionen der Stadt – Stefan Frommann und Karsten Hintzmann in der Berliner Morgenpost

By GRR 0

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit gehört zu den wichtigsten Persönlichkeiten im Berliner Sport. Die Berliner Morgenpost sprach mit dem SPD-Politiker über seine persönliche Sportbilanz, die Olympiachancen Berlins und den Vorbereitungsstand der Leichtathletik-WM 2009.

Berliner Morgenpost: Treiben Sie eigentlich selbst Sport, Herr Bürgermeister?

Klaus Wowereit (lacht): In jedem Fall zu wenig. Und wenn ich mal Zeit habe, dann spiele ich meistens Golf und im Winter fahre ich Ski.

War das in der Jugend auch so?

Ich habe immer irgendetwas gemacht. Während der Schulzeit war ich in der Ruderriege. Meine Schule lag am Kleinen Wannsee. Ich habe auch Tennis gespielt. Allerdings nie als Leistungssport, immer nur als Hobby und immer mit großer Freude.

Sie wirken aber noch heute ziemlich sportlich. Gehen Sie nicht einmal ins Fitnessstudio?

Danke für das Kompliment, das kann man auch anders sehen. Ich bin tatsächlich Mitglied in einem Fitnessstudio, da war ich jetzt aber schon seit über einem Jahr nicht mehr.

Warum sind Sie noch nie den Berlin-Marathon mitgelaufen?

Oh, ich bin jemand, der sich unheimlich darüber freut, dass die technologische Entwicklung so weit fortgeschritten ist, dass man Hilfsmittel benutzen kann, um solch langen Distanzen zu überwinden. 42 Kilometer zu laufen, ist nicht mein Ding. Horst Milde, ein guter Freund von mir, versucht mich schon seit Jahren, für die Laufbewegung zu begeistern.
Aber schon seit Schulzeiten fand ich Entfernungen von über 400 Metern als Belastung. Man soll ja nie nie sagen, aber zurzeit kann ich mir nicht vorstellen, dass ich ein Jogger werde. Und am Marathon kann ich schon deshalb nicht teilnehmen, weil ich Starter bin. Und: Ich bin derjenige, der am Ziel das Band hält. Laufe ich mit, würde das bedeuten, dass ich Weltrekord laufen müsste, um vor dem Ersten vom Start wieder am Ziel zu sein – und das traue ich mir nicht zu.

Okay, kommen wir zu denen, die das können, den Profis. Berlins Sport-Jahr war deprimierend. Hertha, Eisbären, Alba, Thunder – da war wenig bis gar nichts los.

Ja, gut, da muss man jede Sportart differenziert betrachten. Wir hatten Schwächen bei Hertha, keine Frage. Bis zur Winterpause lief es gut, danach steckte plötzlich der Wurm drin. Bei Alba muss man sagen, dass ein so frühes Ausscheiden schon enttäuschend war. Da muss man dran arbeiten. Bei den Eisbären gab es eine radikale Verjüngung des Teams. Andererseits waren wir erfolgreich: Die Handball-Füchse sind aufgestiegen, unsere Wasserballer wurden Meister.

Das Zugpferd heißt aber Hertha BSC. Der Klub war vor 76 Jahren Deutscher Meister. Muss da nicht endlich einmal etwas passieren?

Jedem Besucher auf meinem Balkon im Roten Rathaus sage ich, dass ich davon träume, dass dort eines Tages Hertha BSC als Deutscher Meister steht. Andere standen dort schon als Meister. Ich setze darauf, dass es mit dem neuen Trainer sportlich bergauf geht und die Leitung gute Entscheidungen bei ihrer Verpflichtungspolitik trifft. Ich war kürzlich in Zürich und kann Ihnen versichern: Der Weggang von Favre wird dort sehr bedauert.

Welcher Klub ist das beste Aushängeschild für unsere Stadt?

Jeder in seiner Sportart ist ein Botschafter Berlins. Wer international mitspielt, wie Alba oder die Wasserfreunde, ist für die Reputation unserer Sportmetropole natürlich besonders wichtig.

Freut es Sie, dass die German Open im Tennis in arabischer Hand sind?

Hätte es die königliche Familie in Katar nicht gegeben, würde es kein Spitzenturnier im Tennis mehr geben. Tennis hat an Popularität verloren. Mit Tennis macht man keine Quote mehr. Ich bin froh, dass wir die Katar Open austragen dürfen und danke den Kataris dafür. Es macht mich allerdings traurig, wenn ich sehe, wie leer die Anlage zum Teil ist, wo doch so großartiges Tennis dort geboten wird.

2010 läuft der Vertrag mit dem DFB über das Pokalfinale aus. Gibt es bereits Gespräche, Berlin als deutsches Wembley zu behalten?

Ich glaube nicht, dass das in Frage steht. Diese gute Tradition wird beim DFB niemand ernsthaft aufgeben wollen. Ich bin in gutem Kontakt zum DFB – da muss Berlin keine Sorge haben.

Vor einem Jahr war Berlin Mekka der WM-Begeisterung. Was ist davon geblieben?

Eine ganze Menge. Die Touristenzahlen wachsen stetig. Das liegt auch an der wunderbaren Werbung, die wir durch die Fußball-WM hatten. Berlin hat enorm davon profitiert.

Etwas konkreter vielleicht. Was hat Berlin in den Alltag übernommen?

Der Alltag kam schnell wieder, auch die Probleme. Aber die Stadt hat gezeigt, wie begeisterungsfähig sie ist. Die nächste Herausforderung ist die Leichtathletik-WM 2009. Das Stadion müssen wir über die komplette Zeit voll bekommen. Und Berlin ist nicht Helsinki, wo 30 000 Zuschauer ins Stadion passen. Dafür benötigen wir ein Gemeinschaftsgefühl.

Wie ist denn der Vorbereitungsstand bei der Leichtathletik-WM?

Das Olympiastadion steht, wir werden es an die speziellen Erfordernisse der Leichtathletik-WM anpassen. Die Pressetribünen werden erweitert, eine Zeltstadt errichtet. Vielleicht werden Renovierungsarbeiten nötig. Ich rechne mit einem WM-Etat in Höhe von rund 30 Millionen Euro. Die Leichtathletik-WM ist nach Olympia und der Fußball-WM nun mal das drittwichtigste Sportereignis.

Berlin hat oft Großveranstaltungen: Sechstagerennen, Istaf, Marathon, Tennis – fehlt noch etwas?

Sicher: Die Olympischen Spiele.

Sportpolitisch ist Berlin exzellent positioniert. Viele Kongresse finden hier statt, das IOC war da, auch die Anti-Doping-Organisation. Sie drehen offenbar an der richtigen Stelle, um für Berlin auf die Olympischen Spiele aufmerksam zu machen …

Es macht keinen Sinn, sich erst zu präsentieren, wenn die Entscheidung ansteht. Ein Teil unserer Strategie ist es, so viele internationale Topereignisse in die Stadt zu holen, wie möglich. Bei uns haben sich die Bewerber für Olympia 2012 präsentiert. Dabei waren sämtliche IOC-Mitglieder. Ich halte eine kontinuierliche Beziehungspflege für wichtig.

DOSB-Präsident Thomas Bach hat sich zuletzt deutlich gegen Berlin ausgesprochen, wie kommt das?

Das habe ich nicht gehört. Allerdings verhält sich der DOSB meiner Meinung nach zu defensiv. Er sollte die Entscheidung treffen, mit welcher Stadt sich Deutschland für die Olympischen Spiele bewirbt. Ich bin der Meinung, dass man mit Berlin international die besten Chancen hat und am meisten punkten kann. Von einem ruinösen nationalen Wettbewerb halte ich nichts.
Zur Frage, wann man sich bewirbt, sage ich: Auch wenn nach London 2012 eine europäische Stadt 2016 nicht zum Zuge kommt, kann es strategisch sinnvoll sein, eine Ehrenrunde zu drehen. Man macht sich bekannt, etwa für eine Bewerbung 2020. Wir Berliner stehen bereit.

Wie olympiatauglich ist Berlin?

Unser Vorteil: Wir müssen nicht so fundamental in die Infrastruktur investieren wie andere Städte. Wir haben eine gute Verkehrssituation und auch zahlreiche Sportstätten. Es fehlt ein Olympisches Dorf. Wo das sein wird, wird man dann entscheiden. So könnte beispielsweise der Flughafen Tegel in Frage kommen, weil die Sportler recht nah am Olympiastadion wären.

Eine neue große Halle bekommt Berlin dank Philipp Anschutz im September 2008 auch …

Mit dieser Halle sind wir fit für internationale Großereignisse. Hätten wir diese Halle schon früher gehabt, hätte das Finale der Handball-WM vielleicht in Berlin stattgefunden und nicht in Köln. Das wird technisch die beste Halle auf der ganzen Welt sein mit den neuesten Standards.

Stefan Frommann und Karsten Hintzmann
Berliner Morgenpost
Montag, dem 18. Juni 2007

author: GRR

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