Insgesamt gab es nur wenige Ausfälle. In 19 von 26 Möglichkeiten erreichten die deutschen U18-Athletinnen und -Athleten das Finale.
World Youth Champs – Lille 2011 – U18-WM – Weniger Medaillen kein Nachteil – Christian Fuchs
Ein Medaillenregen, wie vor zwei Jahren in Brixen (Italien) oder auch vor vier Jahren in Ostrava (Tschechische Republik), blieb in der letzten Woche bei der U18-Weltmeisterschaft in Lille (Frankreich) im deutschen Lager zwar aus. Die Athletinnen und Athleten gehen aber trotzdem gestärkt aus dem Nachwuchsturnier hervor.
„Weniger Medaillen sind kein Nachteil“, sagte U18-Bundestrainer Jörg Peter mit Blick auf die weitere Entwicklung seiner Hoffnungsträger. „Die Sportler in Lille haben genauso gute Leistungen gebracht wie vor zwei Jahren in Brixen, auch wenn wir weniger Medaillen haben. Wir waren nicht zum Medaillensammeln hier, sondern um Erfahrungen zu sammeln.“
Wie wertvoll gerade solche Erfahrungen sein können, zeigte in Lille das Beispiel Christin Hussong. Die junge Speerwerferin vom TV Thaleischweiler hatte im letzten Jahr über Moskau (Russland) den Sprung zu den Olympischen Jugendspielen in Singapur geschafft. Jetzt spielte sie ihre erste Routine aus und gewann den Titel in überzeugendster Manier.
„Bei Christin hat man gemerkt, dass sie schon letztes Jahr international im Einsatz war“, stellte Jörg Peter fest, „sie wurde in Singapur Vierte, hatte sich aber mehr erwartet. Die Erfahrung, die sie dort gesammelt hatte, konnte sie jetzt positiv nutzen.“
Nervenstarke Desiree Singh
Stabhochspringerin Desiree Singh hatte diese Erfahrung noch nicht. Die junge Athletin der LG Lippe-Süd hielt aber dennoch dem Druck, der auf ihr als Weltjahresbeste lastete, stand und schob sogar ganz geschickt der Australierin Liz Parnov die Favoritenrolle zu.
„Desiree hat mich sehr überrascht, weil sie nervenstark war“, sagte Jörg Peter, „Sie hatte einen Hänger, bei dem der Wettkampf hätte kippen können. Da hat sie gezeigt, dass sie auch mental stark ist.“
Mental stark präsentierte sich auch Kugelstoßerin und Diskuswerferin Katinka Urbaniak, die in den Fußstapfen ihrer Schwester Lena unterwegs war. Auch bei ihr hätte man, so Jörg Peter, gemerkt, dass sie eine Medaille wolle. Die hatte die Filstalerin dann als Dritte mit der Kugel auch bekommen.
Tolle vierte Plätze
Der Bundestrainer verwies aber nicht weniger auf tolle vierte Plätze in seinem Team: „Solche Ergebnisse wie von Alexandra Burghardt mit 13,42 Sekunden über die Kurzhürden oder die 1,82 Meter von Laura Voß im Hochsprung sind mir sehr, sehr lieb. Wenn sie dann später bei Olympischen Spielen eine Medaille machen, dann können wir zufrieden sein.“
Am Abschlusstag konnten auch die Frankfurter Weitspringerin Maryse Luzolo und der Landauer Stabhochspringer Oleg Zernickel noch am Treppchen kratzen. Positiv dabei: Niemand aus diesem Kreis verließ das Stadion enttäuscht, sondern zog trotz der so knapp verpassten Medaille für sich eine positive Bilanz.
Insgesamt gab es nur wenige Ausfälle. In 19 von 26 Möglichkeiten erreichten die deutschen U18-Athletinnen und -Athleten das Finale. Im Mehrkampf kam Annika Gärtz (LV 90 Thum) auf einen achtbaren siebten Platz, während der Metzinger Jan Schenk auf Medaillenkurs im Achtkampf das Verletzungspech ereilte.
So manche Träne fließt
Aber Enttäuschungen blieben im DLV-Team nicht aus. So manche Träne suchte sich im ersten Moment nach dem Wettkampf ihren Weg, auch weil sich der Großteil der Mannschaft sehr ehrgeizig zeigte. Besonders bitter war deshalb die Disqualifikation von Hürdenläuferin Christine Salterberg (TuS Köln rrh) nach einem Fehlstart, aber auch der Auftritt der Geraer Hammerwerferin Vanessa Pfeifer, die ohne gültigen Versuch blieb, wirkte nach.
„Das möchte man nicht erleben, das wünscht man keinem Athleten. Die Athleten wurden in der Mannschaft aufgefangen und entsprechend getröstet. Ich schätze sie auch so ein, dass sie das gut verarbeitet haben“, sagte Jörg Peter, der sich auch über die gute Stimmung und das positive Miteinander in seiner Truppe freute. „Das macht Spaß, so kommen auch gute Leistungen raus.“
Frauenpower
Besonders stark präsentierten sich in den Jahrgängen 1994 und 1995 die jungen Frauen. Schon bei der Nominierung standen 20 Starterinnen nur sieben männliche Teilnehmer gegenüber. In Lille festigte sich der Trend zu einem nur vermeintlich schwachen Geschlecht.
„Wir haben immer Wellentäler, die mit den Leistungen und Jahrgängen einher gehen. Ich sehe aber keine Tendenz, dass wir künftig nur eine Frauen-Leichtathletiknation werden“, beruhigte Jörg Peter, „Es gibt jetzt schon ein paar Jungs des 96er Jahrgangs, die stark sind. Das Verhältnis wird in zwei Jahren in Donezk wieder anders aussehen.“
Aber eines wird dann wohl wieder ganz ähnlich sein. Auch in die Ukraine dürfte der Deutsche Leichtathletik-Verband wieder ein Team auf Lernexpedition schicken und nicht, um nach Gold zu schürfen und sich an nackten Statistiken messen zu lassen!!!
DLV – Christian Fuchs