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30
08
2009

Beste Europäerin wurde in 2:26:50 die Portugiesin Marisa Barros, die hoch gehandelte Kara Goucher wurde am Ende Zehnte in 2:27:48 und die Jahresschnellste im Feld, Bezunesh Bekele (ETH) landete auf Platz 16 in 2:30:03, ganz knapp vor der am Ende immer stärker aufkommenden Sabrina Mockenhaupt in 2:30:07.

WM Berlin 2009 – Anmerkungen zum WM-Marathon der Frauen – Helmut Winter berichtet

By GRR 0

Xue Bai aus China gewann etwas überraschend den Marathonlauf der Frauen bei der WM auf dem Rundkurs in Berlins Mitte mit Start und Ziel am Brandenburger Tor. Angesichts der ungünstigen Bedingungen mit 26°C im Schatten über die Mittagszeit waren ihre Siegerzeit von 2:25:15 und auch die Zeiten der Nächstplatzierten ausgezeichnet.

Dabei war vor allem die Dominanz der asiatischen Läuferinnen erstaunlich, wie auch der Einlauf nur einer Läuferin aus Afrika unter den Top Ten. Bai war mit einer Bestzeit von 2:23:27 aus dem letzten Jahr für den Berliner Lauf gemeldet (Platz 7 weltweit im Jahr 2008), bei den Olympischen Spielen in ihrer Heimat belegte sie im letzten Jahr über die 10000 m auf der Bahn nur Platz 21.

Sicherlich profitierte sie von den Absagen etlicher Spitzenläuferinnen, aber insbesondere ihre Vorstellung in der Schlussphase des Rennens war in der Tat beeindruckend.

Dabei waren im Vorfeld von deutscher Seite nicht unbegründete Hoffnungen auf eine Medaille im Spiel, denn mit 2:22:11 beim diesjährigen London-Marathon ist Irina Mikitenko nicht nur die Weltjahresschnellste, auch ihr deutscher Rekord von 2:19:19 vom Berlin Marathon 2008 ist von internationaler Klasse. Die Hoffnungen auf ein gutes Mannschaftsergebnis hatten ferner Sabrina Mockenhaupt bewogen, sich bei der WM ausschließlich auf den Marathon zu konzentrieren. Wegen des Todes ihres Vaters sagte Irina ihre Teilnahme ab, damit waren die Hoffnungen auf einen Spitzenplatz im Mannschafts- Weltcup geplatzt. Auch Melanie Kraus stornierte kurzfristig die Teilnahme.

Am Ende erreichten sogar keine drei deutschen Läuferinnen ins Ziel und man fiel aus der Teamwertung.
Auch das mit Spannung erwartete Duell mit der Weltrekordlerin Paula Ratcliffe kam nach langer Verletzungspause der Britin nicht zustande. Dabei zeigte Paule eine Woche vor dem WM-Lauf beim New Yorker Halbmarathon in 1:09:45 bei schwierigen Bedingungen beeindruckende Form. Aber was immer ihre Gründe waren, auch sie sagte den WM-Start ab.

Mit der Titelverteidigerin Catherine Ndereba (KEN), der Olympiasiegerin Costantina Dita (ROM), Gete Wami (ETH), Mara Yamauchi (GBR) und Deena Kastor (USA) traten weitere Topläuferinnen in Berlin nicht an.

Auch angesichts der hohen Temperaturen war das Tempo anfangs nicht übermäßig hoch, 5 km wurden in 17:42 von einer gut 30 köpfigen Spitzengruppe passiert. Hier lagen die deutschen Starterinnen schon zurück. Auch bei 10 km in 35:03 und 20 km in 1:09:47 war die Spitzengruppe mit ca. 25 Läuferinnen noch immer sehr umfangreich. Die Halbdistanz wurde in 1:13:39 erreicht, Sabrina Mockenhaupt lag hier mit 1:14:52 auf Platz 32 wurde aber nach verhaltenem Beginn immer schneller und begann eine beeindruckende Aufholjagd.

Susanne Hahn lag mit 1:17:12 deutlich zurück, Luminita Zaituc hatte hier schon aufgesteckt, wie kurz darauf auch Ex-Europameisterin Ulrike Maisch, die den Halbmarathon in 1:19:26 erreichte. Kurz vor 25 km, die man in 1:27:31 passierte, stürzte mit Dire Tune (ETH) eine Favoritin, die im Februar tolle 67:18 im Halbmarathon in Ras Al Khaimah erzielte. Kurz danach fiel eine Vorentscheidung, die durch eine Temposteigerung von Nailiya Yulamanova initiiert wurde.

Die Russin hat im Frühjahr in Rotterdam ihre Bestzeit von 2:26:30 erzielt und dezimierte durch ihre Attacke die zwölfköpfige Spitzengruppe bei 30 km (1:44:33) auf nur noch fünf Athletinnen. Überraschend fielen hier auch Goucher, Zhou und Kirop zurück. Letztere gab nach 31 km das Rennen auf. Bei 35 km (2:01:04) wurde die Russin ein Opfer ihrer Taktik, nur noch drei Läuferin bildeten hier die Spitze: Die Chinesin Xue Bai, die Japanerin Yoshimi Ozaki und Aselefech Mergia aus Äthiopien. Diese Läuferin blieben auch bis nach der 40 km
Marke zusammen (2:18:10), und die Entscheidung musste auf der langen Schlussgraden auf Unter den Linden fallen.

Zunächst fiel die Äthiopierin zurück und auf dem letzten km hatte die Xue Bai eindeutig die größten Reserven und siegte letztlich unangefochten in 2:25:15.

Aber fünf Läuferinnen lagen weniger als eine Minute hinter der Siegerin. Silber ging nach Japan an Yoshimi Ozaki in 2:25:25 und Bronze an die Äthioperin Aselefech Mergia in 2:25:32, die in diesem Jahr schon beim Paris Marathon mit 2:25:02 eine ähnlich schnelle Zeit erzielte und über die halbe Distanz bei der WM in Rio im letzten Jahr in 1:09:57 die Silbermedaille gewann, in Ras Al Khaimah lief sie mit sehr guten 1:07:48 die zweitschnellste Zeit in diesem Jahr. Auf den Plätzen 4 und 5 komplettierten Chunxiu Zhou und Xiaolin Zhu den chinesischen Triumph mit 2:25:39 und 2:26:08.

Beste Europäerin wurde in 2:26:50 die Portugiesin Marisa Barros, die hoch gehandelte Kara Goucher wurde am Ende Zehnte in 2:27:48 und die Jahresschnellste im Feld, Bezunesh Bekele (ETH) landete auf Platz 16 in
2:30:03, ganz knapp vor der am Ende immer stärker aufkommenden Sabrina Mockenhaupt in 2:30:07. Von den weiteren deutschen Läuferinnen kam nur noch Susanne Hahn durch, Platz 34 in 2:38:39.

Die Mannschaftswertung, der Weltcup, geht in 2:17:02 deutlich an China vor Japan (2:22:15) und Russland (2:24:42). Etwas enttäuschend das Abschneiden der afrikanischen Läuferinnen, Äthiopien belegt in 7:28:17 nur Platz 4 und Kenia in 7:39:51 Platz 6, dazwischen noch die USA mit 7:32:20. Deutschland bringt keine drei Läuferinnen für eine Team-Wertung ins Ziel.

Damit gingen denkwürdige Tage des Straßenlaufs (incl. Gehen) in der Berliner Innenstadt zu Ende, die eindrucksvoll für die Entscheidung sprachen, diese Wettbewerbe vollständig außerhalb des Stadions abzuhalten. Der Zuspruch seitens der Zuschauer am Rundkurs war bei allen Wettbewerben sensationell hoch – da die Berliner seit 35 durch den Marathon als Zuschauer "hoch trainiert" sind – und die tolle Stimmung wurde von allen Athleten fast überschwänglich gelobt. Dabei war es interessant zu sehen, wie sich das Umfeld einer Strecke in der Stunde der Bewährung wandeln und sich eine gewisse Eigendynamik entfalten kann.

Die zeigte sich z.B. am 5 km Punkt der Rundstrecke, zu dem jeweils ganze Herrschaaren von Zuschauern aus den entgegen gesetzten Streckenabschnitten pilgerten. Hier und natürlich am Brandenburger Tor und Unter den Linden war die Zuschauerresonanz großartig. Und großartig waren auch die Zuschauer selbst. Lautstark und fair wurde – wie im Stadion – jede Läuferin angefeuert, die Berliner und viele Gäste verdienten sich hier ein Sonderlob.

Organisatorisch war der Lauf bestens organisiert, der Termin in den Mittagsstunden und auch die an einen Hochsicherheitstrakt erinnernde Sperrung der Strecke für nur gut 70 Aktive waren von der IAAF vorgegeben. Wobei der immense Aufwand an Ordnern und Gittern über wesentliche Teile der Strecke auch unerwartete Aspekte zeitigte, die nicht die Zuschauer betraf. So berichtete ein Kampfrichter für den Bereich der Ebertstraße zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz, dass auch die Gitter zwei männliche Athleten am Vortrag nicht daran hindern konnten, diese zu überwinden und zu versuchen, durch den Tiergarten eine Abkürzung zu nehmen.

Dem wackeren Offiziellen gelang es mit einem beherzten Spurt, die Übertäter zu stellen und ihnen die Startnummer abzunehmen. Großartig die Kommentare bei den Durchläufen und die Informationen im Bereich des Brandenburger Tores, die mit stets passender und anfeuernder Musikuntermalung bereichert wurden. Hier
war die große Erfahrung vom Berlin-Marathon – insbesondere durch seinen Sprecher Karsten Holland –  spürbar.

Schade, dass man neben dem hohen Aufwand an der Bereitstellung von Absperrgittern nicht auch an ein Paar Lautsprecher am Rest der Strecke dachte, dann hätten noch mehr Zuschauer am Wettkampf teilhaben können.

Kritisch bleibt anzumerken, daß die Startzeiten – wegen der Temperaturen – , wie beim Männer-Marathon, für die Läuferinnen eigentlich unzumutbar waren (11.15 Uhr). Hier wurde wieder den Fernseh-Übertragungen nach Japan und den Sponsoren Tribut gezollt – die medizinischen Ratgeber der IAAF hätten sich mal ein Bild von dieser Entscheidung machen können, wenn sie am Ziel gestanden hätten, denn die Läuferinnen wurden reihenweise vom medizinischen Personal weggetragen oder mühselig gestützt.

Das konnte man allerdings im TV, denn wie im Stadion wurden die Straßenwettbewerbe sehr aufwendig in Szene gesetzt. Mit tollen Kamerapositionen am Rande, auf der Strecke und aus der Luft sowie vielen Zwischenzeiten und interessanten Informationen der Kommentatoren waren diese Übertragungen eine Werbung für den Laufsport. Wer dann noch zu den Glücklichen zählte, dieses Spektakel in HD-TV zu erleben, dem wird sicher der Appetit auf mehr entstanden sein. Die öffentlich rechtlichen Sendeanstalten sollten ihre zurück haltende Einstellung gegenüber gleichfalls hochkarätigen Laufveranstaltungen, wie z.B. dem Berlin-
Marathon, auch nach diesen positiven Erfahrungen überdenken.

Allen, die in was immer für Funktionen an der Organisation und Umsetzung der Straßenlaufveranstaltungen der WM beteiligt waren, gebührt ein dickes Lob. Hier wurde in der Tat beste Arbeit geleistet. Bleibt zu hoffen, dass von diesen tollen Wettkämpfen und ihrer Präsentation in der Öffentlichkeit der Laufsport allgemein profitiert – auch in den Medien.

Helmut Winter

Die TV-Quoten vom WM Marathon:

22. August – ZDF: 6,09 Millionen (25,1 %)
22. August – ZDF (Marathon Männer): 1,68 Millionen (20,1 %)

23. August – ARD: 3,78 Millionen (27,4 %)
23. August – ARD (Marathon Frauen): 1,90 Millionen (16,9 %)

Nimmt man noch Eurosport dazu, dann haben den Lauf der Frauen über 2 Millionen Zuschauer verfolgt! 

Und wie leichtathletik.de meldet, wurde am letzten Samstag die (Fußball-) Sportschau deutlich von der LA geschlagen.

Resultat WM-Marathon der Frauen (23.8.2009)

1 Xue Bai CHN 02:25:15 (SB)
2 Yoshimi Ozaki JPN 02:25:25 (SB)
3 Aselefech Mergia ETH 02:25:32

4 Chunxiu Zhou CHN 02:25:39 (SB)
5 Xiaolin Zhu CHN 02:26:08 (SB)
6 Marisa Barros POR 02:26:50
7 Yuri Kano JPN 02:26:57 (SB)
8 Nailiya Yulamanova RUS 02:27:08
9 Alevtina Biktimirova RUS 02:27:39 (SB)
10 Kara Goucher USA 02:27:48 (SB)

11 Desireé Davila USA 02:27:53 (PB)
12 Julia Mumbi Muraga KEN 02:28:59 (SB)
13 Weiwei Sun CHN 02:29:39 (SB)
14 Yoshiko Fujinaga JPN 02:29:53
15 Svetlana Zakharova RUS 02:29:55
16 Bezunesh Bekele ETH 02:30:03
17 Sabrina Mockenhaupt GER 02:30:07 (SB)
18 Lisa Jane Weightman AUS 02:30:42 (PB)
19 Zivilé Balciünaité LTU 02:31:06 (SB)
20 Kum-Ok Kim PRK 02:31:24

21 Irene Limika KEN 02:31:29
22 Lidia Simon ROU 02:32:03
23 Dire Tune ETH 02:32:42
24 Beata Naigambo NAM 02:33:05 (PB)
25 Alessandra Aguilar ESP 02:33:38
26 Epiphanie Nyirabarame RWA 02:33:59 (NR)
27 Atsede Baysa ETH 02:36:04
28 Tera Moody USA 02:36:39 (SB)
29 Olga Glok RUS 02:36:57
30 Paige Higgins USA 02:37:11 (SB

Mannschafts-Weltcup

1 CHN 07:17:02
1 Xue Bai 02:25:15
4 Chunxiu Zhou 02:25:39
5 Xiaolin Zhu 02:26:08

2 JPN 07:22:15
2 Yoshimi Ozaki 02:25:25
7 Yuri Kano 02:26:57
14 Yoshiko Fujinaga 02:29:53

3 RUS 07:24:42
8 Nailiya Yulamanova 02:27:08
9 Alevtina Biktimirova 02:27:39
15 Svetlana Zakharova 02:29:55

4 ETH 07:28:17
3 Aselefech Mergia 02:25:32
16 Bezunesh Bekele 02:30:03
23 Dire Tune 02:32:42

5 USA 07:32:20
10 Kara Goucher 02:27:48
11 Desireé Davila 02:27:53
28 Tera Moody 02:36:39

6 KEN 07:39:51
12 Julia Mumbi Muraga 02:28:59
21 Irene Limika 02:31:29
37 Risper Jemeli Kimaiyo 02:39:23

Quelle: www.iaaf.org

 

author: GRR

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