Gemeindetag fordert vom Agrarminister Verzicht auf Gebühr bei Vereinsveranstaltungen
Wirrwarr um die Waldmaut sorgt für Ärger
Selten wohl hat eine Anordnung für so viel Ärger gesorgt wie die Wegebenutzungsanweisung des Landwirtschaftsministeriums. Im Frühjahr 2007 war diese neu gefasst worden und es waren erstmals Zahlen genannt worden. Der Spielraum für die Waldmaut ist groß: mindestens 30 Euro, bis fünf Cent pro Teilnehmer und Kilometer, höchstens jedoch zehn Prozent des Startgeldes, sollen bei kommerziellen Veranstaltungen verlangt werden oder bei solchen, die aufgrund ihrer Größe den Naturhaushalt, den Forstbetrieb oder die Erholung anderer Waldbesucher stören.
"Das sind Orientierungsgrößen für den Staatsforst, entschieden werden muss im Einzelfall vor Ort", sagt der Agrarminister Peter Hauk (CDU). Seither rumort es im Land. Der Enzkreis etwa teilte im Dezember mit, für organisierte Veranstaltungen von Vereinen keine Waldmaut zu erheben, wohl aber für kommerzielle Veranstalter. Der Kreis wolle die unklaren Vorgaben aus dem Ministerium nicht mehr länger ausbaden, sagte der Vizelandrat Wolfgang Herz damals.
Diesen Vorstoß aus dem Enzkreis hat der Gemeindetag Baden-Württemberg nun aufgegriffen. Roger Kehle, der Präsident des Kommunalverbandes, hatte sich jüngst an den Minister gewandt mit der dringenden Bitte, landesweit auf die Erhebung der Waldmaut bei nichtkommerziellen Veranstaltungen zu verzichten. Allein die Tatsache, dass das Land auf diesem Wege versuche, zusätzliche Finanzmittel zu erschließen, sorge bei den betroffenen Veranstaltern für große Verärgerung, schreibt Kehle.
Ein Entgelt sei für kommerzielle Veranstaltungen zwar völlig akzeptabel. Bei den Vereinen mit ihren ehrenamtlichen Helfern entstehe allerdings der fatale Eindruck, das Land bereichere sich auf Kosten des bürgerschaftlichen Engagements an den erhobenen Startgeldern.
Zudem warnt der Gemeinderatspräsident davor, dass nun, dem (Negativ)Beispiel des Staatsforstes folgend, zunehmend auch die Privatwaldbesitzer Nutzungsentgelte für Veranstaltungen forderten, die bisher kostenlos gewesen seien. Tatsächlich begrüßt Max Erbgraf zu Königsegg, Präsident der Forstkammer Baden-Württemberg, diese Möglichkeit, die Aufwendungen ersetzt zu bekommen, die auch den privaten Waldbesitzern durch solche Veranstaltungen auf ihrem Grund entstünden etwa durch Verkehrssicherungspflicht, Schäden oder Müll.
Dies sei keine zusätzliche Einnahmequelle, betont er. Eine einheitliche Regelung fürs Land sollte es allerdings nicht geben. So könnte die Waldwegenutzungsgebühr auf örtlicher Ebene maßgeschneidert ausgehandelt werden. Der Gemeindetag hat den Agrarminister auch auf die möglichen Folgen für den Tourismus hingewiesen. Tatsächlich befürchtet Christoph Krull, Geschäftsführer der Schwarzwald-Tourismus GmbH, herbe Einschnitte. Schließlich seien Wandern und Radfahren die beliebtesten Urlaubsaktivitäten im Schwarzwald.
Zur Zeit gibt es große Aufregung in zwei Gemeinden des Kreises Breisgau-Hochschwarzwald. Dort hält zwar auch der Landrat Jochen Glaeser (CDU) die Waldmaut für sehr problematisch, sagt sein Sprecher. Er wolle den Ermessensspielraum so nutzen, dass von den Organisatoren höchstens ein Euro pro Teilnehmer verlangt werde.
Das stellt zwei Gemeinden nicht zufrieden. In Schluchsee sorgt sich Bürgermeister Manfred Mehrsteter um die Frühjahrsattraktion, den Schluchseelauf, einen seit 24 Jahren von einem Verein organisierten Halbmarathon mit rund 3500 Läufern im vergangenen Jahr. Die Hälfte der Strecke finde im Staatswald statt. In Kirchzarten stehe der Ultrabike-Marathon auf der Kippe, sagt Bürgermeister Georg-Wilhelm von Oppen. Diesen gebe es seit zehn Jahren, er sei das größte jährliche Sportereignis Südbadens.
Mehrere Gemeinden rund um den Feldberg hätten sich als Veranstalter in einem eingetragenen Verein dafür zusammengeschlossen. Etwaige Überschüsse kämen der Jugendarbeit des Sportvereins Kirchzarten zugute. Die rund 400 ehrenamtlichen Helfer besserten mit ihrer Aufwandsentschädigung aus dem Startgeld wiederum die eigenen Vereinskassen auf. Dieses "erfolgreichste Mountainbikerennen Mitteleuropas" brächte den Fremdenverkehrsorten viele Radlergruppen, die bereits vorher zum Training kommen oder hinterher die Landschaft genießen.
Bereits bisher habe der Verein knapp 3000 Euro für die Genehmigung des Rennens gezahlt, sagt der Vorsitzende Erhard Eckmann. Jetzt drohten rund 13 000 Euro für die Waldmaut, hat er mit der Formel fünf Cent pro Kilometer und Teilnehmer ausgerechnet. Nach der anderen Formel – zehn Prozent der Startgebühr von 50 Euro bei rund 4600 Teilnehmer – wäre die Waldmaut mit 23 000 Euro noch höher. Wenn wir nicht von der Gebühr befreit werden, werden wir das Rennen nicht durchführen, sagt Eckmann.
Quelle: Stuttgarter Zeitung, Andrea Koch-Widmann, 9.1.2008
Meinen Recherchen nach ist Baden-Württemberg das einzige Bundesland, dass so verfährt, andere Bundesländer wie Bayern und Nordrhein-Westfalen haben nach heftigen Protesten vom Sport auf die Waldmaut verzichtet.
Werden die Veranstaltungen in Stadtwäldern ausgetragen, verzichten die Städte auf solche Gebühren, schliesslich ist das auch eine Werbung für die Austragungsorte. Lediglich einige Kreise (Tübingen, Schwarzwald, etc) glauben hier abzocken zu müssen.
Volker Rose (GRRwalker)