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25
09
2013

Start und Ziel in Bobingen 1963 ©Herwig Leiter/Foto Hirche

Wie kam es zum ersten Volkslauf in Bobingen? Herwig Leiter im Programmheft „50 Jahre Volkslauf in Deutschland“

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Hierzu sollte man auch die damalige Zeit verstehen, in der sich die Bevölkerung nach den entbehrungsreichen Jahren wieder über ein reiches Ernährungsangebot freute. Diesem wurde in der Wirtschaftswunderzeit gut zugesprochen und in Kombination mit Bewegungsarmut nahmen u.a. die Herzinfarkte zu. 

Es wurde schon erkannt, dass hier die sportliche Betätigung helfen könnte und so hat z.B. der Deutsche Sportbund mit seiner Aktion „Der zweite Weg“ versucht, die Bevölkerung zu bewegen.

Bewegt haben sich einige Athleten vom TSV Bobingen bei Volksläufen in der Schweiz. Allen voran waren dies Otto Hosse und Walter Gelke, die dann auch die Idee hatten, einen Volkslauf in Bobingen abzuhalten. In einer Vorstandssitzung des TSV Bobingen beschrieben Hosse und Gelke die Volksläufe in der Schweiz und schlugen vor, der TSV könnte eine Veranstaltung in gleicher Weise durchführen. Die Vorstandschaft beschloss dann, am 13. Oktober 1963 einen Volkslauf zu veranstalten und auch das organisatorische und wirtschaftliche Risiko zu übernehmen.

Schon durch einige Presseberichte sind verschiedene Organisationen auf Bobingen aufmerksam geworden. Bei Otto Hosse, der die Pressearbeit übernommen hatte, zeigten sich der Deutsche Sportbund und der Bayerische Leichtathletik-Verband an der Veranstaltung interessiert. Auch berichteten viele Zeitungen von dem bevorstehenden Volkslauf. So stellte sich der TSV Bobingen auf ein Großereignis ein und berief ein Organisationskomitee, deren Mitglieder dann neben den Ideengebern Hosse und Gelke als (Mit-)-Initiatoren bezeichnet wurden.

 

Im engeren Kreis des Organisationskomitees waren:

 

zeitungsausschnitt_01

 

Die Augsburger Allgemeine berichtete laufend über den Stand der Meldungen und hat auch im Vorfeld viel zur Werbung beigetragen.

So erschien u.a. ein Artikel, der wie folgt begann:

 

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In den weiteren Ausführungen schreibt die Augsburger Allgemeine: „ ….  Es ist nicht zu verschweigen, dass es viele Leute (und auch viele Fachleute) gab, die zunächst über dieses Vorhaben lächelten. Das Lächeln wich in der Zwischenzeit …“ 

Im gleichen Artikel:  „…Was in dieser schwäbischen Marktgemeinde für den Volkssport getan wird, ist einmalig und verdient höchste Anerkennung. …“

Dass in diesem Bericht der Name Werner Heimbach auftaucht, bedarf einer kleinen Rückblende. Otto Hosse konnte Werner Heimbach, der im Vorstand des TSV war, schon im Vorfeld für den Volkslauf begeistern, was natürlich für die positive Entscheidung der Vorstandschaft zugunsten des Volkslaufs sicher günstig war.

Heimbach hat aber auch einen umfangreichen Organisationsteil übernommen. Dies belegt z.B. ein Protokoll vom 16.9.1963:  „… Abteilungsleiter Walter Gelke gab einen kurzen Situationsbericht der von Schriftführer Werner Heimbach entsprechend ergänzt wurde. …“

Der Volkslauf wurde ein voller Erfolg, der zudem mit einer gewissen Volksfeststimmung gefeiert wurde.

Auszugsweise aus der Augsburger Allgemeinen vom 14. Oktober 1963:

 

zeitungsausschnitt_03 Zieleinlauf 1963

Zieleinlauf 1962 – Foto Hirche

Wie geht es weiter

 

Bei dieser Betrachtung – wir schauen auf 50 Jahre Volkslauf zurück – muss differenziert werden:

Bobingen zuerst: 

Nach dem Erfolg von 1963 fand auf der gleichen Strecke am 11. Oktober 1964 mit rd. 2.100 Teilnehmern der zweite Volkslauf in Bobingen statt. Neu war, dass dieses Jahr die Startkarten Lochkarten (Hollerith) waren, die eine schnelle Auswertung ermöglichten.  Da sich die Sanitär- und Umkleideräume in der Siedlerschule als zu klein erwiesen, wurden die Männer in das Hoechst-Werksgelände westlich der Wertachbrücke ausgelagert.

Der 3. Int. Volkslauf mit Marschprüfung in Bobingen wurde am 3. Oktober 1965 nochmals auf der gleichen Strecke bei einer Beteiligung von rund 1.600 Teilnehmern durchgeführt.

Im Jahr 1966 wurde mit dem Volkslauf ausgesetzt, weil der TSV das Gauturnfest ausrichtete und dafür zu viele Kräfte gebunden waren. (Ob diese Entscheidung so gefallen wäre, wenn nicht Werner Heimbach leider schon 1964 verstorben und Walter Gelke 1965 aus beruflichen Gründen nach Hessen gezogen wäre?

Otto Hosse engagierte sich in dieser Zeit praktisch nur noch im Leichtathletik-Verband.

So wurde nach einem Jahr Pause am 1. Oktober 1967 der 4. Int. Volkslauf mit anderer Streckenführung veranstaltet. Start und Ziel beim Freibad hatte große Vorteile bezüglich der Infrastruktur; die Umkleide- und Sanitäranlagen waren für die knapp unter 1.300 Teilnehmern ideal. Aber die Strecke wurde nicht mit Begeisterung aufgenommen.

Vielleicht auch dieser Umstand und der späte Termin am 27. Oktober 1968 ließen für den 5. Bobinger Volkslauf  die Teilnehmerzahl auf unter 800 sinken. Nachdem diese Veranstaltung mit Verlust abgeschlossen wurde, entstand eine Diskussion über solche Großveranstaltungen und der Vorstand beschloss später, vorerst keine Volksläufe mehr zu organisieren.

Über die ersten 5 Volksläufe in Bobingen wurde in der Vereinschronik „100 Jahre TSV Bobingen“ mit etlichen Bildern umfangreich berichtet. Einige Exemplare sind noch vorhanden und können in der Geschäftsstelle des TSV Bobingen erworben werden.

Was wäre wohl gewesen, wenn nicht …

Otto Hosse sich in Abstimmung mit dem BLV, dem DSB und dem DLV der Verbreitung der Volksläufe angenommen hätte. Eine solche Frage ist nicht zu beantworten!

– Dann hätte es sein können, dass sich hier und dort Nachahmer finden ….

        – ….  vielleicht ein eigener Läuferverband nach Schweizer Vorbild entstanden wäre …

 

Dann Bayern …

 

Nach dem ersten Volkslauf nahm die Anzahl der Läufe langsam aber stetig zu. Nach 10 Volksläufen im Jahr 1964 waren es dann ein Jahr später bereits 18, im Jahr 1966 stieg die Zahl auf 25. Zwei Jahre später konnten 39 Volksläufe verzeichnet werden.

Der Anstieg war ungebrochen, 1990 waren knapp 150 Volksläufe in Bayern. Nachdem auch vermessene Strecken als Volksläufe geführt werden konnten, d.h. alle Laufveranstaltungen außerhalb der Stadien wurden erfasst, stieg die Zahl der gemeldeten Veranstaltungen im Jahr 1994 auf ca. 240 und im Jahr 2000 auf gut 320; dieses Jahr sind ca. 500 Laufveranstaltungen beim BLV gemeldet.

Ein ausführlicherer Bericht steht im Internet des Bayerischen Leichtathletik-Verbandes unter  https://www.blv-sport.de

 

… und Deutschland 

 

Im Jahr 1965 waren außerhalb Bayerns zwei und 1966 schon 14 Volksläufe. Im Jahr 1967 konnten bei bundesweit 60 Volksläufen schon mehr als 110.000 Teilnehmer verzeichnet werden.

10 Jahre später hatte sich die Anzahl mehr als verzehnfacht. Nochmals 10 Jahre später, also im Jahr 1987 waren es 1.682 Laufveranstaltungen mit 659.400 Teilnehmern. 

Die Millionengrenze bei den Teilnehmern wurde im Jahr 1999 überschritten und 10 Jahre später wurden bei 3.778 Veranstaltungen 2.065.386 Teilnehmer registriert. In den letzten Jahren haben sich diese Werte eingependelt, also bei rd. 3.700 Läufen mit etwas über 2 Millionen Teilnehmer jedes Jahr.

Dass dieser Erfolg zustande kam, hatte mehrere Gründe. Schon 1965 berief der DLV Otto Hosse zum  Volkslaufwart und im Jahr 1966 hatten Bayern, Württemberg und Baden bereits Volkslaufwarte, die zusammen mit den Veranstaltern eine gemeinsame Tagung ausrichteten. Im Jahr 1969 hatten fast alle Landesverbände Volkslaufwarte und dies waren engagierte und von der Sache überzeugte Mitarbeiter. Das gemeinsame Zusammenwirken brachte die Zahl der Veranstaltungen und Teilnehmer jedes Jahr weiter voran.

In den Jahren 1969/1970 wurden die Hitzeschutzbestimmungen ausgearbeitet und der Härtefond der Laufveranstalter gegründet. 

Ab dem Jahr 1968 wurde der Volkssportkalender mit allen Laufterminen zusammengestellt und von Bobingen aus verschickt. Dieser war die ideale Information der Läufer und diente zur Werbung für die Veranstaltungen.

Durch die Fortschritte im Computerbereich war es dann ab 1988 möglich, die Termine in den Landesverbänden in ein EDV-Programm einzugeben und dem DLV zu übermitteln. Ein Verlag übernahm anschließend den Druck und Versand. Im Zuge der modernen Kommunikation bekommt der Laufkalender durch das Internet große Konkurrenz.

Elektronische Uhren und die Zeiterfassung per Chip machten die eigens für die Volksläufe entwickelten, aber recht unhandlichen Stempeluhren überflüssig. Die Nachfrage ging schon Anfang der 80er Jahre so stark zurück, dass sich der DLV 1984 von seinen Uhrenanlagen trennte.

Heute ist es für junge Leute kaum mehr vorstellbar, mit wie viel manueller Arbeit anfangs gearbeitet werden musste. Onlineanmeldungen, Ergebnislisten im Internet, Urkunden  selbst ausdrucken, …. , davon hätte man vor 50 Jahre nicht einmal träumen können.

Aber auch die Veranstaltungen haben sich gewandelt. Schätzte man früher schöne Strecken in beschaulichen Gegenden bei teils familiärer Atmosphäre, geht heute der Trend zum „Event“!

Mehr Kommerz und großer Umtrieb  — es ist halt so!

Der Deutsche Leichtathletik-Verband veröffentlicht in seinem Internet im Jubiläumsjahr in zwangloser Folge die Berichte aus den einzelnen Landesverbänden. Diese sind zu finden unter:

https://www.leichtathletik.de/index.php?SiteID=956

Eine übersichtliche Abhandlung der Erfolgsgeschichte Volkslauf ist aufrufbar unter:

https://www.leichtathletik.de/index.php?NavID=1&SiteID=28&NewsID=42975&Year=2013&IsArchive=1

 

und was machte Bobingen dazwischen?

 

Im Jahr 1984 feierte man in Bobingen „20 Jahre Volkslauf in Deutschland“ mit einem Volkslauf am Sonntag, den 09. Oktober auf der Originalstrecke von 1963. Am Vorabend fand in der ehemaligen TSV-Jahnhalle ein harmonischer Festabend mit bestem Unterhaltungsprogramm statt.

In der Vereinschronik „100 Jahre TSV Bobingen“ wird über diese Jubiläumsveranstaltung auf mehr als 3 Seiten umfangreich berichtet. Es gibt noch einige Exemplare!

Aber was nicht in der Chronik steht: Von Samstag auf Sonntag ging ein solches Unwetter nieder, das alle aufgebauten Stände umwarf oder sogar fortwehte. Ja selbst ein schwerer Fallhammer fiel um!

Die rund 1.200 Teilnehmer waren durchwegs vorher angemeldet und kamen trotz des schlechten Wetters.  Jedoch die Nachmelder blieben aus und somit war die Veranstaltung unwirtschaftlich und es gab keine Befürworter, wieder mit einer Volkslaufserie zu beginnen.

 

Und in letzter Zeit?

 

Ein Versuch mit einem Volkslauf im Rahmen des Stadtjubiläums 2009 während des Volksfests im August brachte eine geringe Resonanz. Bei drei weiteren Veranstaltungen konnte die Zahl der Läufer leicht gesteigert werden. Jedoch die vom Veranstalter erhoffte größere Beteiligung – vor allem von Gruppen – am Wandern und Walken blieb aus.

Hier waren die Teilnehmerzahlen immer nur im zweistelligen Bereich; der Slogan „nach leichtem Sport gemeinsam ins Festzelt“ wurde nicht angenommen. Bei einer solch geringen Beteiligung besteht keine Möglichkeit der Fortführung.

Ob sich nach diesem Volkslauf im Anschluss an die Meisterschaften ein junges Team findet, um evtl. den Volkslauf in Bobingen wieder aufzunehmen, erscheint schwierig.

Für den 21.09.2013 wünschen wir allen Läufern, ob bei den Meisterschaften oder 
dem Volkslauf,  einen erfolgreichen und unfallfreien Lauf, aber auch etwas Freude und einige schöne Stunden in Bobingen. 

 

Herwig Leiter im Programmheft  "50 Jahre Volkslauf in Deutschland"

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