Das Organisationskomitee des GutsMuths-Rennsteiglaufs 1983 beim Verlassen der Wartburg. An der Spitze Volker Kittel (rechts vorn), der kürzlich seinen 75. Geburtstag feierte. ©Dr. Hans-Georg Kremer
Wie die Rennsteiglauforganisatoren mit Westernhüten … für Aufsehen sorgten – Dr. Hans-Georg Kremer berichtet
Ob sich in der letzten Juliwoche 2017 jemand vom Präsidium des GutsMuths-Rennsteiglaufvereins auf die Wartburg zum 117. Deutschen Wandertag verirrt, wird die Zukunft zeigen.
1983 war das damalige Organisationskomitee des Rennsteiglaufs, das höchste Gremium der Lauforganisation, auf jeden Fall fast geschlossen auf der Wartburg. Hintergrund war die offizielle Eröffnung des Internationalen Weitwanderweges Eisenach – Budapest. Hauptinitiator dafür war der langjährige Gesamtleiter Volker Kittel, der eine enge Beziehung zur Wanderbewegung hatte und noch hat.
Die Rennsteiglauforganisatoren selber betrachteten sich zudem eher der Wanderbewegung als der Leichtathletik zugehörig, war doch der Rennsteiglauf immer als Lauf- und Wanderveranstaltung ausgeschrieben.
Im Mai 1980 fand in Eisenach das XIV. Internationale Touristentreffen der Freundschaft unter Beteiligung großer Delegationen aus der Tschechoslowakei und Polen statt, wobei die Idee zur Schaffung eines Fernwanderweges innerhalb der Sozialistischen Staaten entstand. Zunächst war sogar geplant, einen Wanderweg bis ans Schwarze Meer zu schaffen.
Der erste freigegebene Abschnitt führte bis Budapest. Am 28. Mai 1983 wurde in Eisenach dann dieser Wanderweg mit einem Festakt auf der Wartburg freigegeben und gemeinsam die erste Etappe bis zum Großen Inselberg „abgewandert“.
Die etwa 20 Organisatoren des Rennsteiglaufs waren einheitlich mit gelben Jacken und blauen Filzhüten eingekleidet. Das fiel natürlich auf, und die Frage nach „…dem Warum und Wer das seie“? , wurde wiederholt gestellt.
Seit dem 3. GutsMuths-Rennsteiglauf existierte die Arbeitsgruppe „Agitation und Propaganda“ beim Organisationskomitee, die bei der HSG Uni Jena (heute USV) angesiedelt war und die sich mit allen Facetten der Öffentlichkeitsarbeit beschäftigte. Im Laufe der Jahre umfasste dies vor allem die Pressearbeit, das Ergebnisheft, die Produktion bzw. Beschaffung von Souvenirs und deren Vertrieb, die Anlegung einer Chronik und die Traditionspflege.
Dazu wurden alle Möglichkeiten der DDR-Planwirtschaft und auch die vielen Kontakte der Laufteilnehmer genutzt. Eine Frage beschäftigte die Organisatoren vom ersten Tag an: Wie kann man die Kampfrichter, Helfer usw. kenntlich machen, damit bei der Größe der Veranstaltung die Teilnehmer schnell die richtigen Ansprechpartner finden. Im Gegensatz zu heute war es kaum möglich, dass Sponsoren das Helferteam einheitlich mit Jacken oder T-Shirts ausstatteten.
Die farbigen Ärmelaufnäher der ersten Jahre waren nur bedingt hilfreich. I
n der Trainingsgruppe der Jenaer Studenten, die sich auf den Rennsteiglauf vorbereiteten, befand sich auch der Wintersportler Jochen Schmidt. Dessen Vater war Chef einer kleinen Textilfirma, die Sportbekleidung herstellte. Schon einmal hatte der Gründervater des Rennsteiglaufs über diese Firma einheitliche Jacken für seine Trainingsgruppe bekommen, die aber mehr Repräsentationscharakter trugen und verhältnismäßig teuer waren. Durch Beschaffung von Zuschüssen konnten die Studenten sie aber für einen überschaubaren Betrag erwerben.
Diesmal ging es um 30-50 Organisatoren für die „rennsteiggemäße“ Kleidung, d. h. für jede Witterung geeignete, beschafft werden sollte. Die aus dem Skilanglaufsortiment gefertigten Trainings- und Wettkampfkleidung schien dafür geeignet. Imprägnierte Baumwollpopeline sollte einigermaßen Schutz bei schlechter Witterung bieten. Als Farbe sollte nicht das übliche DDR-„sportbekleidungseinheitsblau“ und auch kein „polizeidynamorot“ genutzt werden.
Als Musterfarbe fand gelb Zustimmung des Organisationsstabes, da dies weithin leuchtend gut sichtbar war. Nur der dafür nötige Stoff war ohne Bilanzanteile in der DDR-Planwirtschaft nicht vorhanden. Der Startnummernproduzent der 1980er Jahre des Rennsteiglaufs in Neugersdorf konnte helfen. Die Jacken wurden zum Rennsteiglauf 1983 erstmals eingesetzt.
Als Rückenaufdruck wurde der Werbespruch und das dazugehörige Motiv des Laufs genutzt. Dies gehörte zu den damaligen Traditionen, dass jedes Jahr ein neuer Spruch und eine entsprechende grafische Gestaltung die meisten Werbemittel und Souvenirs zierte. Auf den Jacken stand: „Schaffst Du den GutsMuths-Rennsteiglauf – bist Du auch sonst ganz obenauf“ und die Umsetzung hatte der Geraer Grafiker Ernst Jung realisiert.
Was noch fehlte war eine auffällige Kopfbedeckung.
Hier kam der Rennsteigläufer Rüdiger Grunow aus Jena ins Spiel, der als Karnevalist regelmäßig von der PGH „Hut und Putz“ in Altenburg Hüte für die Faschingsgarde usw. produzieren ließ. Diese Firma hatte auch schon bei der Herstellung von Laufmützen geholfen, was aber eine andere Geschichte ist.
Etwa 50 Hüte aus hochwertigem Material zu vertretbaren Preisen zu produzieren war unmöglich. Da kam den Rennsteiglauforganisatoren eine abbestellte Lieferung für eine Karnevalsgruppe zu Gute, die sich „Westernhüten“ für ihr Programm bestellt aber nicht abgenommen hatte.
Flugs wurden diese etwas umgepresst, so dass sie fast als Wanderhüte gelten konnten und vom engeren Rennsteiglauf-Organisationsbüro abgesegnet wurden.
Letztendlich stießen sie dann doch nicht auf große Begeisterung, so dass sich in den nächsten Jahren nur noch wenige Helfer damit zeigten. Die Jacken fanden aber bis 1990 Verwendung.
Dann kam die erste Helferbekleidung eines Sponsors.
Dr. Hans-Georg Kremer in Thüringische Landeszeitung vom 3. Februar 2017 Nr. 527
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