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2013

Dr. Detlef Kuhlmann mit seinen "Literaten" beim Literatur-Marathon 1992 mit (von links nach rechts): Dr. Detlef Kuhlmann (Leitung), Jupp Suttner (München) Herbert Somplatzki (Essen), Klaus-Rainer Martin (Reinbeck), Jürgen Roscher (Berlin), Klaus Haetzel (Berlin), Hans Dieter Mummendey (Münster) ©privat

Werner Sonntag und sein Lauftagebuch über den Literaturmarathon von Detlef Kuhlmann – Die Eintragung vom 17. September 2013 – Nachtrag!

By GRR 0

Wir holen einen Beitrag von Werner Sonntag nach, den er vor dem 40. BERLIN-MARATHON 2013 über den 25. Literaturmarathon zur Buchvorstellung von "Lit. Marathon" von Detlef Kuhlmann im "Schlot" publizierte.

Laufen ist Alltagskultur (Schulke), hat Festcharakter (Lutz), ist Marktplatz (Lutz), ist eine Art, Leben zu bewältigen. Laufen ist als Therapie entdeckt. Es hat sich als Wirtschaftsgenerator entwickelt. Laufen ist eine Sportart – mit sehr vielen Variationsmöglichkeiten.

Doch es ist, anders als andere Sportarten, weit mehr als Sport.

So betrachtet, wundert es nicht, daß so viele Läufer schreiben und professionelle Schreiber laufen. Schon daher liegt eine enge Verbindung des Laufens zur Literatur nahe. Der universelle Charakter des Laufens – siehe oben – paßt zum universellen Charakter der Literatur.

Diese Verbindung ist selten wohl ein rationaler Prozeß. Läufer wie der Gründer und langjährige Manager des Berlin-Marathons, Horst Milde, bemühen sich, den Läufern Bausteine der Universalität des Laufens an die Hand zu geben. Horst Milde fördert das Sportmuseum Berlin, das dank seiner Initiative den Rang eines AIMS-Museums erhalten hat.

Er hat Werke der Bildenden Kunst zum Thema Laufmotive gesammelt, und er hat sich frühzeitig mit einem Experten, der aus Neigung zum Experten geworden ist, zusammengetan, nämlich Detlef Kuhlmann, der damals in Berlin beschäftigt war. Kuhlmann begann, zum Berlin-Marathon schreibende Läufer der Öffentlichkeit vorzustellen. Das war vor 25 Jahren.

So betrachtet, wundert es nicht, daß so viele Läufer schreiben und professionelle Schreiber laufen. Schon daher liegt eine enge Verbindung des Laufens zur Literatur nahe. Der universelle Charakter des Laufens – siehe oben – paßt zum universellen Charakter der Literatur.

Der vierzigste Berlin-Marathon – zumindest beim Laufen wird ja die vierzig gefeiert, weil es von fünfundzwanzig bis fünfzig so weit ist – bringt also ein weiteres Jubiläum, 25 Jahre Berliner Literatur-Marathon. Zum 25. Mal finden sich vor dem Berlin-Marathon Lauf-Autoren ein, um aus ihren Aufzeichnungen zu lesen.

Wie immer man „Literatur“ in engerem Sinne, nämlich als schöngeistiges Schrifttum, definiert, – es hat nicht alles literarische Qualität gehabt, was in Berlin vorgetragen worden ist. In dieser Hinsicht hat sich in Berlin eine Entwicklung vollzogen. In den ersten Jahren konnte als Autor jeder lesen, der sich als Lauf-Autor verstand.

Lauf-Autoren sind im Grunde alle, die ihre Reflexionen über Lauferlebnisse zu Papier gebracht haben. Die Zuhörer bekamen also auch das vorgesetzt, was sie in ihrer Laufzeitschrift als Erlebnisbericht hätten lesen können. Später sind die Lesungen auf namhafte, professionelle Autoren, zu deren Professionalität auch eigenes oder geliehenes Marketing gehörte, beschränkt worden.

Auch der Charakter der Darbietungen hat sich gewandelt. Wir haben Lesungen erlebt, die im engen Einzugsbereich der Marathon-Messe stattfanden. Das hatte den Vorteil der kontinuierlichen Zugänglichkeit; jeder halbwegs Neugierige konnte dazustoßen und sich ebenso freizügig auch wieder entfernen. Der akustische Hintergrund allerdings erwies sich als überaus störend. Wir haben Lokalitäten erlebt, die man im Messegelände suchen mußte – Literatur für Kenner im räumlichen Sinne des Wortes.

Auch eine Bühnendarstellung wie im Theater gab es, abgehoben vom Anmelde-Betrieb der Messe. Der neue Stand ist die Darbietung in der „Kunstfabrik Schlot“, einem Industriedenkmal in der Invalidenstraße, Nähe Friedrichstraße. Der Schlot war ursprünglich als Jazz-Keller hergerichtet; „Runner’s World“ hatte hier auch seine jährliche PR-Veranstaltung ausgerichtet. Inzwischen hat sich der Schlot jedoch auch Kleinkunst-Veranstaltungen geöffnet. Anfangs hatte man den Zugang suchen müssen; inzwischen ist er wohl im lokalen Bewußtsein.

Die Lesung findet eine Woche vor dem Marathon statt, die nächste also am Wahlsonntag, dem 22. September. Da die wenigsten Marathon-Teilnehmer eine Woche vorher nach Berlin anreisen, schränkt das die potentiellen Besucher auf die in oder bei Berlin Wohnenden ein.

Lange Jahre stand die Beteiligung am Literatur-Marathon jedem offen, der mit seinem Griffel Lesbares zustande brachte – er mußte sich nur melden. Das bedeutete, daß die Literatur des Literatur-Marathons hauptsächlich dem entsprach, was man auch in Laufzeitschriften, die, versteht sich, keinen literarischen Ehrgeiz haben, finden kann.

Dann ist das Ruder herumgeworfen worden; man mußte schon einen sehr bekannten Namen haben, um in Berlin lesen zu können. Damit ist der Autoren-Kreis drastisch minimiert worden. Sollte es einen bisher verborgenen Lauflyriker geben, – er hätte, zumindest wenn er nicht schon in Laufzeitschriften publizieren würde, keine Chance, in Berlin aufzutreten.

Das Programm der Jubiläumslesung jedoch bricht mit beiden Konzepten. Hier wird das von Detlef Kuhlmann herausgegebene Buch „Lit. Berlin-Marathon. Texte von der Strecke“ vorgestellt; Konzept des Bandes ist, daß in ihm bereits in Büchern publizierte Texte aus vierzig Jahren versammelt sind.

Da vierzig Jahre zumindest in der Laufszene eine lange Zeit sind, wirken die Texte durchaus originär. Die Frage der Qualität läßt sich abhaken. Es ist anzunehmen, daß der Band näher am Lesebedürfnis der Läufer steht als vor bald zwanzig Jahren das „LaufLESEbuch“. Autoren des neuen Bandes, die in Berlin wohnen oder solche, die eine Reise nach Berlin nicht scheuen, werden den Jubiläums-Literaturmarathon bestreiten – ein Konzept, das sich freilich nicht so bald wiederholen läßt.

Zum 25. Mal wird Detlef Kuhlmann, der seit einigen Jahren Professor in Hannover ist, die Veranstaltung moderieren. Das Veranstaltungsjubiläum ist damit auch sein persönliches Jubiläum. Der Dank der bisher beteiligten Autoren – Silitoe hat uns leider verlassen müssen – ist ihm, meine ich, sicher. Er hat es immer verstanden, das Läuferpublikum zu interessieren und die Lesung freundlich-objektiv zu moderieren.

Da die Veranstaltung das Budget des Berlin-Marathons nicht belastet, ist zu hoffen, daß der Brückenschlag vom Laufen zur Literatur – nach welchem Konzept auch immer – fortgesetzt wird.

Werner Sonntag – Lauftagebuch vom 17. September 2013

Themengleich:

 

Auch ein Jubiläum: Der 25. Literatur-Marathon beim 40. Berlin-Marathon – Präsentation von "Lit. BERLIN-MARATHON" am Sonntag, 22. September im "Schlot"

 

 

arete Verlag

Kunstfabrik SCHLOT

 

Lit. BERLIN-MARATHON ist erschienen – Texte von der Strecke – Laufen und Literatur – das Buch zum BERLIN-MARATHON

 

„Lit. BERLIN-MARATHON" – das Buch zum Jubiläum von Deutschlands größter Marathonveranstaltung

 

Berliner Marathonwoche eröffnet: 24. Literatur-Marathon als Auftakt zum 39. Berlin-Marathon in der Kunstfabrik "Schlot"

 

24. Literatur-Marathon in Berlin mit Achim Achilles und Paul Frommeyer, Susanne Mahlstedt stellt „Frauen-Laufen-Anthologie" in der Kunstfabrik SCHLOT vor

 

25. Literatur-Marathon in der Kunstfabrik Schlot

 

Kathrine Switzer und die Geschichte der Frauenlaufbewegung – Die Buchbesprechung von Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

 

20 Jahre Berliner Literatur-Marathon – Texte aus dem „Stoff“ der Läufe – Von Achilles und Baumann bis Cierpinski und Schlöndorff – Volles Haus im Schlot

 

 

 

 

 

author: GRR

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