Titus Ekiru war 2021 der schnellste Marathonläufer der Welt. - Foto: Milan Marathon Foto LaPresse/ Marco Alpozzi
Weltklassezeiten trotz Corona-Krise – Die Marathon-Jahresbilanz 2021 der Männer: 24 Ergebnisse unter 2:05 Stunden, Deutsche in der Spitze stark wie nie
Obwohl auch das Jahr 2021 stark von der Corona-Krise beeinträchtigt wurde, gab es im Marathon der Männer international wieder deutlich mehr Weltklassezeiten als noch 2020. Gleich 24 Ergebnisse unter 2:05 Stunden wurden in den vergangenen zwölf Monaten gestoppt.
Im Jahr zuvor waren es lediglich zehn und selbst 2019 und 2018 wurden unter normalen Bedingungen nicht mehr registriert (jeweils 17). 2018 und 2019 gab es allerdings in der Spitze schnellere Zeiten. Der Jahresweltbeste kommt 2021 einmal mehr aus Kenia, heißt aber nicht Eliud Kipchoge. Es war Titus Ekiru, der in Mailand in einem reinen Eliterennen 2:02:57 Stunden erreichte und sich damit in der Liste der schnellsten Läufer aller Zeiten auf Rang sechs nach vorne schob.
Superstar Kipchoge konzentrierte sich vollkommen auf die Olympischen Spiele und lief dort in souveräner Manier zum zweiten Mal in Folge zum Marathon-Gold.
Für das Marathon-Highlight aus deutscher Sicht sorgte einmal mehr Amanal Petros (TV Wattenscheid), der in Valencia Anfang Dezember seinen eigenen deutschen Rekord auf 2:06:27 Stunden steigerte. Im Jahr vor den Europameisterschaften in München schob sich zudem mit Richard Ringer (LC Rehlingen) ein zweiter deutscher Topläufer in die kontinentale Spitze. Er steigerte sich auf 2:08:49, so dass erstmals zwei deutsche Läufer in einem Jahr Zeiten von unter 2:09 Stunden erreichten. Der Aufschwung der deutschen Marathonläufer setzte sich 2021 fort.
Dies galt auch für einen ganz anderen, international bemerkenswerten Trend, der sich 2021 fortsetzte: Die Jahresweltbestenliste wird nicht mehr von den Rennen der World Marathon Majors (WMM) geprägt. Diese Entwicklung ist nicht neu, hat sich aber noch nie so stark bemerkbar gemacht wie jetzt.
Von den schnellsten 30 Zeiten des Jahres 2021 stammen gerade einmal drei von einem der WMM-Rennen (London). In den ersten Jahren seit Gründung der WMM 2006 war dies noch ganz anders. Damals waren die Läufe in London, Boston, Berlin, Chicago und New York (erst später kam Tokio hinzu) tatsächlich das Maß der Dinge. Zuletzt haben die WMM den Fokus auch sehr stark auf andere Bereiche gelegt, wie Altersklassen-Weltmeisterschaften oder den Rennrollstuhl-Wettbewerb. Ob sich die WMM-Veranstalter damit spitzensportlich verzetteln, werden die nächsten Jahre zeigen. Aktuell sind es andere Läufe, bei denen die schnellsten Zeiten gelaufen werden.
Natürlich spielen immer auch die Wetterbedingungen eine Rolle. Sie passten in Berlin im vergangenen September nicht, so dass das Rennen bezüglich der Siegzeit international regelrecht abstürzte: Der Äthiopier Guye Adola gewann in 2:05:45 Stunden, doch das reichte am Ende nur zu Rang 40 in der Liste der weltweit schnellsten Zeiten des Jahres 2021.
Von 2011 bis 2019 hatte Berlin in einer einmaligen Serie neunmal hintereinander die Jahresweltbestzeit produziert, also Rang eins belegt.
Es ist aber möglich, dass die Berliner 2022 nach ganz vorne zurückkehren. Denn für Eliud Kipchoge könnte es nach seinem Olympiasieg nun wieder darum gehen, schnelle Zeiten zu laufen und seinen in Berlin 2018 aufgestellten Weltrekord von 2:01:39 zu unterbieten. Berlin wäre wohl die erste Wahl für Eliud Kipchoge, der aber auch auf die Idee kommen könnte, unter regulären Bedingungen einen Angriff auf die Zwei-Stunden-Barriere zu starten. 2019 war er in einem nicht rekord-konformen Rennen in Wien 1:59:40,2 gelaufen.
Während niemand im vergangenen Jahr in den Bereich von Eliud Kipchoges Weltrekord kam, fiel in Rotterdam der Europarekord: Bashir Abdi, der zuvor beim olympischen Marathon hinter Kipchoge und Abdi Nageeye (Niederlande) Rang drei belegt hatte, gewann das Rennen in 2:03:36 Stunden. Damit unterbot der aus Somalia stammende Belgier die bisherige Bestzeit des Türken Can Özbilen um 40 Sekunden. Da im kommenden Sommer wohl Welt- als auch Europameisterschaften stattfinden, bleibt abzuwarten, welche europäischen Topläufer wo starten. Die deutschen Athleten werden sich dabei sicherlich auf das Heimspiel in München konzentrieren.
Mit seiner deutschen Rekordzeit von 2:06:27 Stunden war Amanal Petros gemessen an den Zeiten im vergangenen Jahr in Europa die Nummer zwei hinter Bashir Abdi. Der Läufer des TV Wattenscheid, der in der Jahresweltbestenliste Rang 51 erreichte, könnte in München bei der EM vielleicht sogar in den Medaillenkampf eingreifen. Während Amanal Petros bei Olympia Rang 30 belegt hatte, war Richard Ringer in diesem Rennen noch etwas besser. Als 26. bewies er ebenfalls Hitze-Qualitäten und zeigte ein überzeugendes Meisterschafts-Rennen.
Amanal Petros wurde mit seinem deutschen Rekord zum zweitschnellsten europäischen Marathonläufer des Jahres 2021. – Foto: 2020 World Half Marathon ChampionshipsGydnia, Poland October 17, 2020 Photo: Giancarlo Colombo@PhotoRun Victah1111@aol.com www.photorun.NET
#victahsailer
Richard Ringer hatte sich im Frühjahr auf 2:08:49 gesteigert und war damit die Nummer neun in der europäischen Jahresbestenliste. Mit Simon Boch (LG Telis Finanz Regensburg/2:10:48) blieb 2021 ein dritter deutscher Läufer unter 2:11 Stunden. So schnell war noch nie ein deutsches Top-Trio im Marathon. Zudem steigerte sich Tom Gröschel (TC Fiko Rostock) – der EM-Marathon-Elfte von 2018 – auf 2:11:03 und verfehlte eine Zeit von unter 2:11 nur ganz knapp.
Sechs Läufer können bei der EM pro Nation im Marathon starten, da es eine zusätzliche Mannschaftswertung (Europa-Cup) gibt. Die schnellsten drei werden für das Team gewertet.
Deutschland hat in diesem Wettbewerb in München durchaus Medaillenchancen. An eine solche Ausgangslage war vor einigen Jahre noch nicht zu denken.
Die Jahres-Bestenlisten 2021
International:
2:02:57 Titus Ekiru KEN Mailand 16.5.
2:03:36 Bashir Abdi BEL Rotterdam 24.10.
2:03:39 Tamirat Tola ETH Amsterdam 17.10.
2:03:55 Reuben Kipyego KEN Mailand 16.5.
2:04:01 Sisay Lemma ETH London 3.10.
2:04:04 Marius Kipserem KEN Rotterdam 24.10.
2:04:09 Bernard Koech KEN Amsterdam 17.10.
2:04:12 Leul Gebresilase ETH Amsterdam 17.10.
2:04:17 Barnabas Kiptum KEN Mailand 16.5.
2:04:21 Elisha Rotich KEN Paris 17.10.
2:04:27 Dawit Wolde ETH Rotterdam 24.10.
2:04:28 Vincent Kipchumba KEN London 3.10.
2:04:29 Seifu Tura ETH Mailand 16.5
2:04:30 Eliud Kipchoge KEN Enschede 18.4.
2:04:31 Leul Gebresilase ETH Mailand 16.5.
Deutschland:
2:06:27 Amanal Petros TV Wattenscheid Valencia 5.12.2021
2:08:49 Richard Ringer LC Rehlingen Siena 11.4.2021
2:10:48 Simon Boch LG Telis Finanz Regensburg Dresden 21.3.2021
2:11:03 Tom Gröschel TC Fiko Rostock Valencia 5.12.2021
2:12:18 Johannes Motschmann SCC Berlin Rotterdam 24.10.2021
2:14:41 Konstantin Wedel LG Telis Finanz Regensburg Valencia 5.12.2021
2:15:01 Philipp Pflieger LT Haspa Marathon Hamburg Berlin 26.9.2021
Die schnellsten je gelaufenen Zeiten
2:01:39 Eliud Kipchoge KEN Berlin 16.9.2018
2:01:41 Kenenisa Bekele ETH Berlin 29.9.2019
2:02:37 Eliud Kipchoge KEN London 28.4.2019
2:02:48 Birhanu Legese ETH Berlin 29.9.2019
2:02:55 Mosinet Geremew ETH London 28.4.2019
2:02:57 Dennis Kimetto KEN Berlin 28.9.2014
2:02:57 Titus Ekiru KEN Mailand 16.5.2021
2:03:00 Evans Chebet KEN Valencia 6.12.2020
2:03:03 Kenenisa Bekele ETH Berlin 26.9.2016
2:03:04 Lawrence Cherono KEN Valencia 6.12.2020
Auf der nicht rekord-konformen Strecke des Boston-Marathons (Punkt-zu-Punkt-Kurs) lief am 18.4.2011 Geoffrey Mutai (KEN) 2:03:02 Stunden, sein Landsmann Moses Mosop war Zweiter mit 2:03:06.
Die schnellsten Deutschen aller Zeiten
2:06:27 Amanal Petros (Wattenscheid) Valencia 5.12.2021
2:08:33 Arne Gabius (Stuttgart) Frankfurt 25.10.2015
2:08:47 Jörg Peter (Dresden) Tokio 14.02.1988
2:08:49 Richard Ringer (Rehlingen) Siena 11.04.2021
2:09:03 Michael Heilmann (Berlin) Hiroshima 14.04.1985
2:09:23 Christoph Herle (Waldkraiburg) London 21.041985
2:09:45 Stephan Freigang (Cottbus) Berlin 30.09.1990
2:09:55 Waldemar Cierpinski (Halle) Montreal 31.07.1976
2:10:01 Ralf Salzmann (Kassel) Tokio 14.02.1988
2:10:18 Hendrik Pfeiffer (Wattenscheid) Sevilla 23.02.2020
Text und Statistik: race-news-service.com