Die Marathon Heldinnen mit Meni Mayer und Miri Dattke - Foto: Theo Kiefner
Welch ein Jahr für die Blauen – 2022 stand im Zeichen der Heim-Europameisterschaften – LG Telis Finanz Regensburg
„Europameisterschaften dahoam“ war schon weit im Vorfeld des eigentlichen EM-Jahres der magische Ansatz für besondere Anstrengungen. Und das eben nicht nur für die Regensburger, sondern für ganz Bayern und Deutschland. Zudem war dem Regensburger Renommierclub LG Telis Finanz schon beim Dezember-Ausklang, den Crosslauf Europameisterschaften in Dublin wunderbare Ergebnisse gelungen.
Dort setzte Emma Heckel ihren Höhenflug vom Sommer fort und hievte sich in einem äußerst mutigen Rennen über vier Kilometer bei der U20 auf einen total überraschenden Bronzerang und hörte dann auch als Goldmedaillengewinnerin in der Teamwertung mit den deutschen Mädels die Hymne. Domenika Mayer holte mit Alina Reh und Konstanze Klosterhalfen im Verbund noch Silber mit der deutschen Frauenmannschaft.
Miriam Dattke und Simon Boch hatten ihre Hausaufgaben in Richtung München schon im Frühjahr gemacht. Bochs 2:10:48 Stunden vom Dresdner Marathon sollten genauso dicke reichen, wie Dattkes 10.000m Explosion in der schwedischen Metropole Stockholm mit fabelhaften 31:33,77 Minuten. Doch die noch keine 23 Jahre alte Läuferin wollte „dahoam“ mehr. Lockte dort doch beim Marathon neben der Einzelwertung erstmals auch eine offizielle Teamwertung. Der Traum vom Teamgold war geboren. Allerdings musste dazu im Marathon die Qualifikation her. Im Telis-Lager wusste man, dass Miriam Dattke wohl unter 2:30 Stunden dafür anbieten müsste. Der erste Versuch in Dresden fiel aus, weil eine plötzlich auftretenden Fußverletzung ihren Start unmöglich machte. Versuch Nummer zwei am Jahresende 2021 in Valencia scheiterte erneut. Bei Kilometer 34 machte ihr Magen nicht mehr mit. Aller guten Dinge waren also drei. Als sie im Februar 2022 in Sevilla an der Startlinie stand, lastete schon anständig Druck auf ihren schmalen Schultern. Die Aufgabe erledigte sie dann mit großartigen 2:26:50 Stunden meisterhaft. Nach menschlichem Ermessen war damit München gebucht, sozusagen jetzt mit dem Marathon-Express.
Im Hause Mayer hatte Heimcoach und Ehemann Christian für seine Frau Domenika zunächst ganz andere Dinge im Kopf. In München sollten es die 10.000m sein. Nachdem Miriam sich sehr schnell für den Marathonstart im Sommer entschieden hatte, verfestigte sich das Ganze immer mehr, obwohl Teamchef Kurt Ring auf Grund der gemeinsamen Trainingstage der beiden Läuferinnen immer wieder darauf hinwies, „Meni soll es doch auch mal mit dem Marathon für München probieren. Zeit genug im sonst fast Wett freien Frühjahr ist wohl genug und den 10.000m können gewisse Erfahrungen in der Überdistanz nicht schaden.“ Ring war von Anfang an überzeugt, dass „Miris Trainingspartnerin auch dicke unter 2:30 Stunden bleiben kann. Irgendwann Ende Februar war dann die Entscheidung für den ersten Lauf über 42,195 Kilometer gefallen. Die Deutschen Meisterschaften in Hannover sollten es sein. Was die zweifache Mama dort dann abzog, war vom Allerfeinsten. Glänzend geführt von „Hase“ Simon Boch, der der 29-Jährigen die ganze Distanz lang nicht von der Seite wich, holte sich Meni mit exakt ebenfalls 2:26:50 Stunden sensationell bei ihrem Debüt auf dieser Strecke gegen die weitaus höher eingeschätzte Rabea Schöneborn den Titel.
In Valencia und Sevilla war Miriam Dattke indessen nicht allein von den Blauen unterwegs. Teamkollege Konstantin Wedel debütierte zunächst bei stürmisch schwierigen Verhältnissen mit 2:14:42 Stunden und war damit lausige zwölf Sekunden zu langsam für einen Start in München. Versuch Nummer zwei in Sevilla reichte dann aber. Mit 2:12:58 Stunden blieb der Franke im blauen Trikot nun deutlich unter der geforderten B-Norm für die Marathon Mannschaft. Ob es im Kampf mit den anderen deutschen Spitzenmarathonis reichen würde, mussten die weiteren Frühjahrsmarathons zeigen. Der 29-Jährige, der sich seinen internationalen Traumstart immer über die „Böcke“ verwirklichen wollte, war nun einem Einsatz bei einer EM so nahe wie noch nie.
Der Marathon sollte es auch für Filimon Abraham in München sein. Im letzten Moment ging er in Hamburg Ende April auf Normenjagd, doch das Debüt misslang. Nach dreißig Kilometer musste der Neu-Regensburger raus, der Magen spielte nicht mehr mit. Im Mai sollte der EM-Traum dann über 10.000m in Erfüllung gehen. Bei den nationalen Titelkämpfen sorgte der 30-Jährige für ein flottes Tempo, dem am Ende nur noch Teamkollege Simon Boch folgen konnte, der sich dann mit einem unwiderstehlichen Spurt den Titel holte. Abraham blieb aber als Zweiter ein paar Zehntel über der EM-Norm. Ende Mai beim 10.000m Europacup in Pacé gelang dem gebürtigen Äthiopier mit 28:03,39 Minuten doch noch die EM-Qualifikation. So schnell war vorher noch nie ein Blauer über die 25 Runden geblieben – zumindest nicht auf der Bahn.
Quasi durch’s Hintertürl sprang dann noch 400m Läuferin Mona Mayer auf den EM-Zug auf. Bis zum Nominierungsschluss des DLV verlief die Saison, gespickt mit vielen Problemchen, unbefriedigend. Kurz vor dem EM-Start fand dann in Leverkusen das Ausscheidungsrennen für die 4x400m Staffel statt. Die Deutsche U23-Meisterin überzeugte da den Bundestrainer. Sie rückte zunächst als Ersatzläuferin ins EM Team auf. Sechs Mal LG Telis Finanz beim Saisonhöhepunkt zu Hause in der Landeshauptstadt – daran hatte vor der Saison so recht keiner geglaubt.
Wie im Rausch eröffneten die beiden Marathonläuferinnen Miriam Dattke und Domenika Mayer im ersten Wettbewerb der Titelkämpfe bei schwierigsten Verhältnissen – das Thermometer stieg am Ende bis über dreißig Grad – mit phantastischen Vorstellungen den Kampf um die Medaillen. Dabei sorgte „Miri“ für einen wahren Krimi. Am Ende verpasste mit einem epischen Endspurt über volle drei Kilometer Bronze nur um Zentimeter und dahinter erkämpfte sich „Meni“, mehrmals schon vom Führungspulk abgehängt, mit großartigen Aufholjagden einen nie und nimmer erwarteten sechsten Platz. Als ihre Berliner Teamkollegin Deborah Schöneborn als Zehnte jubelnd das Ziel erreichte, hatte die LG Telis Finanz zwei Europameisterinnen auf einen Schlag in ihren Reihen, weil das deutsche Frauenteam in der Mannschaftswertung ganz vorne lag.
Bei den eine Stunde später ins Rennen gegangenen Männern konnten die beiden Regensburger Konstantin Wedel und Simon Boch zwar nichts zur Silbermedaille des deutschen Männerteams beitragen, weil drei deutsche Mannschaftskollegen schneller waren als sie, offizielle Medaillengewinner sind sie aber dennoch, weil alle sechs Teammitglieder geehrt wurden, analog zum Fußball, bei dem die Ersatzspieler eben auch zu Titelehren kommen. Dann musste Regensburg bis zum vorletzten Tag warten, bis eine weitere aus der Domstadt ins EM-Geschehen eingriff und das unverhofft und völlig überraschend. Eigentlich sollte Mona Mayer nur im Vorlauf aushelfen, weil im deutschen Lager vermeintlich schnellere Kolleginnen geschont werden sollten. Mit viel Glück schaffte das „Reservequartett“ als letztes des Vorlaufrankings das Finale, weil eine tschechische Läuferin in der Kurve auf die Bahnbegrenzung getreten war und disqualifiziert wurde.
Mona Mayer war es dann, die als zweite deutsche Sprinterin mit einer riesigen 51,41 Sekunden Runde die deutschen Mädels auf Rang fünf nach vorne brachte, den Schlussläuferin Carolina Krafzik zäh verteidigte. Am Ende konnte die junge Regensburgerin ihr Glück kaum fassen. Filimon Abraham konnte über 10.000m dann nicht ganz für ein glorreiches Regensburger Finale sorgen. Anfangs mutig mit der Spitze mitlaufend, ging ihm dann leider bei Streckenhälfte ein wenig die Puste aus und er wurde bis Platz 19 durchgereicht. Mit zwei Mal Gold, zwei Mal Silber, Platz vier, fünf und sechs fiel die Bilanz der LG Telis Finanz Regensburg bei den Europameisterschaften aber unfassbar gut aus.
Das war aber längst noch nicht alles auf der internationalen Bühne. Bei den Berglauf Europameisterschaften auf Teneriffa glänzten Domenika Mayer und Maximilian Zeus mit Platz sechs und acht in der Einzelwertung. Auch beim 10.000m Europacup in Pacé waren drei Blaue vertreten. Domenika Mayer ließ sich hier mit dem deutschen Frauenteam erneut Gold umhängen. Philimon Abraham und Simon Boch waren Teil des deutschen Männerteams, das Bronze gewann. Ziemlich am Ende der Saison streift sich Mehrkämpferin Anna-Lena Obermaier in den USA beim Thorpe-Cup erneut das Nationaltrikot über.
Was heißt hier schon Ende. Für Regensburger Leichtathleten/innen ist ein Jahr meist erst dann zu Ende, wenn die Europameisterschaften im Crosslauf vorbei sind. Schon bei deren Ouvertüre, der Qualifikation für die DM bei den Deutschen Crosslauf Meisterschaften, Ende November in Löningen, war das Regensburger Erfolgsteam wieder voll da. Vier Einzelmedaillen mit U23-Meisterin Emma Heckel, Vizemeister Filimon Abraham bei den Männern, der Zweiten in der U18 Franziska Drexler und der Frauen Bronzemedaille von Miriam Dattke, dazu fünf Mal (!) Mannschaftsgold bei Männer und Frauen, beiden U23 Wertungen, sowie der U18-Mädels waren ein nie erwartetes Ergebnis. Somit hatten sich die beiden U23-Läufer/innen Emma Heckel und Benedikt Brem (4. Einzel), sowie Miriam Dattke und Filimon Abraham ins DLV EM-Team für Turin gelaufen.
Dort krönte sich Miriam Dattke in diesem Jahr mit dem deutschen Mannschaftsgold zur Doppeleuropameisterin und zauberte noch einen sagenhaften sechsten Platz in der Einzelwertung der Frauen dazu. Noch besser lief es für Filimon Abraham, der sich einen nie erwarteten fünften Rang bei den Männern erlief, dabei die deutsche Mannschaft anführte und so zum siebten Platz verhalf. Auch Emma Heckel war beste deutsche Läuferin und landete mit dem DLV-Team auf Rang fünf. Das deutsche U23-Juniorenteam wurde mit Benedikt Brem Elfter.
Bei aller EM-Euphorie sollte man die übrigen Medaillengewinner bei nationalen Titelkämpfen nicht vergessen.
Nesthäkchen Franziska Drexler krönte ihre Saison mit Platz vier über 3.000m bei den U18 Europameisterschaften in Jerusalem, holte sich in ihrer Altersklasse den nationalen Titel über 10km und sammelte noch weitere zwei Einzelmedaillen. Emma Heckel eroberte nach einer anstrengenden USA-Saison 5.000m Bronze in der U23. Dreispringer Benedikt von Hardenberg punkte ebenfalls in dieser Altersklasse im Dreisprung mit Silber, U23-Bronze sprang für Tobias Ritter über 10km auf der Straße heraus. Marathonmann Erik Hille steigerte sich nicht nur auf tolle 2:14.18 Stunden, sondern erreichte auch als Dritter das Ziel bei den nationalen Titelkämpfen in Hannover. EM-Silbermedaillengewinner Konstantin Wedel holte zusätzlich Gold im Halbmarathon, Teamkollegin Hanna Bruckmayer schaffte über 10.000m U23-Bronze , ebenso wie Karla Hiss über 1.500m der U18 und Siebenkämpferin Anna-Lena Obermaier sprang mit Platz zwei bei den Frauen sowohl in der Halle als auch im Stadion als jeweils Zweite ebenso auf das Podest. Die Gesamtbilanz in diesem Jahr ist wieder einmal überragebd:
Auf Bundesebene werden 13 Deutsche Meistertitel gesammelt, 10 silberne und sieben bronzene Medaillen kommen noch dazu. Auf europäischer Ebene stehen Miriam Dattke und Meni Mayer mit dem Deutschen Frauenteam gleich zwei Mal ganz oben, jeweils zwei Athleten/Innen erobern Silber oder Bronze.
Quelle: LG Telis Finanz Regensburg