Werner Sonntag: Mehr als Marathon – Wege zum Ultralauf - 282 Seiten - 17,95 €, ISBN 978-3-941297-28-9 ©Sportwelt Verlag, Betzenstein
„Wege zum Ultralauf“ – ein Volltreffer vom Ultramann Werner Sonntag – Prof. Dr. Detlef Kuhlmann in SPIRIDON
Das gleich vorweg: Ich bin kein Ultraläufer, kann mir nach der Lektüre des Buches aber gut vorstellen, einer zu werden. Ich kenne Werner Sonntag und kann ganz gut einschätzen, dass sein neuestes Werk ehrlich und authentisch verfasst ist – mehr noch: Werner Sonntag wird aufgrund seiner langen Ultralauf-Karriere das meiste, worüber er berichtet, am eigenen Leibe laufend erfahren haben.
Insofern ist sein Leitsatz, dies sei das Buch eines Praktikers für die Praxis (vgl. S. 141), eine besondere „Gebrauchsanweisung", wenngleich die wissenschaftliche Expertise, die Sonntag den Kapiteln immer wieder klug beimischt, nicht geleugnet werden soll. Sie klärt Zusammenhänge für die geneigte Leserschaft gewinnbringend auf (vgl. dazu allein das mehrseitige Literaturverzeichnis). Im Grunde kann meine kleine Besprechung hier enden.
Das Wichtigste ist gesagt: Das Buch ist ein Volltreffer!
Aber wer ist noch mal Werner Sonntag? Werner Sonntag (geb. 1926 in Görlitz) gehört der ersten Generation der Volksläufer an. Als in der Bundesrepublik die moderne Laufbewegung ins Laufen kam, war Werner Sonntag von Anfang an nicht nur aktiver Teil davon, sondern hat sie in unterschiedlichen Funktionen bis heute (!) mitgestaltet.
Er hat beispielsweise den ersten Lauftreff in Stuttgart gegründet und fünf Jahre selbst geleitet. Er hat im Laufe seiner Laufkarriere von 1972 bis 2010 insgesamt 339 Marathons, davon 147 Ultramarathons gefinisht, darunter 33mal die 100 km von Biel in der Schweiz.
Apropos Biel: „Irgendwann musst du nach Biel" (1978) ist längst ein Klassiker in der literarischen Laufszene und „Bieler Juni-Nächte" (2008) ist längst ein Standardwerk für Bielfans geworden. Und das sind längst nicht die einzigen, sondern nur zwei der bekanntesten Buchtitel vom Autor.
Werner Sonntag war hauptberuflich Journalist bei der „Stuttgarter Zeitung" und hat nebenbei u. a. auch für „spiridon" geschrieben. Seit 2002 ist er Verfasser von „Sonntags Tagebuch" unter www.laufreport.de".
Kurz und gut: Werner Sonntag ist der „Ultramann"!
Zurück zum Buch: Das Buch besteht aus rund 20 Kapiteln, die man auch einzeln querbeet lesen kann. Das Buch will eine Trainingsanleitung sein, enthält aber keine Trainingspläne. Wie heißt es dazu schon auf Seite 7: „Auch die beste Trainingssteuerung, für die sich Trainer und Institute anbieten, kann das Ankommen nach 100 Kilometern nicht garantieren".
Das Buch ist auch kein Trainingswerk für die Elite der Ultramarathons, „sondern vor allem eine Hinführung für angehende Ultraläufer". Entsprechend einladend sind die Texte der einzelnen Kapitel verfasst. Schon bei der Wahl der Kapiteltitel geht Sonntag zuweilen lesepädagogisch vor bzw. tritt in einen Dialog mit der Leserschaft: „Bin ich Ultraläufer?" oder „Ausrüstung – was ist notwendig?" oder „Wo zum erstenmal starten?" lauten dazu einige Überschriften.
Jedes Kapitel wird vorn umrahmt mit einem sinnreichen Zitat (z. B. „Anfängern sage ich immer: Trainiert erst mal euren Kopf. Der ist viel wichtiger als euer Herz und eure Beine.", Amby Burfoot, 1968 Sieger des Boston-Marathons, oder „Die Schuhe sind die Achllesferse eines jeden Läufers", Helmut Linzblichler, Teilnehmer des ersten Trans-Amerika-Laufs 1992), während am Ende jeweils ein mehrteiliger Merkzettel passend zum Thema steht und für den eiligen Leser noch einmal Wichtiges auf den Punkt bringt (z.B. „Je länger die Strecke, desto stärker sollte die intrinsische Motivation sein." oder „Die Strecke gedanklich strukturieren.").
Noch mal zum Stichwort „Gebrauchsanweisung": Dazu gehört auch, auf mögliche „Gesundheitliche Probleme" vorbereitet zu sein, die Sonntag im 13. Kapitel bearbeitet, und „Probleme beim Wettkampf" (17. Kapitel) anzusprechen, die von der Akklimatisierung bis zum Umgang mit Muskelkater reichen. Wem das immer noch zu profan und oberflächlich ist, der sei auf das Kapitel „Empirische Aspekte einer Psychologie für Ultraläufer" verwiesen, wo es auch darum geht, die subjektive Befindlichkeit möglichst positiv wahrzunehmen.
Sonntag liefert dazu eine ganze Palette von Empfehlungen, wo sich jeder das raussuchen kann, was am besten zu ihm passt (z.B. Autogenes Training). Aber vorab sollte man sich klar darüber sein: Wer eine (extreme) Ausdauerleistung vollbringen will, muss psychische Stärke mitbringen. Man belohnt sich hinterher durch einen Zuwachs dieser Stärke, die auf andere Lebensbereiche ausstrahlen kann (vgl. S. 82).
Fazit: Einen Ultramarathon muss man selber laufen. Auch den Weg dazu muss man sich selbst erarbeiten. Werner Sonntag hat dazu jetzt eine wertvolle Handreichung vorgelegt, die übrigens (fast) nichts mehr mit seinem zweibändigen Ultralaufbuch aus den 1980er Jahren gemeinsam hat. Danke, Werner!
Werner Sonntag: Mehr als Marathon. Wege zum Ultralauf. Betzenstein 2013: Sportwelt Verlag. 273 S.; 17,95 €
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann in SPIRIDON – Februar-2/2014