Die besondere Bedeutung des Schulsports geht einher mit den weit verbreiteten Problemlagen in unserer Gesellschaft wie zunehmender Bewegungsmangel und steigende Gesundheitsrisiken. Sportliche Aktivitäten können dazu beitragen, dass solche schwierigen Lebenssituationen besser bewältigt werden.
Was steht im neuen Memorandum zum Schulsport? Orientierungen und Aufgaben für den organisierten Sport – Prof. Dr. Detlef Kuhlmann
Das Memorandum zum Schulsport, das der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) jetzt in Berlin der Öffentlichkeit präsentiert hat, will politischen und schulischen Entscheidungsträgern, aber auch den Sportlehrkräften „vor Ort“ sowie den Ausbildungsträgern (auf Länderebene) richtungsweisende Impulse zur Optimierung des Schulsports auf allen Schulstufen geben.
Das Memorandum enthält dazu Aussagen aus der Sicht der Sportwissenschaft, der Sportlehrerschaft und nicht zuletzt auch aus der Sicht der Sportorganisationen, respektive der Sportvereine und Sportverbände. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden ein kurzer Überblick über wesentliche Passagen im Wortlaut des Memorandums gegeben:
Die besondere Bedeutung des Schulsports geht einher mit den weit verbreiteten Problemlagen in unserer Gesellschaft wie zunehmender Bewegungsmangel und steigende Gesundheitsrisiken. Sportliche Aktivitäten können dazu beitragen, dass solche schwierigen Lebenssituationen besser bewältigt werden. Dies betrifft auch die Angebote der Sportvereine zur Freizeitgestaltung und Lebensbereicherung von (jungen) Menschen im und durch Sport. Vor diesem Hintergrund wird für den Schulsport der (doppelte) pädagogische Auftrag formuliert, einerseits die gegenwärtige Sport- und Bewegungskultur zu erschließen und dabei gleichzeitig die Persönlichkeit der Heranwachsenden weiter zu stärken.
Die Vielfalt der Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote für Schülerinnen und Schüler soll künftig bei der Profilbildung von Schulen verstärkt berücksichtigt werden. Dazu zählen neben anderen auch das Konzept der „Bewegten Schule“, die sog. „Bewegungspausen“ ebenso wie sportbezogene Projekttage und Sportfeste. Hier kommen auch die vielschichtigen Kooperationsformen von „Schule und Sportverein“ ins Spiel. Diese gilt es weiter auszubauen und dabei auch verstärkt dafür Sorge zu tragen, dass bei der Auswahl externer Lehrkräfte für diesen außerunterrichtlichen Bereich überprüfbare Kriterien der Qualitätssicherung zum Tragen kommen.
Wörtlich heißt es dazu im Memorandum: „Hier sind die Landessportbünde ebenso wie die Sportfachverbände im DOSB und die Vertreter der Fachsportlehrer und Fachsportlehrerinnen gefordert, im Rahmen der Aus- und Fortbildung von Übungsleitern und Trainern sicher zu stellen, dass diese über ausreichende Kenntnisse verfügen, um einer Schülerschaft mit heterogenen Sportinteressen motivierende und differenzierte Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote machen zu können“.
Im Memorandum wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es zukünftig vermehrt zur Verlagerung von Übungs- und Trainingszeiten für Kinder und Jugendliche in den späten Nachmittag kommen wird, und zwar bei vermutlich gleich bleibender personeller und räumliche Infrastruktur, wodurch andere Sportgruppen noch weiter in den Abend verdrängt werden dürften: „Derzeit bestehen erst wenige Modelle einer schulübergreifenden nachmittäglichen Zusammenführung von wettkampforientierten Vereinsangeboten während der regulären Schulzeit“.
Diese Passage im Memorandum kann auch als ein Appell gelesen werden, weitere sinnvolle und einvernehmliche Reglungen zu entwickeln.
Das Memorandum zum Schulsport schließt im vierten und letzten Kapitel mit konkreten Forderungen (einem „Aufruf zum Handeln“). Dazu gehört beispielsweise die Erstellung von gemeinsamen Bildungsplänen für Kitas und Schule, in denen Sport und Bewegung eine zentrale Bedeutung zukommt. Eine andere Forderung betrifft die immer bedrohlichere Situation des Schwimmunterrichts an den Schulen, auch wesentlich verursacht durch die Schließung von Schwimmbädern.
Was die Kooperation von Schule und Sportverein anbelangt, sollen die positiven Erfahrungen an vielen Schulen stärker genutzt werden – mehr noch: „Die Entwicklung kommunaler Bildungslandschaften muss forciert werden“. Aber es gilt aus der Sicht des organisierten Sports auch gegen zu steuern – denn: „Die Zunahme von Ganztagsschulen darf nicht dazu führen, dass nachschulische Freizeitangebote, insbesondere im Sportverein, gefährdet werden“. Das betrifft den Wettkampfsport für Schülerinnen und Schüler allgemein und die Schulen mit sportlichem Schwerpunkt bzw. die Eliteschulen des Sports im Besonderen, die allesamt aufgefordert sind, zukunftsfähige „Reglungen zur Vereinbarkeit von Schule und Wettkampfsport zu finden“.
In das jetzt vorgelegte Memorandum zum Schulsport sind die „Gemeinsamen Handlungsempfehlungen der KMK und des DOSB zur Weiterentwicklung des Schulsports (aus dem Jahre 2007) und die Gemeinsamen Handlungsempfehlungen „Sport für Kinder und Jugendliche mit Behinderung“ (aus dem Jahre 2008) berücksichtigt worden.
Das neue Memorandum zum Schulsport, an dessen Erarbeitung neben DOSB-Vizepräsidentin Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper (Berlin) auch der Präsident des Deutschen Sportlehrerverbandes, Prof. Dr. Udo Hanke (Landau), sowie für die Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft Prof. Dr. Ulrike Ungerer-Röhrich (Universität Bayreuth) und Prof. Dr. Wolf-Dietrich Miethling (Universität zu Kiel) sowie Prof. Dr. Eckart Balz (Universität Wuppertal) als kommissarisches Mitglied des Fakultätentages Sportwissenschaft beteiligt waren, steht in der Tradition älterer vergleichbarer Resolutionen zum Schulsport der Vorgängerorganisation des DOSB, dem Deutschen Sportbund (DSB).
Dessen schulsportpolitische Initiativen lassen sich zurückverfolgen bis in das Jahr 1956 und dort bis zu den damals entstandenen „Empfehlungen zur Förderung der Leibeserziehung in den Schulen“, die später abgelöst wurden durch das 1. und sodann durch das 2. „Aktionsprogramm für den Schulsport“ in den Jahren 1985 und 1972.
Im Jahre 2000 hatte das Präsidium des DSB erneut einen „Orientierungsrahmen des Deutschen Sportbundes zum Schulsport“ verabschiedet, den eine elfköpfige Kommission Schulsport bei der dsj erarbeitet hatte.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann