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02
01
2014

Siegfried Nagel,Zentrum Sport und Sportwissenschaft Bern © Valérie Chételat

Was macht den Verein erfolgreich? Prozesshaft angelegter Leitfaden für Veränderungsprozesse – Professor Dr. Siegfried Nagel in SPORT in BERLIN

By GRR 0

Sportvereine sind mit Herausforderungen und Problemen konfrontiert, z.B. die Gewinnung und Bindung von Ehrenamtlichen, die Mitgliederfluktuation oder finanzielle Schwierigkeiten. Allerdings fällt es Vereinen vielfach schwer, diesbezüglich Veränderungsprozesse in Gang zu setzen und zu steuern.

Es liegen zahlreiche Steuerungsansätze und Managementkonzepte für Sportvereine und andere Nonprofit-Organisationen vor. Diese legen in der Regel nahe, auf spezifische Problemlagen mit einer Übernahme von Effizienz steigernden Lösungen sowie einer verstärkten Kunden-, Qualitäts- oder Wettbewerbsorientierung zu reagieren, wie sie von Unternehmen und zunehmend auch im öffentlichen Sektor erfolgreich praktiziert werden.

Dabei wird meist übersehen, dass mit der ungefilterten Übertragung von Erfahrungen und Konzepten aus Bereichen, die anderen Managementlogiken folgen als Sportvereine, die besonderen Anforderungen vereinsspezifischer Entwicklungsprozesse vernachlässigt werden.

An diesem Punkt setzt das Konzept des prozessorientierten Leitfadens Sportvereinsentwicklung an (Nagel & Schlesinger, 2012), der die strukturellen Besonderheiten von Sportvereinen explizit berücksichtigt und auf der Idee der „mitgliederorientierten Hilfe zur Selbsthilfe" basiert.

 

Folgende Veränderungsbarrieren sind zu beachten:

(1) Aufgrund des Prinzips der Orientierung an den Mitgliederinteressen ist die Notwendigkeit von Umweltanpassungen reduziert.

(2) Es fehlen objektive und gut messbare Ziele zur Bewertung möglicher Entwicklungen.

(3) Aufgrund der Ehrenamtlichkeit werden Probleme zum Teil nicht erkannt und/oder aufgrund von Zeitknappheit nicht systematisch betrachtet.

(4) Sachlich gut begründete Entscheidungen können durch demokratische Entscheidungs-strukturen blockiert oder verzögert werden.

(5) Bei Entscheidungsprozessen fehlen mitunter transparente Informationswege und Kommunikationsstrukturen.

(6) Aufgrund traditionsorientierter Vereinskulturen gibt es Vorbehalte gegenüber Neuem.

(7) Die beschränkte Verfügbarkeit von personellen und finanziellen Ressourcen kann den Handlungsspielraum verringern.

Wie können Sportvereine Veränderungen initiieren, planen und umsetzen? Folgende Leitlinien können hilfreich sein:

(1) Mögliche Veränderungen sind von der Mehrzahl der Mitglieder mitzutragen.

(2) Vereinsspezifische Rahmenbedingungen und mögliche Barrierren sind im Vorfeld von Veränderungsprozessen zu analysieren.

(3) Personelle Verantwortlichkeiten klären.

(4) Es sind projektorientierte Planungsgruppen und Arbeitsformen einzurichten.

(5) Bei Bedarf sollte externe Beratung und Unterstützung hinzugezogen werden.

Veränderungsprozesse in Sportvereinen sind entlang der folgenden fünf Arbeitsphasen zu planen und durchzuführen:

(1) Phase der Orientierung und Initiierung

Veränderung beginnt mit der Betrachtung der  Vereinswirklichkeit.  In welchen Bereichen besteht Veränderungsbedarf und welche Bereiche sollten unverändert bleiben? Mit der Einleitung von Veränderungsprozessen gibt sich der Verein spezifische Strukturen wie z.B. das Einrichten von Arbeitsgruppen.

(2) Phase der Analyse und Diagnose

Situation im Verein und Ursachen für Probleme werden systematisch durchleuchtet. Die Informationen werden analysiert und in einem Bericht zusammengefasst. Ausgehend davon werden erste Handlungsansätze und Lösungsideen erarbeitet.

(3) Phase der Gestaltung und Entscheidung

Die Bewertung der Handlungsansätze und Lösungsideen bildet die Grundlage für den Entscheid, in welchen Entwicklungsfeldern Massnahmen eingeleitet werden. Die beteiligten Mitglieder können auch neue Ideen entwickeln. Ein Strategiepapier – der Sportvereinsentwicklungsplan – hält die entwickelten Konzepte und Massnahmen schriftlich fest.

(4) Phase der Umsetzung

Für eine Umsetzung müssen die Rahmenbedingungen für Veränderungen geschaffen werden. So sind die Inhalte der Entwicklungsplanung unbedingt in die Entscheidungsgremien des Vereins einzubringen. Dort ist zu entscheiden, ob sie weiterverfolgt werden. In projektorientierten Umsetzungsworkshops werden die Massnahmen weiterentwickelt, geplant, budgetiert, koordiniert.

(5) Phase der Reflexion

Die Überprüfung der ursprünglichen Konzepte und angedachten Massnahmen ist wichtiger Teil des Veränderungsprozesses, damit sich keine Ideen einschleichen, die durch die Beschlüsse der Vereinsversammlung nicht legitimiert sind. 

 

Professor Dr. Siegfried Nagel in SPORT in BERLIN – Dezember 2013

 

Nagel, S. & Schlesinger, T.: Sportvereinsentwicklung. Ein Leitfaden zur Planung von Veränderungsprozessen.

 

 

author: GRR

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