Walter Zugriegel der umtriebige Macher aus St. Pölten - Foto: Wilfried Raatz - wus-media
Walter Zugriegel und die große und kleine Welt des Laufens – Mit „runnersworld.at“ macht der umtriebige Macher aus St. Pölten Laufinteressierte zwischen 18 und 80 mehr oder weniger flotte Beine – Wilfried Raatz berichtet
Als One-Man-Show zieht der passionierte Läufer rund 30 Veranstaltungen im Jahr durch
Sein Tagesablauf ist getaktet wie bei einem vielbeschäftigten Manager eines Unternehmens. Wir sind um 9.00 Uhr morgens verabredet zu einem Telefonplausch. Die Fahrgeräusche verraten: Der Mann ist unterwegs! Doch wohin treibt es einen Pensionär, der es mit 73 Jahren in den Morgenstunden eigentlich etwas entspannter angehen könnte? „Ich bin auf dem Weg zum Training! Heute steht Intervalltraining auf dem Plan“.
Die kurze, aber höchst vielsagende Antwort zeigt, dass Alter nicht vor gewissen Torheiten schützt. „Einmal in der Woche stehen Intervalle an. Ich habe eine 3 km lange Asphaltrunde, die ist beleuchtet und hundefrei!“ An die skizzierten Trainingspläne hält sich der passionierte Läufer, der es in seiner Läuferkarriere auf 174 Marathonläufe gebracht hat und dabei viele der Namhaften wie auch als Mehrfachtäter den New York City-Marathon gelaufen ist. Es sind seine eigenen Pläne, die er regelmäßig auf seine Website „runnersworld.at“ stellt, nach deren Takt sich alleine in St. Pölten 60 bis 70 Läufer richten und zumindest mittwochs zum gemeinsamen Training, eingeteilt gewiss in verschiedene Leistungsgruppen, unterwegs sind. Im Sommer im Stadion, im Winter eher auf jener besagten Runde.
Eine Vereinszugehörigkeit ist nicht gefordert, auch wenn Walter und Co. die Anlagen von Union St. Pölten zur Verfügung stehen. Mietfrei. „Es ist ein Geben und Nehmen“, freut sich Walter Zugriegel über den Deal. „Unsere Läufer konsumieren nach dem Training schon einiges im Restaurant. Da ist ein gewisser Ausgleich gegeben!“ Für den passionierten Läufer stehen in der Regel fünf Trainingseinheiten pro Woche an, im Jahr kommen somit 2000 bis 3000 Laufkilometer zusammen. Bei den weiteren Wochentagen legt der umtriebige Macher keineswegs die Füße hoch, sondern ist als Veranstalter von Läufen auf der Bahn, der Straße und im Gelände unterwegs. „Laufen ist mein Leben, ein Leben ohne Sport gibt es bei mir nicht!“
In Wien eröffnete er einstmals in der Pohlgasse mit „Runnersworld“ den dritten Laufladen der Hauptstadt und bot hierzulande seinerzeit noch eher unbekannte Marken wie Brooks, Avia, Saucony oder Karhu an, organisierte mit großer Begeisterung und Herzblut Laufreisen zu den angesagten Marathonläufen weltweit, schulte Laufnovizen und ambitionierte Läufer in Trainingscamps auf Zypern, Fuerteventura und Mallorca – und tritt als Veranstalter seit nunmehr 45 Jahren auf. Unter seiner Federführung gingen so manche der in der Szene bekannten Läufe erstmals an den Start. Bei der Premiere des Wien-Marathon legte er zudem als ausgewiesener Fachhändler maßgeblich Hand an die Marathonmesse.
Der Muckenkogel-Berglauf in Lilienfeld und der Jauerling-Berglauf in Spitz sind eine Zugriegel-Erfindung, ebenso die Umgestaltung einer Laufveranstaltung in Krems in den Wachau-Marathon.
Ein „Hans Dampf in allen Gassen“, der aber zugleich auch Familienmensch ist. So waren seine beiden Kinder Michael und Marion auch im Reisetross unterwegs und durften schon früh die weite Laufwelt erleben. Aber letztlich ist „Runnersworld.at“ ein Ein-Mann-Betrieb, der Anmeldungen, Organisation vor Ort, Streckenmarkierung, Start- und Zielgestaltung, Auswertung und Siegerehrung managt. „Wenn ich die Arbeit mache, dann weiß ich, dass diese auch gemacht wird. Natürlich passieren auch einmal Fehler…!“
Apropos „runnersworld“. Wer zunächst annimmt, dass dies ein Portal des weltgrößten Laufsportmagazins „Runner‘s World“ ist, der irrt gewiß. Weder die US-amerikanische Ausgabe, noch die deutsche, niederländische oder skandinavische stecken dahinter. Sondern hier verbirgt sich der ursprünglich kleine Laufladen in der Wiener Pohlgasse. „Mit diesem Namen gab es keinerlei Probleme“, gesteht Walter Zugriegel. „zumal ich auch kein Magazin herausgebe. Natürlich kann es Geschäfte geben, die die ‚Welt des Läufers‘ bedeuten!“
Es sind freilich die eher kleinen Läufe, Teilnehmerzahlen unterhalb der Einhundert-Starter-Grenze sind die Regel, es können aber durchaus auch 200 Starter einmal beim Halbmarathon sein. Walter Zugriegel arbeitet dabei höchst konservativ, mit Stoppuhr und Einlauflisten. Transponder und Co. sind nicht sein Ding, letztlich muss Aufwand und Ertrag auch in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Nur wenige Stunden nach Zielschluss und Siegerehrung gibt es die Ergebnislisten bereits im Internet zu lesen, diese Nacharbeit leistet er zumeist noch vor Ort.
Walter Zugriegel bezeichnet sich eher als „Anti-Funktionär“, Verbandsarbeit ist nicht sein Ding. Wenngleich er schon zahlreiche Landesmeisterschaften durchgeführt hat – vornehmlich nach seiner Version. So vertreibt er außerhalb des ÖLV bereits seit zwei Jahrzehnten einen Terminkalender, der nicht nur als digitale Version über die Website „laufkalender.at“ eine Fundgrube für viele Läufer ist, sondern auch als Printversion erhältlich ist. 10.000 Exemplare gelangen zumeist schon Ende November oder Anfang Dezember in die Läuferhand, oftmals in das „Startpackerl“ der jeweiligen Veranstaltung. Und dies als kostenlosen Service. Finanzieren kann Walter Zugriegel diese Eigeninitiative durch diverse Anzeigen.
Mit Fünfundsiebzig möchte Walter Zugriegel etwas zurückschalten, so jedenfalls sein Plan. Eines jedenfalls scheint für ihn gewiss zu sein: „Es wird so manches verloren gehen. Es gibt leider 1000 Nörgler und nur wenige, die auf den Füßen stehen. Wenn ich aufhöre, fällt vielleicht die Hälfte meiner Veranstaltungen weg!“ Einen Wunsch gibt er mir noch zum Ende des doch länger währenden Gesprächs mit auf den Weg: „Ich wünsche mir, dass die Nörgler weniger und die Helfer mehr werden!“
Was freilich kein niederösterreichisches Problem ist, sondern generell für die vielen kleinen und mittleren Lauf-Veranstaltungen gilt, die während der der Corona-Pandemie auf Behördengeheiß ausfallen mussten und nur zum Teil, mit freilich starkem Teilnehmer-Rückgang und den damit einher gehenden finanziellen Einbußen, mit gewisser Zuversicht wieder in den Startlöchern stehen.
Wilfried Raatz
entnommen aus: Wilfried Raatz: Berglauf-Journal 2023