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27
03
2012

Von der Kommandobrücke in den Ruhestand: Direktor Norbert Skowronek war ein Glücksfall für den Berliner Sport. ©Jürgen Engler

Von der Kommandobrücke in den Ruhestand: Direktor Norbert Skowronek war ein Glücksfall für den Berliner Sport – Klaus Böger in „Sport in Berlin“

By GRR 0

An dem hellen, ausladenden Schreitisch im obersten Stockwerk der LSB-Zentrale an der Jesse-Owens-Allee wird künftig ein anderer sitzen, Dr. Heiner Brandi. Nach insgesamt 37- jähriger Tätigkeit beim Landessportbund Berlin, 27 Jahre als Direktor und davor zehn Jahre als Referent für Finanzen, wird sich Norbert Skowronek in den Ruhestand verabschieden.

Damit verlässt ein Mann den Kommandostand der größten Personenbewegung unserer Stadt, der durch sein Auftreten, sein Verhandlungsgeschick, seine Kompetenz, seine Gradlinigkeit, seine Korrektheit und seinen Bieneneifer überall absolute Hochachtung und Wertschätzung erfuhr, ob nun bei den politisch Verantwortlichen der Stadt, Vertretern der Wirtschaft, den vielen Sportverbänden und -vereinen. Auch nicht zuletzt beim  Deutschen Olympischen Sportbund, wo er sich einen guten Ruf erwarb.

Seine Worte hatten stets Gewicht, seine Argumente überzeugten, weil sie von enormem Sachverstand, Fachwissen bis ins kleinste Detail, hoher Intelligenz, modernem Gedankengut und zukunftsweisenden Ideen geprägt waren.

Nicht wenige sprachen von einem Glücksfall für den Berliner Sport, einem Urteil, dem ich mich voll und ganz anschließen kann. Jener Posten, den er auszufüllen hatte, entspricht dem eines Topmanagers in einem bedeutenden Unternehmen. Schließlich gehören dem Landessportbund rund 580 000 Mitglieder an, die alle ihre Wünsche und Befindlichkeiten haben und von oberster Stelle verlangen, gut unterrichtet, geführt und gelenkt zu werden. Acht Senatoren und sechs LSB-Präsidenten hat Norbert Skowronek erlebt.

Eine aufregende Zeit liegt hinter ihm, die einerseits geprägt war vom Inselleben West- Berlins, den sich daraus ergebenen Problemen und Schwierigkeiten, andererseits vom Aufbruch zu neuen Ufern mit dem Fall der Mauer, wo in der östlichen Stadthälfte neue Strukturen geschaffen werden mussten. Hierbei leistete „Mister Zuverlässigkeit“ wahre Schwerstarbeit, vor allem, was das Vereinsrecht und die Eintragungen beim Vereinsregister betraf. Außerdem mussten viele marode Sportstätten saniert, ihre Eigentumsverhältnisse geklärt und die Anstellung von Trainern geregelt werden.

Sein unschätzbarer Vorteil ist es stets gewesen, dass er den Sport sozusagen von der Pike auf gelernt und überall Erfahrungen gesammelt hat, zunächst als Aktiver, später als Trainer oder im Vorstand eines Vereins beziehungsweise Verbandes. Sein ehrenamtliches Engagement dehnte er im Laufe der Jahre auf ein Mitwirken in den mannigfaltigsten Gremien, Ausschüssen, Arbeitskreisen, Beiräten, Trägervereinen und Berufsgenossenschaften aus. Er gehörte den Organisationskomitees bedeutender Großveranstaltungen an, ob nun bei der Leichtathletik-WM, bei Deutschen Turnfesten oder der Champions-Trophy im Hockey. Derzeit ist er Vorsitzender der Sportstiftung Berlin und des Finanzausschusses der VBG-VV. 

Der am 10. Mai 1947 in Hindenburg (heute Polen) geborene, in Castrop-Rauxel aufgewachsene und 1966 zum Studium der Ingenieur-Wissenschaft und Betriebswirtschaftslehre an die Spree gekommene Skowronek spielte einst Fußball, war auch ein recht passabler Leichtathlet mit besonderer Neigung zum Hürdenlauf, wo er schon beizeiten lernte, Hindernisse zu überwinden, liebte das Skilaufen, Wandern und seit einigen Jahren Golf, wo er, wie ich leidvoll erfahren habe, ein Handikap von 15,2 vorweisen kann.

Beinahe wäre seine berufliche Karriere allerdings in ganz anderen Bahnen verlaufen. Er begann nach dem Studium als Mitarbeiter bei der jetzigen Telekom, war am Lehrstuhl für Wirtschaft- und Sozialpolitik der TU tätig, bewarb sich u. a. als kaufmännischer Leiter bei der neugegründeten Spielbank Berlin und einem Metallverarbeitungs-Betrieb, wo er zwischen 1972 und 1975 landete, ehe er als Referent für Finanzen und Verwaltung beim LSB anheuerte und nach zehn Jahren zum Direktor und Nachfolger von Manfred von Richthofen berufen wurde.

Als Sko, wie er von Freunden genannt wird, beim LSB begann, betrug die Zahl der Mitglieder im Westen gerade einmal 277 739, heute sind es gut doppelt so viele in ganz Berlin. Eine stolze Entwicklung, zu der nicht unwesentlich der scheidende Direktor beigetragen hat, weil er seine Mitarbeiter überzeugte, stets neue Schwerpunkte und Ziele zu setzen. Das betraf den Gesundheits-, Fitness- und Breitensport genauso wie die Förderung des Nachwuchses, spezielle Programme für Frauen und Senioren, aber auch die Schaffung von Wettbewerbs-Initiativen wie beispielsweise dem Innovationspreis des Berliner Sports.

Dass er, der Offenheit, Zuverlässigkeit und Ehrgeiz praktiziert, auch immer äußerst positiv dem Leistungssport gegenüberstand, geht aus der von ihm geschaffenen Sportstiftung hervor, wo junge Talente eine finanzielle Unterstützung erhalten. Diese und andere ehrenamtliche Tätigkeiten zum Wohle des Berliner Sports will Norbert Skowronek weiterhin ausüben.

Dazu wünsche ich ihm, der Große Gewächse und guten Rotwein liebt, Kraft und Ausdauer, Gesundheit und Wohlergehen innerhalb seiner Familie. Und mehr Zeit als bisher für seine Hobbys. Ich würde mich aber freuen, wenn er mit seinem Ideenreichtum und Erfahrungsschatz auch weiterhin dem Sport zur Verfügung stände, als interessanter Gesprächspartner und kluger Ratgeber. 

Viele Auszeichnungen hat er erhalten, erst vor kurzem die DOSB-Ehrennadel. Es wurden die Verdienste eines Mannes gewürdigt, der mit Abstand der dienstälteste Direktor aller deutschen Landessportbünde war und jetzt seinen verdienten Ruhestand genießen darf.

 

LSB-Präsident Klaus Böger in SPORT IN BERLIN März 2012

author: GRR

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