Vom Helden zum Läufer? Michael Horeni: Vom Hemd zum Helden Die Buchrezension von Prof. Dr. Detlef Kuhlmann
Michael Horeni ist im Hauptberuf Sportredakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Sein Dienstsitz ist Berlin. Dort ist er u. a. zuständig für die Berichterstattung der Fußball-Nationalmannschaft. Dieser Michael Horeni macht sich, inzwischen Anfang 40, Sorgen um seine Fitness.
Er hat zwar früher selbst mittelmäßig Fußball gespielt, sich von Berufs wegen aber zunehmend darauf konzentriert, über Sport zu schreiben, anstatt selbst Sport zu treiben: „Willkommen im Club der schlaffen Säcke!“ (S. 15). Diese Einladung richtet er an sich selbst, weil er sich zum ersten Mal eingestehen muss, dass in seinem Körper ein Mensch wohnt, der er nicht mehr sein will. Damit ist der Rollenwechsel „Vom Hemd zum Helden“ eingeleitet. Doch kann aus diesem neuen Helden später auch mal ein Läufer werden? Wer das Buch zu lesen beginnt, dem bleiben die Zweifel nicht verborgen …
Doch erstmal der Reihe nach: Michael Horeni beschließt – man könnte auch sagen: er genießt das Privileg – sich von den Fitnesstrainern Oliver Schmidtlein und Shad Forsythe der deutschen Fußball-Nationalmannschaft coachen und mit deren Hilfe fit machen zu lassen. Daraus ist dann „Ein Fitnessjahr mit den Profis“ (Untertitel) ganz nah an der Nationalmannschaft geworden.
Das Buch liest sich leicht als ein unterhaltsames Kalendarium mit zwölf Kapiteln und einem Sieger, dem Autor und Helden Horeni in einer Person! Doch um auf die Siegerstraße zu gelangen, muss Horeni selbst eine lange anstrengende Strecke zurücklegen, die mit einem siebenteiligen „Functional Movement Screen“ beginnt. Das ist ein Fitnesstest, bei dem muskuläre Dysbalancen und Instabilitäten festgestellt werden können. Dazu muss Horeni Übungen wie „Shoulder Mobility“ ausführen, die im Buch auch bebildert sind: „Ich verrenkte mir fast das Kreuz bei dem Versuch, meine Hände hinter dem Rücken zu berühren“.
Am Ende entwirft Horeni einen „Plan für ein besseres Leben“ … denn: „An guten Vorsätzen mangelt es uns allen nicht, nur an der Umsetzung hapert es leider oft“ (S. 272). Das Buch von Michael Horeni kann eine willkommene Stütze dafür sein, Wunsch und Wirklichkeit möglichst eins werden zu lassen. Seine Fitnesskarriere sei anderen durchaus zur Nachahmung empfohlen – egal ob mit oder ohne Profis!
Aber eine wichtige Frage bleibt: Was ist denn nun mit dem andauernden ausdauernden Laufen als ein weiterer und ganz nahe liegender Fitness-Stabilisator im Heldenepos von Horeni? Natürlich gehört das Laufen von Anfang an für ihn dazu: Wir sehen sogar den Läufer Horeni auf einem Foto, wie er uns im schwarz-weißen Outfit der DFB-Auswahl entgegen kommt. Zwei Seiten später bemerkt er an sich selbst: „Ich musste erst wieder das Laufen lernen, musste ganz von vorne anfangen. Wie beim Idiotentest, wenn der Führschein weg ist“ (S. 32). Aber schon bald danach setzt sich eine noch andere Erkenntnis durch: Das Laufen langweilt ihn … zu Tode!
Das reflektiert er selbst sogar als einen kognitiven Kontrast: Warum nur stellt sich bei ihm nicht die Begeisterung ein, die offenbar Millionen andere Läuferinnen und Läufer empfinden, wenn sie „von ihren tollen Glücksgefühlen beim Joggen“ schwärmen und „sich gestärkt fühlen von der Bewegung, von ihrem neuen Körpergefühl und von den Naturerlebnissen“ (S. 35). Ist also Michael Horeni ein Läufertaugenichts? Ja …vielleicht auch nicht! Schließlich bekennt er freimütig schon auf der gleichen Seite: „Ich hasse Joggen“.
Erst ganz am Ende macht er uns wieder Hoffnung: „Vielleicht überholen Sie mich schon bald beim Joggen im Park, wer weiß?“ Dann könnte er glatt ein neues Buch darüber schreiben – mit dem Titelvorschlag: „Vom Helden zum Läufer“.
Man wird zukünftig auf einen Horeni im Park achten müssen …
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann in SPIRIDON
Michael Horeni: Vom Hemd zum Helden. Ein Fitnessjahr mit den Profis. Frankfurt 2008: Scherz. 282 Seiten; 14,90 €.
Wilfried Raatz u. a.: Das offizielle Buch zum 36. real,- BERLIN-MARATHON. 19. + 20. September 2009. Unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin. International Sport Series. Aachen 2010: Meyer & Meyer. 152 Seiten; 29,80 €.
Frage: Was haben der Berlin-Marathon 2009 und der Frankfurt-Marathon 2009 gemeinsam? Antwort: Über beide gibt es bunte Bildbände, die sich im Preis nur um 20 Cent unterscheiden … Der letzt jährige Berlin-Marathon gilt als der „hitzigste“ von allen 36 Ausgaben, die es bislang gegeben hat. Am Mittag sollen die Temperaturen in Richtung 30 Grad gegangen sein. Wer selbst dabei gewesen ist, wird sich noch gut (vermutlich wegen der zunehmenden Hitze eher schlecht) daran erinnern … und vielleicht noch mal innerlich zu glühen beginnen, wenn er/sie jetzt den Band zur Hand nimmt.
Das werden die meisten Finisher allein schon deswegen tun, um Seite für Seite nachzuschauen, ob sie selbst irgendwo im Bild zu sehen ist. Dabei wird nicht nur über das Rennen von vorn bis hinten berichtet, selbst das vielseitige Drumherum (von Messe Berlin Vital auf dem Flughafen Tempelhof bis zum Gottesdienst in der Gedächtniskirche am Kurfürstendamm) und sämtliche Begleitrennen (z.B. Mini-Marathon der Schülerinnen und Schüler, Frühstückslauf etc.) sind in vielen tollen Fotos und mit wenigen Worten in deutscher und englischer Sprache wohl dosiert dokumentiert. Darin unterschei-det sich dieses Buch nicht groß von seinen Vorgängern aus den zurückliegenden Jahren seit 2003 als Variation des Immergleichen … alle Jahre wieder!
Am Ende gibt es noch eine lange Liste mit allen 2.354 in- und ausländischen Jubilee-Club-Mitgliedern. Das sind solche Läuferinnen und Läufer (und 16 Rollstuhlfahrer), die mindestens zehnmal den Berlin-Marathon „offiziell“ gefinisht haben.
Diese Liste beginnt ei den Männern mit der Berliner Marathon-Ikone Bernd Hübner, der als einziger alle 36 Rennen mitgemacht hat. Wer diese Liste aufmerksam liest, wird sicher hier und da auf Namen naher Freunde und entfernter Bekannte stoßen und womöglich sogar sich selbst irgendwo im Alphabet aufgeführt finden.
Ganz beiläufig und am Rande noch dieses Kuriosum: Der eine oder andere wird mit Sicherheit etwas stutzig bei dem eher seltenen Familiennamen Czajka. Den gibt es in der Jubilee-Liste nämlich gleich zweimal. Diese beiden Czajkas haben auch noch (welch Zufall?) den gleichen Vornamen (nämlich Klaus!) und … sie kommen beide (noch so ein Zufall?) aus Mühlenbeck und sie haben beide aktuell (auch ein Zufall?) jeweils zehn Berlin-Marathon-Läufe absolviert.
Lediglich mit der lebenslänglich zugewiesenen Jubilee-Startnummer unterscheiden sie sich jetzt allerdings auf ewig etwas: Der eine hat die 2227 und der andere die 2292. Ich würde beide gern mal kennen lernen …
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann in SPIRIDON
Wilfried Raatz u. a.: Das offizielle Buch zum 36. real,- BERLIN-MARATHON. 19. + 20. September 2009. Unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin. International Sport Series. Aachen 2010: Meyer & Meyer. 152 Seiten; 29,80 €.