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07
12
2023

Bodo Tümmler (m) 2018 mit seinem Heimtrainer Wolfgang Meller (lks) und dem DLV Bundestrainer Paul Schmidt

Vom deutschen Mittelstreckenstar zum Berliner Rekordler der „M 80“ im Wurf – Bodo Tümmler wird 80 Jahre alt

By GRR 0

Bodo Tümmler, der deutsche Mittelstreckenstar der sechziger und siebziger Jahre vollendet am Freitag, dem 8. Dezember 2023 sein 80. Lebensjahr. Der am 8.12.1943 in Thorn geborene Tümmler  verlebte seine Jugend in Berlin-Zehlendorf, nahe dem Grunewald, und begann seine Leichtathletik-Karriere bei Z 88, dem Talentebecken vieler guter Leichtathleten, bevor es ihn zum SCC zog.

Bodo Tümmler war Studiendirektor für Sport und Biologie am Schadow-Gymnasium in Zehlendorf. Seine Schüler führte er bei den Bundesjugendspielen (jetzt „Jugend trainiert für Olympia und Paralympics“) zu vielen Erfolgen im Hockey und Basketball, natürlich war er für seine Schüler und Schülerinnen ein grosses Vorbild, dem sie nacheifern wollten.

Von 1964–1972 gewann er 15 Deutsche Meisterschaften (7-mal 1500 m, 2-mal Waldlauf-Kurzstrecke, 3 Staffeln – (davon 2 x die 3 x 1000 m Staffel (1964 und 1965)  und 1 x die 4 x 800 m Staffel (1972) 1 x 1500 m Halle, 2 x Juniorenmeister). 1965 und 1967 war er Studenten-Weltmeister über 1500 m, 1966 in Budapest Europameister über 1500 m und Bronzemedaillengewinner über 800 m, 1968 Olympiadritter über 1500 m in Mexico City hinter Kipchoge Keino (KEN) und Jim Ryun (USA).

Er erhielt 25 Berufungen in die deutsche Nationalmannschaft. Von seinen 19 1500 m Rennen bei Länderkämpfen für den DLV  gewann er 13, darunter bei den Europacup-Endkämpfen 1965 und 1967. Das Jahr 1970 fiel für ihn, infolge Verletzung, komplett aus, 1971 gewann er zwar die Deutsche Meisterschaft über 15oo m, verzichtete aber wegen des fehlenden Aufbautrainings auf die Teilnahme an den Europameisterschaften. 1972 gewann er den Titel nochmals und lief dabei erst die Olympiaqualifikation. Bei den Olympischen Spielen in München 1972 lief er bis in den Zwischenlauf, beendete aber danach seine aktive Karierre

Seine Bestzeiten:

  • 400 m 48,7 –
  • 800 m: 1:46,3 –
  • 1000 m: 2:16,5 –
  • 1500 m: 3:36,5 –
  • 1 Meile: 3:53,8 –
  • 3000 m: 7:59,4 –
  • 5000 m: 13:49,6 –
  • Marathon 2:34,73
  • 3000 m Halle 7:59,4

Er stellte 4 Deutsche Rekorde über 1500 m (3:39,5 und 3:36,5) und 1 Meile (3:54,7 und 3:53,8) auf, einen Europarekord über 4 x 1 Meilestaffel 16:09,6 am 25.6.1969 in Berlin mit Walter Adams, Harald Norpoth und Jürgen May, sowie einen Weltrekord über 4 x 880 Yards Staffel mit Harald Norpoth, Walter Adams und Franz-Josef Kemper in 7:14,6 am 13.06.1968 in Fulda.

Läuferlegenden: Kemper (v.l.), Adams, Norpoth und Tümmler, 1968 = Die Weltrekordstaffel über 4-mal-880-Yards – 7:14,6 13 min im Juni 1968 in Fulda in der Besetzung Bodo Tümmler, Walter Adams, Harald Norpoth, Franz-Josef Kemper
– Foto: privat

Bodo Tümmler gewann mit Horst Milde, dem langjährigen Race Director des BERLIN-MARATHON, und Gerhard Kopp 1964 und 1965 die Deutsche Meisterschaft in der traditionsreichen und hart umkämpften 3 x 1000 m Staffel. Zusammen mit Horst Milde und Peter Kubicki gab es 1966 einen legendären Endlauf über 3 x 1000 m und den zweiten Platz hinter Norpoth, Schulte-Hillen und Kemper (Preußen-Münster 7:01,2) in 7.04,0. Beide Zeiten sind bis heute von den Nachfolgegenerationen unerreicht.

Bodo Tümmler (lks.), Horst Milde und Gerhard Kopp am 19.7.1964 in Karlsruhe (7:17,6) – Foto: privat

Tümmlers Karriere litt leider auch unter Verletzungen, die eine optimale Ausschöpfung seines großen Talentes verhinderte.

Sein erfolgreicher Vereinstrainer war Wolfgang Meller, der ihn langjährig betreute, innerhalb des DLV war ein vertrauensvoller Partner der Bundestrainer Paul Schmidt.

Bodo Tümmler war auch der erste Sieger beim Berliner Cross-Country-Lauf der FU Berlin am Teufelsberg 1964 im Dress der Freien Universität Berlin. Dieser Lauf war ein Markstein in der deutschen Lauf- und Crossgeschichte.

Symbolbild – 4. Berliner Crosslauf am 5. November 1967 – Die erste Ausschreibung mit Bodo Tümmler, Europameister 1966 über 1500 m mit dem Symbol des Crosslaufes – der Wildsau – Foto: Horst Milde – Tempelhofer Bilderdienst

„Ab hier die Sau rauslassen“

Strassen Banner am Verpflegungpunkt am „Wilden Eber“ in Dahlem: „Laß die Sau raus“ – Foto. privat

Durch die gemeinsame erlebte Mittelstreckenzeit  “zwangsverpflichtete“ Horst Milde Bodo Tümmler auch zum Leiter des Verpflegungspunktes bei km 35 am “Wilden Eber“. Tümmlers Spruch – auf einem Transparent quer über die Straße gespannt – “Ab hier die Sau rauslassen“ machte Geschichte in der internationalen Marathonwelt. Seit 1981 halfen hier über 30 Jahrgänge seiner Schüler vom Schadow-Gymnasium, heute sind es teilweise schon die Kinder der ehemaligen Schüler, die den Läufern und Läuferinnen aus aller Welt Getränke und Obst reichen – und Mut zusprechen. Beim  30. BERLIN-MARATHON und seinen vielen Veränderungen zog Tümmler mit seinen “Schadowern“ weg vom Wilden Eber zum Hohenzollerndamm (km 30).

Bodo Tümmler selbst lief 1973 erfolgreich einen Marathon in Berlin mit für ihn locker herausgelaufenen 2:34:73 – ohne daß er dafür ein spezielles Aufbautraining benötigte. Beim 30. BERLIN-MARATHON 2003   “testete“ er – auch ohne grosses Vorbereitungstraining – sich mal wieder selber – aber schon am Sonnabend und “auf Rollen“ – 1:52:25 lief er beim Inline-Skatemarathon, das war der 122. Rang in der Altersklasse. Das Bewegungstalent Tümmler hatte wieder sportliches Neuland betreten.

Heute Training auf dem Ernst-Reuter-Sportplatz in Zehlendorf  bei Z 88

Tümmler trifft man heute am Mo./Mi. und Freitag auf dem Ernst-Reuter-Sportplatz in Zehlendorf  bei Z 88, seinem Heimatverein, wo er die U 18/20 Mädchen des Vereins trainiert (alle Disziplinen).

Er selber hat „umgesattelt“ vom Laufen zum Werfen: Er ist Berliner Rekordler der „M 80“ im Gewichtwerfen (5 kg) und im Wurffünfkampf (Kugel, Diskus, Hammer, Speer und Gewichte)

Tümmler litt in den letzten Jahren leider auch unter schweren Krankheiten, die er aber glücklicherweise überstand – die das lockere Laufen, wie früher, nicht mehr möglich macht – , deswegen ist das „umsatteln“ zum Wurf verständlich.
Bodo Tümmler erfüllte sich nach seiner Pensionierung im Jahr 2009  seinen Läufertraum  – und flog in das Läuferland Kenia. Dort traf er auf seinen Kontrahenten und jetzigen Freund „Kip“ Keino, die beide eine lange Läuferfreundschaft verbindet.

Bodo Tümmler (lks.) und Kip Keino vor dessen Farm – Foto: Horst Milde
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag – und auch Glückwunsch zu einer deutschen Läuferkarriere, die es in sich hatte – und für die heutige Läufergeneration nachahmenswert sein sollte.
Horst Milde

author: GRR