Warum Diskuswerfer Robert Harting entspannt in die intensive Vorbereitung auf Olympia geht
Vizeweltmeister gewinnt 500 Euro beim Baumwurf – Sebastian Arlt in der Berliner Morgenpost
Der bärenstarke Mann strotzt nur so vor Selbstbewusstsein. "Die anderen können kommen und die Olympischen Spiele auch", sagt Robert Harting und lacht. Zwar sind es noch fast sieben Monate, bis die Sommerspiele in Peking beginnen, doch wenn es nach dem Berliner Diskuswerfer ginge, könnte Olympia schon sehr bald losgehen.
Denn der 22-Jährige, der bei der Weltmeisterschaft in Osaka, Japan am 28. August 2007 mit 66,68 Meter überraschend Silber gewann, fühlt sich momentan so stark wie noch nie zu dieser Zeit. "Drei Meter über dem Level" würde er zurzeit im Training mit seinen besten Würfen liegen. "So bei 64 oder 65 Meter", sagt der Sportsoldat vom SC Charlottenburg, der gerade als "Berliner Leichtathlet des Jahres 2007" ausgezeichnet wurde.
Vielleicht kann sich ein Laie, der diese Weiten nicht so richtig einschätzen kann, durch ein lebensnahes Beispiel ein besseres Bild von der Stärke des Hünen (2,02 m groß, 125 Kilogramm schwer) machen: Werfen Sie doch mal einen ausgewachsenen, Wohnzimmer füllenden Weihnachtsbaum so ganz nebenbei knapp 15 Meter weit!
"Das war kein Problem für mich", sagt Harting und erzählt, dass er mit dieser Übung erst kürzlich einen Gutschein in Höhe von 500 Euro gewonnen habe. Eigentlich war er ganz unsportlich unterwegs gewesen, hatte einem Freund beim Renovieren geholfen. Als man dann noch beim Möbelhaus Ikea vorbeifuhr, wurde dort gerade einer schwedischen Tradition folgend ein Weg- und Weitwerfen mit ausgedienten Christbäumen veranstaltet.
Der Beste hatte es bis Harting kam auf etwa neun Meter geschafft. Der Diskuswerfer, Sportsoldat in Potsdam, mutierte zum Speerwerfer ("Ein bisschen habe ich die Technik ja auch drauf"), ein Wurf, Bestweite, 500 Euro auf die Schnelle kassiert – und tschüs. So einfach wird es in Peking nicht sein, eine Medaille zu gewinnen. Bei der Weltmeisterschaft in Osaka war er noch ein talentierter Außenseiter, von dem nicht wirklich eine Spitzenplatzierung erwartet wurde. Das ist als WM-Zweiter nun anders.
Hohe Erwartungen als Bürde? "Völlig egal", erklärt Harting, der am Wochenende bei den Berlin-Brandenburgischen Hallenmeisterschaften in Potsdam als Kugelstoßer startet. Andre Niklaus, der Weltklasse-Zehnkämpfer und Hallen-Weltmeister im Mehrkampf von der LG Nike Berlin, habe ihn schon mal gewarnt, "dass ich da jetzt einen schweren Rucksack mit mir herumtragen würde". Doch wenn man unerschütterlich an die eigene Stärke glaubt, ist einem das dann "schnuppe".
Wäre doch eine Disziplin, in der Robert Harting wohl wieder sehr gute Chancen haben dürfte: Rucksack-Weitwurf.
Sebastian Arlt
Berliner Morgenpost, Freitag, dem 25. Januar 2008