Einer der Topfavoriten beim diesjährigen Gold Coast Airport Marathon: Yuki Kawauchi (Japan). ©Helmut Winter
Verliert Jörg Peter den Marathon-Weltrekord für den Monat Juli? – Am Sonntag startet die 35. Ausgabe des Gold Coast Airport Marathons an der australischen Ostküste mit einer Topbesetzung bei den Männern. Helmut Winter berichtet
Ein genauerer Blick in die Statistiken des Marathons zeigt das interessante Ergebnis, dass im Monat Juli niemand in der gesamten Geschichte einen Marathon schneller absolvierte als der Dresdener Jörg Peter im Jahr 1984. Erstaunlicher Weise hat daran auch die Heerschar ostafrikanischer Läufer in den letzten Dekaden etwas ändern können, wobei diese die Szene ansonsten fast im Monopol dominieren.
Doch obwohl in allen anderen Monaten die Afrikaner klar beherrschen, sind sie in den Monaten Juni und Juli nicht vorne zu finden. Während für den Monat Juni der Amerikaner Ron Tabb mit 2:10:54 davon profitiert, dass die Kurse in Mont Saint Michel, San Diego und Duluth nicht regelkonform sind, führt für den Monat Juli ein Deutscher seit fast 30 Jahren unangefochten die Rekordliste an.
Dabei war der Wettkampf, bei dem die 2:09:14 in Berlin-Grünau erzielt wurden, gleichfalls ein Kuriosum der Marathon-Geschichte, über das vor einiger Zeit auf dieser Webseite ausführlich berichtet wurde. Als Gegen-Olympiade zu den Spielen in Los Angeles 1984 geplant, brach das Feld der Starter für den Lauf am 21.7.1984 derart ein, dass man das Ereignis am liebsten von offizieller Seite verschwiegen hätte.
Aber auf einer extrem flachen Strecke und bei guten äußeren Bedingungen liefen Jörg Peter und Michael Heilmann unter Ausschluss der Öffentlichkeit sogar in die Nähe des damaligen Weltrekords. Die Siegerzeit war damals deutscher Rekord, den Michael Heilmann und danach wieder Jörg Peter auf 2:08:47 (Tokyo-Marathon 1987) steigerten.
Diese Bestmarke hat noch heute Bestand und hat beste Aussichten auch die nächsten Jahre zu überdauern.
Mit 2:09:14 als „Juli-Weltrekord" könnte es aber am Sonntag vorbei sein. Während Peters großartige Zeit im Juli bei der Flut von Weltklasse-Leistungen der Afrikaner in den für Höchstleistungen günstigeren Monaten bisher davon profitierte, dass die Topevents der Szene die Sommermonate meiden, dürfte es am Sonntag an der australischen Gold Coast sehr eng werden. Denn neben dem „enfant terrible" der japanischen Laufszene Yuki Kawauchi hat der Veranstalter ein Starterfeld verpflichtet, das ohne Zweifel reichhaltiges Potential besitzt, Peters Bestmarke zu unterbieten.
Bei der Pressekonferenz zum Marathon am Sonntag war vor allem auch die schnellste Zeit auf australischem Boden ein wichtiges Thema. Altmeister Rob de Castella lief im Oktober 1982 in Brisbane 2:09:18, für dessen Unterbieten die Veranstalter eine Prämie von 20.000 $ ausgelobt haben. Falls dies einem Läufer gelingt, wird er vermutlich auch unter Peters Marke bleiben und neuer „Juli-Weltrekordler" werden.
Von den Vorleistungen ist mit 2:07:43 Simon Chanchima der Topfavorit, der diese Zeit als Achter (!) im letzten Jahr in Seoul lief. Nur unwesentlich langsamer war bisher der Äthiopier Girmay Birhanu in 2:08:11 im März dieses Jahres in Rom, wo auch Samson Barmao in 2:09:47 Sechster wurde. 2012 lief er dort seine Bestzeit von 2:08:52. Dazwischen siedelt sich vom Leistungsniveau noch Yuki Kawauchi an, der im Frühjahr in Seoul 2:08:14 lief.
Für Yuki ist das allerdings der sechste Marathon des Jahres (!), und in sechs Wochen geht er schon wieder auf die Marathonstrecke, dann bei der WM in Moskau. Wie weit der Japaner bei dieser Verschwendung von Kräften am Sonntag um den Sieg mitlaufen kann, wird sich zeigen. Die Vergangenheit belegte, dass er mit normalen Maßstäben nicht zu messen ist und immer für Überraschungen gut war. Vor drei Wochen wurde er noch nach einem 50 km Lauf mit einem Hitzeschock ins Krankenhaus eingewiesen, von dem er sich aber gut erholt zeigt.
Neben dem Sieg hat Yuki auch den Streckenrekord von 2:10:01 im Visier, falls er den knackt, hätte er alle Streckenrekorde der größeren australischen Marathons in seinem Besitz. Im letzten Jahr war er gleichfalls an der Gold Coast und wurde in 2:13:26 „nur" Vierter, nachdem er schon 2012 im Vorfeld ein aberwitziges Wettkampfprogramm absolvierte. Da lief er auch in Okinoshima die 50 km in Yuki-Manier, d.h. mit vollem Einsatz bis zur totalen Erschöpfung. Seine Vorliebe für Läufe in Australien resultiert aus der Tatsache, dass die Zeitverschiebung zu Japan vernachlässigbar klein ist.
Die Wettervorhersage ist bis auf einen kräftigen Wind recht günstig, Temperaturen um 15°C zur Startzeit um 7:20 Uhr Ortszeit (23:20 MESZ) und geringe Luftfeuchte. Die Tempomacher sollen im Regime der Castella-Zeit anlaufen, womit auch die Zeit von Jörg Peter ins Blickfeld kommt.
Auch das Feld der Frauen ist in diesem Jahr sehr stark besetzt. Mit Yukiko Akaba, Eri Okubo (beide JPN), Goitetom Tesema (ETH), Alice Ngerechi (KEN) und Alevtina Ivanova (RUS) haben fünf Athletinnen Bestzeiten von 2:26 und besser.
Auch hier ist der bereits 20 Jahre alte Streckenrekord von 2:29:29 in Gefahr, vielleicht sogar der „Juli-Weltrekord" bei den Frauen, den Fatuma Roba (ETH) bei ihrem Olympiasieg am 28. Juli 1996 in Atlanta lief.
Helmut Winter
Elite der Männer
Jairus Chanchima |
KEN |
2:07:43 |
Seoul 2012 |
Girmay Birhnau |
ETH |
2:08:11 |
Rom 2013 |
Yuki Kawauchi |
JPN |
2:08:14 |
Seoul 2013 |
Samson Barmao |
KEN |
2:08:52 |
Rom 2012 |
Robert Mwangi |
KEN |
2:10:04 |
Prag 2011 |
Edwin Kiprop |
KEN |
2:10:26 |
Zürich 2013 |
Elite der Frauen
Yukiko Akaba |
JPN |
2:24:09 |
London 2011 |
Eri Okubo |
JPN |
2:26:08 |
Tokyo 2012 |
Goitetom Tesema |
ETH |
2:26:21 |
Rom 2011 |
Alice Ngerechi |
KEN |
2:26:36 |
Mailand 2001 |
Alevtina Ivanova |
RUS |
2:26:38 |
Nagano 2008 |
Helen Mugo |
KEN |
2:27:16 |
Carpi 2010 |
Die „Monats-Weltrekorde" im Marathon der Männer
Januar |
Ayele Abshero |
ETH |
2:04:23 |
27.1.2012 |
Dubai |
Februar |
Gert Thys |
RSA |
2:06:33 |
14.2.1999 |
Tokyo |
März |
James Kwambai |
KEN |
2:06:03 |
18.3.2012 |
Seoul |
April |
Duncan Kibet |
KEN |
2:04:27 |
5.4.2009 |
Rotterdam |
Mai |
Eliud Kiptanui |
KEN |
2:05:39 |
9.5.2010 |
Prag |
Juni |
Ron Tabb |
USA |
2:10:54 |
12.6.1983 |
Sydney |
Juli |
Jörg Peter |
GER |
2:09:14 |
21.7.1984 |
Berlin-Grünau |
August |
Samuel Wanjiru |
KEN |
2:06:32 |
24.8.2008 |
Beijing |
September |
Patrick Makau |
KEN |
2:03:38 |
25.9.2011 |
Berlin (WR) |
Oktober |
Wilson Kipsang |
KEN |
2:03:42 |
30.10.2011 |
Frankfurt |
November |
Geoffrey Mutai |
KEN |
2:05:06 |
6.11.2011 |
New York City |
Dezember |
Tsegay Kebede |
ETH |
2:05:18 |
6.12.2009 |
Fukuoka |
Der Gold Coast Airport Marathon/Australien:
Gold Coast Airport Marathon/Australia on sunday (7. july)