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04
10
2009

In diesem Jahr blicken wir auf zwei Jahrzehnte seit der Friedlichen Revolution und dem Fall der Mauer zurück. Diese historischen Ereignisse sind gewiss die glücklichsten Stunden in der jüngeren Geschichte unserer Stadt und unseres Landes gewesen.

Verleihung des Berliner Landesordens – Landesorden an Vertreter des Sports – Dr. Clemens Prokop, Walter Riehn, Marie Tegethoff und Dr. Jochen Zinner

By GRR 0

 Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, führte anlässlich der Verleihung des Verdienstordens des Landes Berlin am 1. Oktober 2009 im Großen Saal des Roten Rathauses u.a. aus:

Ich begrüße Sie herzlich im Namen des Senats von Berlin zu dieser Feierstunde. Im Jahr 1987, als in beiden Stadthälften 750 Jahre Berlin gefeiert wurde, hat der Senat eine Tradition begründet, die über die Wiedervereinigung hinaus Bestand hat – die alljährliche Verleihung des Verdienstordens des Landes Berlin zur „Anerkennung besonderer Verdienste um die Stadt Berlin“, wie es in der Allgemeinen Anweisung aus dem Jahr 1987 heißt.

In diesem Jahr blicken wir auf zwei Jahrzehnte seit der Friedlichen Revolution und dem Fall der Mauer zurück. Diese historischen Ereignisse sind gewiss die glücklichsten Stunden in der jüngeren Geschichte unserer Stadt und unseres Landes gewesen. Wir werden sie rund um den 9. November gebührend feiern und an diejenigen erinnern, die sie möglich gemacht haben: die Freiheits- und Bürgerrechtsbewegungen in der DDR und in ganz Mittel- und Osteuropa.

Aber die Ereignisse vor 20 Jahren sind nicht allein Geschichte. Sie haben auch enorme Energien freigesetzt und einen beispiellosen Wandel unserer Stadt ausgelöst. Einen Wandel, der kein Selbstläufer war, sondern von Menschen gemacht wurde. Ein Aufbruch in die Zukunft, in dem doch Geschichte lebendig blieb. Ein Prozess, der nicht geradlinig verlief, aber vielleicht gerade deswegen Berlin für so viele Menschen weltweit zum „place to be“ werden ließ.

Zu den herausragenden Qualitäten Berlins zählt heute zweifellos das Profil der Stadt als Sportmetropole. Der Sport hält Berlin in Bewegung, indem die Menschen sich sportlich betätigen, sich in den Vereinen engagieren, der eigenen Gesundheit dienen und zugleich das Zusammenleben in Berlin fördern. Aber der Sport ist auch ein bedeutender Imagefaktor für unsere Stadt.

Und das konnten wir in diesem Jahr bei der Leichtathletik Weltmeisterschaft wieder spüren. Wir ehren daher heute im ersten Teil dieser Feierstunde Frauen und Männer, die sich um die Sportmetropole Berlin verdient gemacht haben. Anschließend kommen wir zu Persönlichkeiten, deren Verdienste in anderen Bereichen liegen.

Die Bilder der Leichtathletik-Weltmeisterschaft sind uns allen noch in guter Erinnerung. Die sagenhaften Rekorde des Usain Bolt, der mit Leistung und Show die Menschen begeisterte, die bewundernswert kämpferische Leistung von Jennifer Oeser, die sich die Silbermedaille im Siebenkampf trotz eines Sturzes im abschließenden 800 m Lauf eroberte, die menschliche Größe, mit der Jelena Issinbajewa ihre Niederlage im Stabhochsprung akzeptierte. Es waren zehn wunderbare Tage für den Sport und für Berlin. Ein fachkundiges und begeisterungsfähiges Publikum trug entscheidend dazu bei, die sportlichen Wettbewerbe zu einem Event zu machen. Die Sportlerinnen und Sportler dankten es mit Bestleistungen und packenden Wettkämpfen.

Viele haben zu dem großen Erfolg der Leichtathletik-WM beigetragen, einer aber ganz besonders: Dr. Clemens Prokop. Er hat im Jahre 2001 sein Amt als Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes angetreten und seitdem mit Beharrlichkeit, Kenntnisreichtum und Charme dafür gesorgt, dass diese traditionsreiche olympische Kernsportart ihren hohen Stellenwert halten konnte – und sie in Zukunft vielleicht wieder auszubauen vermag.

Als ehemaliger Leistungssportler, der es im Mehrkampf in den siebziger Jahren zu einer Berufung in die Nationalmannschaft brachte, weiß er, wie Sportler denken, was sie brauchen und was nicht. Als examinierter Jurist mit Berufserfahrung als Staatsanwalt und Richter stellte er dem Deutschen Leichtathletik-Verband schon früh seinen rechtskundlichen Erfahrungsschatz zur Verfügung. Nach seiner Tätigkeit als dessen Rechtswart von 1993 bis 1997 amtierte Dr. Prokop zunächst als Vizepräsident Recht des DLV, bevor er dann 2001 an die Spitze des Verbandes rückte.

Von den vielen Ämtern, die Dr. Prokop im Laufe seiner Karriere im Spitzensport bekleidete, möchte ich vor allem seine Tätigkeit in der Anti-Doping-Kommission des Europäischen Leichtathletik-Verbandes hervorheben. Der Kampf gegen Doping ist zu einer dauerhaften Aufgabe im gesamten Spitzensport geworden. Dass der Deutsche Leichtathletik-Verband in diesem Kampf eine Vorreiterfunktion innehat, ist nicht zuletzt dem Wirken von Dr. Prokop zu verdanken.

Die Vorbereitung einer Leichtathletik-Weltmeisterschaft ist eine gewaltige Aufgabe. Das drittgrößte Sportereignis der Welt nach Olympischen Spielen und Fußball-WM verlangt organisatorische Höchstleistungen. Dr. Prokop hat als geschäftsführender Präsident Local Organizing Commitee und als Vorsitzender des Aufsichtsrates des BOC entscheidend dazu beigetragen, die Leichtathletik-WM zu einem Fest des Sportes und zu einer Werbung für Berlin zu machen.

Dr. Clemens Prokop, ich freue mich, Ihnen den Verdienstorden des Landes Berlin aushändigen zu dürfen.

Ohne die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer lassen sich sportliche Großereignisse nicht bewältigen. 3.000 von ihnen, genannt Volunteer, trugen dazu bei, dass die Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2009 in Berlin zu einem großartigen Erlebnis für Sportler und Zuschauer wurde. Sie hielten den direkten Kontakt zu Sportlern, Zuschauern und Funktionären, sie prägten wesentlich den Eindruck der Gäste von den Sportveranstaltungen und sie schufen erst die Atmosphäre, die ein großes Sportereignis unvergesslich werden lässt.

Das alles geht nur mit großem Engagement. Die Volunteers haben die WM in ihrer Freizeit unterstützt, sie haben Schulungen absolviert, sie haben ohne Bezahlung gearbeitet. Sie haben auf der anderen Seite auch die vielen schönen Seiten des Sportes erlebt, die Atmosphäre im Stadion, die Gemeinschaft mit den vielen anderen Volunteers.

Das Verbindende des Sports gilt auch für den Bereich der freiwilligen Helfer. Menschen unterschiedlichen Alters, Geschlechts und unterschiedlicher Herkunft haben gemeinsam ein Ziel verfolgt: Sportlern und Zuschauern zehn wunderbare Tage zu bereiten. Das ist Ihnen ausgezeichnet gelungen. Stellvertretend für alle möchte ich zwei von ihnen zum Dank mit dem Verdienstorden des Landes auszeichnen.

Walter Riehn war der älteste Volunteer bei der Leichtathletik-WM. Als Fahrer für Funktionäre, Sportler und Sponsoren sorgte er für Mobilität und reibungslose Abläufe. Der Sport hat es ihm ohnehin angetan. Seit 2005 hilft er beim Berlin-Marathon als Streckenposten.

Die jüngste unter den Volunteers war Marie Tegethoff. Sie war im Besucherservice tätig und betreut darüber hinaus ehrenamtlich junge Turnerinnen in ihrem Turnverein LG-Nord.

Die eine ist 16, der andere 75 – beide haben sie außerhalb des Rampenlichtes freiwillig und gerne Verantwortung übernommen und einen großen Beitrag zum Gelingen der Leichtathletik-Weltmeisterschaft geleistet. Stellvertretend für die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer darf ich Sie beide nun zu mir bitten, um Ihnen den Verdienstorden des Landes Berlin zu übergeben.

Wenn der Sport eine herausgehobene Stellung bei der diesjährigen Verleihung der Verdienstorden einnimmt, so hat das nicht allein mit der Leichtathletik-Weltmeisterschaft zu tun. Der Anspruch Berlins, zu den weltweit führenden Sportstädten zu gehören, weist über die Leichtathletik hinaus.

Dr. Jochen Zinner hat sein Berufsleben – und nicht nur das – in den Dienst des Sports gestellt. Dem Studium der Mathematik folgte 1981 die Promotion an der Deutschen Hochschule für Körperkultur in Leipzig. Thema: „Computergestützte Verfahren zur Leistungsdiagnostik“. Wie programmiert verlief auch seine weitere berufliche Karriere: 1990 als Mitarbeiter des Olympiastützpunktes Berlin eingestellt, wurde er nur vier Jahre später Stellvertreter des damaligen Stützpunktleiters, um 1995 selbst auf den Chefsessel zu rücken. Dr. Zinner ist anerkannter Fachmann und moralische Autorität zugleich. Und diesen reichen Fundus an Erfahrungen und Kompetenz stellt er nun, nach dem Eintritt in den Ruhestand, in den Dienst der in Lichtenberg beheimateten Hochschule für Gesundheit und Sport und der dort angesiedelten Ausbildung von Trainern.

Der olympische Gedanke manifestiert sich sozusagen in seiner Person. Respekt vor der Leistung der Athleten, Achtung vor dem Menschen und ein ausgeprägter Wille, gemeinsam mit den Athleten erfolgreich zu sein, waren und sind für ihn Maßgabe des Handelns. Seine Arbeit ist erfolgreich. Auch das Land Berlin hat nicht unerheblichen Aufwand betrieben, um den Athleten optimale Sportanlagen zu bieten. Aber mit der von Dr. Zinner zu verantwortenden hervorragenden methodischen und trainingswissenschaftlichen Betreuung der Athleten wurde ein idealer Rahmen zur Leistungsoptimierung und damit für die internationale Konkurrenzfähigkeit vieler Berliner Sportler geschaffen.

Dr. Zinner war und ist immer ansprechbar für seine Athleten und nun für seine Studierenden. Denn er weiß: Leistung bedarf eines harmonischen Umfeldes. Zudem entspricht dies seinem Verantwortungsethos. Er fühlt und denkt mit seinen Sportlern, das macht ihn fachlich erfolgreich und menschlich beliebt.

Und wir brauchen Dr. Zinner auch in Zukunft. 2006 hatten wir die Fußball-WM zu Gast in Berlin, in diesem Jahr war es die Leichtathletik-WM, da kann noch was nachkommen. Ein guter Olympiastützpunkt ist dafür ebenso wichtig wie exzellente Nachwuchstrainer. Und wo die sind, ist auch Platz für Olympische Spiele. Dr. Zinner, ich bin sicher, dass Ihnen diese Vision gefällt, und freue mich, Ihnen nun den Verdienstorden des Landes Berlin übergeben zu dürfen.

author: GRR

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