Rennsteiglauf - Foto: Sascha Fromm / DIGITAL
Unter dem Radar des Thüringer Tourismus – Am 13. Mai 2023 findet der 50. GutsMuths-Rennsteiglauf statt. Dr. Hans-Georg Kremer
Im Schatten der Oberhofer Rodel- und Biathlon-WM 2023, für die im Vorfeld viele Millionen in Infrastruktur, Werbung usw. investiert wurden, bereiten sich die Organisatoren des GutsMuths-Rennsteiglaufs auf ihr großes Jubiläum vor.
Am 13. Mai 2023 findet der 50. GutsMuths-Rennsteiglauf statt.
Es ist die größte und älteste Breitensportveranstaltung Thüringens, die bisher weit über eine halbe Millionen Läuferinnen und Läufer, Nordic-Walker und Wanderer in den Thüringer Wald gezogen hat. Dazu kamen noch mal mindestens die doppelte Zahl an Zuschauern, Betreuern und Familienangehörigen.
Der GutsMuths-Rennsteiglaufverein e. V., als „Besitzer“ des Laufs, hatte für Ende November seine über 1100 Mitglieder zur Mitgliederversammlung und Wahl des Präsidiums an die Landessportschule nach Bad Blankenburg eingeladen. Die erste reguläre Mitgliederversammlung nach Corona war mit über 150 Mitgliedern gut besucht. Was dabei auffiel war eine deutliche Verjüngung der Teilnehmer, was auch schon am Vorabend der Mitgliederversammlung in einer Diskussionsrunde spürbar wurde.
Unter der Überschrift: „Der Rennsteiglauf im Zwiespalt zwischen Tradition und Commerz“, gab es eine breite Diskussion der fast 100 anwesenden Mitglieder und Organisatoren. Dabei zeigte sich in der Diskussion durchgängig, dass auch für die jüngere Generation die Traditionen des Rennsteiglaufs, seine Besonderheiten und Rituale, die teilweise noch aus den 1970er Jahren stammen, ein nicht wegzudenkendes Markenzeichen und Alleinstellungmerkmal sind. Gut geführt vom Diskussionsleiter Jens Panse (Vereins-Präsidiumsmitglied), konnte die auf dem Podium platzgenommenen Sandra Voigtmann (Rennsteigläuferin, bekannt auch als „Wetterfee“ vom MDR-Thüringen), Jürgen Lange als Präsident des Vereins, Dr. Hans-Georg Kremer (einer der Gründerväter, der 2023 seinen 50. Rennsteiglauf absolvieren will) und Adrian Panse (der schon mehrfach unter den Top ten in den Ergebnislisten des Rennsteiglaufs zu finden war), mit ihren Eingangsstatemets eine breite Diskussion anregen.
Nach den Ausführungen des Präsidenten, der auf die generell veränderten Teilnehmerzahlen z. B. bei den Marathonläufen in Deutschland hingewiesen hatte, wurde in der Diskussion u. a. die Befürchtung geäußert, dass zwar zum 50. GutsMuths-Rennsteiglauf 2023 mit einem guten Meldeergebnis zu rechnen sei, aber unter Umständen mit einem stärkeren „Einbruch“ zum 51. gerechnet werden muss. Besonders die ständig wachsende Zahl der Traditionsläuferinnen und –läufer, die schon mindestens 25mal dabei waren, haben inzwischen einen Altersdurchschnitt erreicht, bei dem man nicht davon ausgehen kann, dass sie auch zukünftig immer wieder zum Rennsteiglauf kommen, bzw. kommen können.
Andererseits sind es gerade die „Dauermitläufer“, die die besten Werber für den Rennsteiglauf sind. Im Freundes- und Familienkreisen wird für den Lauf geworben und werden auch immer neue Starter gewonnen. In einer Familienstatistik von 2015 konnten über 50 Familien erfasst werden, die zusammen 174 Familienangehörige mit 3300 Rennsteigläufen aufwiesen. Spitzenreiter war damals Jürgen Hedicke aus Halle, aus dessen Familie über drei Generationen 14 Personen 213 Mal bei Rennsteigläufen an den Start gegangen sind. Nach der neuesten Meldung vom November 2022 liegt der Familienverband-Hedicke inzwischen bei über 300 Rennsteiglaufteilnahmen.
Hier gibt es auch noch für den Rennsteiglaufverein wertvolles Potential, indem man solche Besonderheiten stärker in die Öffentlichkeitsarbeit einbezieht. Auch ist die Nutzung der über 50 Namenträger „Gutsmuths“ bzw. der direkten Nachfahren des Namenspatrons des Laufs, die in Deutschland leben, ein „ungehobener“ Schatz. Bereits 1975 tauchte mit Gerd Gutsmuths erstmals ein Verwandter des Namensgebers als Starter auf. 1996 war es zum Beispiel gelungen, über 30 Namenträger nach Schnepfenthal einzuladen, die zum großen Teil dann beim Rennsteiglauf mitgewandert sind. Gwendolin Gutsmuths hat inzwischen 31 Rennsteiglaufteilnahmen auf ihrem Konto.
Einer der Hauptkritikpunkte, nicht nur in Vorbereitung auf den 50. GutsMuths-Rennsteiglauf, war die fehlende Unterstützung durch die Vereine und Verbände, die sich mit dem Thüringer Tourismus und seiner Vermarktung beschäftigen. Das verwundert insofern, da doch nach unterschiedlichen Berechnungen der GutsMuths-Rennsteiglaufs jährlich zu einer Wertschöpfung und Werbung zwischen 5-10 Mio. € für Thüringen führt. Auf 30 Jahre hochgerechnet, ergibt dies ein ansehnliches Sümmchen von mindestens 150 Millionen. Allein die Zahl der jährlich erscheinenden Zeitungsartikel zum Rennsteiglauf, den Fernsehbeiträgen leider fast nur im MDR, Zeitschriftenartikel, Büchern und Auftritten in den neuen Medien sind von unschätzbarem Wert. In über 300 Büchern und Fachzeitschriftenartikeln geht es um den Rennsteiglauf, sowie über 7000 Artikel in Tageszeitungen konnten bisher in einer Bibliographie erfasst werden.
Neben dem GutsMuths-Rennsteiglauf organisiert der Verein noch weitere Lauf-, Wander- und Radsportevents, wovon der Rennsteig-Staffellauf sicher die spektakulärste Veranstaltung ist.
Besondere Nutznießer sind auch sonst natürlich die Hotels und Gaststätten im Umfeld der Start- und Zielorte. Einige haben dies lange erkannt und erhöhen schon mal für das Rennsteiglaufwochenende ihre Preise oder bieten nur noch Übernachtungspakete von mehreren Tagen an. Ein Rücklauf an die Organisatoren ist bisher kaum festzustellen. Ja nicht mal ein Großteil der Fremdenverkehrsämter in vielen Ortschaften der Rennsteigregion werben für den Rennsteiglauf!! Ausschreibungen für den Lauf sucht man vergeblich, was auch in der Sportschule des Landessportbundes in Bad Blankenburg festzustellen war. Auf einschlägigen Homepages der Tourismusbranche muss man lange suchen, um überhaupt den Rennsteiglauf zu finden. Auch der Landessportbund bekleckert sich hier nicht mit Ruhm!
Durch Werbung in den einzelnen Fremdenverkehrsämtern in der Region, ja eigentlich in ganz Thüringen könnte man sicher den einen oder anderen „Neustarter“ gewinnen. Wichtiger wären aber spezielle „Pakete“ mit Anreise, Übernachtungen, Transfer zu den Start- und Zielorten, zu den legendären Rennsteiglauf-Partys usw., was helfen könnte, um „Neulinge“ besonders aus dem Ausland, die etwas aufwändige Logistik für eine Teilnahme zu erleichtern. Es stellt für den Ortsunkundigen schon eine Hürde dar, wenn man dies alles selber organisieren muss.
Unter den Laufreiseanbietern sticht Schulz-Reisen mit einem Angebotspaket zum Rennsteiglauf heraus, welches immerhin z. Z. auf 159 Buchungen für den 50. Rennsteiglauf verweisen kann. Wagners Sporthotel in Oberhof hat zumindest einen entsprechenden Link zum Rennsteiglaufmeldeportal auf seiner Homepage.
Was die Werbung von ausländischen Teilnehmer bzw. Interessenten angeht, ist das Feld eher unbestellt. Galt der Rennsteiglauf doch mal als größter Crosslauf Europas und hatte in Verbindung mit dem legendären „100km von Biel“ eine Europacupwertung ins Leben gerufen, die zumindest unter Ultra-Läufern auf einen Interessentenkreis stieß. Dieser Werbefaktor ist seit Jahren sanft entschlummert. Die Teilnehmerzahlen beim Rennsteiglauf aus dem Ausland, die auch in der Vergangenheit kam über 300 lag, sind eher bescheiden.
Die Ankurbelung und Nutzung des Tourismuspotentials kann aber nicht Aufgabe des GutsMuths-Rennsteiglaufvereins sein. Der Verein und sein neu gewähltes 16-köpfigen Präsidium, welches jetzt mit über einem Drittel neuer und junger Mitglieder das Vertrauen der Mitglieder bekommen hat, hat genügend organisatorische Aufgaben für die kommende dreijährige Amtszeit.
Da steht u. a. bei der Mitgliedergewinnung eine wichtige Aufgabe vor dem wiedergewählten Präsident Jürgen Lange, dem Präsidium und allen Vereinsmitgliedern auf der Tagesordnung. Nicht nur auf die älteren Traditionsläuferinnen und –läufer will Jürgen Lange setzen, sondern er möchte auch eine Verjüngung des Altersdurchschnitts der Mitglieder erreichen.
Dr. Hans-Georg Kremer
Ziegenhainer Str. 77
07749 Jena
Tel.: 03641-363094
WSV ProSeniores e.V.
Vorsitzender
Vereinskonto bei der Flessabank
IBAN: DE97 7933 0111 0002 3408 12