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2008

Das Wissen um die am Ende zu bewältigende Bergaufpassage war nicht die einzige Schwierigkeit, die den Ultraläufern den Weg zum Ziel erschweren sollte.

Ultrahärte unter italienischer Sonne bewiesen – Volkmar Mühl berichtet – Rund 190 Ultraläuferinnen und Ultraläufer begaben sich in Tuscania um 10 Uhr auf die klassische Ultradistanz

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Beim am vergangenen Samstag 80 Kilometer nördlich von Rom (Italien) ausgetragenen 100-Kilometer-Weltcup mit gleichzeitiger Europameisterschaft errangen die deutschen Frauen die EM-Bronzemedaille, im Weltcup wurde Rang fünf erzielt. Die deutschen Männer kamen in beiden Wertungen auf Platz vier.

 Rund 190 Ultraläuferinnen und Ultraläufer begaben sich in Tuscania um 10 Uhr auf die klassische Ultradistanz, die diesmal aus einer Mischung von Punkt-zu-Punkt-Strecke und Rundkurs bestand. Zunächst waren rund 37 Kilometer am Stück zurückzulegen, danach gingen die Läufer auf einen 14 Kilometer langen Rundkurs. Dieser war viermal zu laufen, bevor ein Schlussstück von drei Kilometern zum Ziel im historischen Zentrum von Tarquinia führte.

Die rund 15.000 Einwohner zählende Kleinstadt, malerisch in der Provinz Viterbo rund 95 Kilometer nordwestlich von Rom gelegen, weist allerdings eine deutliche Höhenlage auf. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bedeutete dies ein sogenanntes “Uphill-Finish“ mit einem äußerst kräftezehrenden Anstieg insbesondere auf dem letzten Kilometer.

Das Wissen um die am Ende zu bewältigende Bergaufpassage war nicht die einzige Schwierigkeit, die den Ultraläufern den Weg zum Ziel erschweren sollte. Bereits zur Startzeit schien die Sonne kräftig und im Laufe des Vormittags entstand eine unangenehme Schwüle, die den Teilnehmern bereits vor dem Einbiegen in die 14 Kilometer-Runde zu schaffen machen sollte.

Keine flache Strecke

Hinzu kam, dass es sich nicht gerade um eine flache Strecke handelte. Stetige Wellen und kleinere heftige Anstiege erstickten die Aussichten auf schnelle Zeiten schon frühzeitig im Keim, ein auf einem Teilabschnitt der 14 Kilometer-Runde heftiger Gegenwind machte es den Läufern anschließend schwer, den im Idealfall gleichmäßigen Rhythmus möglichst konstant einzuhalten.

Die Spitze schien davon jedoch, zumindest im Laufe der ersten Rennhälfte, nicht beeindruckt. Kilometer 54 wurde vom führenden Giorgio Calcaterra in 3:32:50 Stunden zurückgelegt, trotz der schwierigen Rahmenbedingungen war der Italiener somit auf einem Kurs, der auf eine Endzeit unter 6:40 Stunden hindeutete. Nur wenige Meter zurück folgte der international weitgehend unbekannte Finne Anssi Raittila vor Routinier Jaroslav Janicki aus Polen.

Bei den Frauen lag mit Tatyana Zhyrkova die Weltmeisterin des Jahres 2004 mit einer Durchgangszeit von 3:57:15 Stunden vorne, dicht gefolgt von Hiroko Sho aus Japan und der Russin Irina Vishnevskaia, ebenfalls dabei war Monica Carlin aus Italien nur wenige Meter zurück.

Hinter den Führenden

Die deutschen Männer befanden sich zu diesem Zeitpunkt rund zwanzig Minuten hinter der Spitzengruppe. Michael Sommer (EK Schwaikheim) lag in etwa auf Platz 55, Helmut Dehaut (VT Zweibrücken), Jörg Hooß (LTF Marpingen) und Thomas König (SuL Lößnitz) lagen in dieser Reihenfolge insgesamt nur rund drei Minuten auseinander, Karlheinz Wild (TLV Rangsdorf) folgte mit zehnminütigem Abstand, wiederum acht Minuten vor Rainer Koch (LG Würzburg).

Birgit Schönherr-Hölscher (Foto: Mühl)

Bei den deutschen Frauen hatte sich Birgit Schönherr-Hölscher (PV Tria Witten) auf Platz 17 an der zunächst das deutsche Frauenteam anführenden Branka Hajek (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) vorbeigeschoben und ging Kilometer 54 in 4:18:20 Stunden durch. Eine Minute dahinter folgte Dorothea Frey (EK Schwaikheim) vor Branka Hajek, zwei Minuten dahinter liefen Tanja Hooß (LTF Marpingen) und Simone Stöppler (SSC Hanau-Rodenbach) Seite an Seite, Marion Braun (SV Germania Eicherscheid) folgte vier Minuten dahinter mit deutlichem Abstand vor Antje Schuhaj (TV Jahn-Kempten).

Barbara Mallmann (LG Ahlen) kämpfte schon frühzeitig mit Magenproblemen, die sich so sehr verstärkten, dass ein Weiterlaufen nur mit einem um rund eine Minute pro Kilometer verlangsamten Tempo möglich war. Unter diesen Umständen machte eine weitere Wettkampfteilnahme keinen Sinn und so stieg sie nach 54 Kilometern enttäuscht aus.

Geteiltes Schicksal

Das gleiche Schicksal ereilte Thomas König: Nach zwei Dritteln des Rennens setzten Probleme mit der Oberschenkelmuskulatur ein, die zunächst massiv auf das Tempo drückten und schließlich bei Kilometer 69 eine weitere Wettkampfteilnahme unmöglich machten. So musste auch er den Wettkampf vorzeitig beenden.

Richtig hart wurde es nun für alle Läuferinnen und Läufer, denn die Rahmenbedingungen forderten ihren Tribut. Bei den deutschen Männern kamen Michael Sommer und Helmut Dehaut am besten zurecht und konnten ihr Tempo in etwa halten, Jörg Hooß hatte auf den letzten Kilometern infolge Dehydrierung durch die Hitze erhebliche Probleme mit Muskelkrämpfen, musste sogar einige Gehpausen einlegen und büßte dadurch mehrere Minuten ein. Karlheinz Wild konnte seinen Rhythmus halten, während Rainer Koch, bei dem schon ab Kilometer 35 Probleme aufgetreten waren, immer weiter zurückfiel.

In dieser Reihenfolge liefen die deutschen Männer auch ins Ziel ein: Michael Sommer belegte mit 7:10:47 Stunden Rang 11 (EM 10.), Helmut Dehaut kam in 7:21:26 Stunden auf Platz 17 (EM 13.), Jörg Hooß erreichte mit 7:27:40 Stunden Platz 24 (EM 19.), Karlheinz Wild kam mit 7:41:44 Stunden auf Rang 34 (EM 25.) und Rainer Koch schließlich belegte in der Gesamtwertung des Weltcup Rang 63 mit 8:38:26 Stunden (EM 49.).

Zu bekämpfende Probleme

Auch die DLV-Frauen hatten mit teilweise gravierenden Problemen zu kämpfen. Während Birgit Schönherr-Hölscher ihren Rhythmus auch im letzten Drittel ohne Probleme halten konnte, traten bei Dorothea Frey schon ab Halbzeit erhebliche Magen-Darm-Probleme auf, die das Tempo deutlich drückten. Erst auf der letzten Runde fing sie sich wieder etwas und war am Ende froh, überhaupt gefinisht zu haben (8:41:21 h, Platz 28; EM 19.).

Auch Branka Hajek setzte die Hitze sichtbar zu, zudem waren schon nach 30 Kilometern ungewohnte Schmerzen am Fuß aufgetreten. Gottlob verschwanden die Probleme nach zwei Renndritteln aber wieder und sie schaffte es schließlich beinahe noch, die ihr zwischenzeitlich enteilte Tanja Hooß einzuholen. Diese hatte sehr zurückhaltend begonnen, konnte ihr Tempo auch im letzten Drittel noch gut halten und arbeitete sich damit immer weiter nach vorne. Erst die eingangs der letzten Runde einsetzende Dunkelheit machte ihr zu schaffen, dieses Problem sollte aber alle Wettkampfteilnehmer gleichermaßen betreffen.

Ohne Schwierigkeiten

Ebenfalls ohne besondere Schwierigkeiten konnte Simone Stöppler ihr Rennen gestalten, während Marion Braun ab Kilometer 80 Probleme mit einem ausgerenkten Halswirbel bekam, der zu einer unangenehmen Kopfhaltung zwang. Eisern zog sie ihr Rennen durch und ließ sich vom Team-Physiotherapeuten Oliver Leu erst nach dem Zieleinlauf helfen.

Wohl etwas zu flott im Weltklassefeld angegangen war Antje Schuhaj und musste ihr Tempo daraufhin zwischendurch ein wenig reduzieren. Sie überstand die Schwächephase aber, fing sich wieder und konnte auf der letzten Runde fast wieder das geplante Tempo einschlagen.

Somit ergab sich für die Frauen folgende Zieleinlaufreihenfolge: Birgit Schönherr-Hölscher belegte mit 8:14:59 Stunden Rang 14 (EM 7.), es folgte Tanja Hooß mit 8:27:32 Stunden auf Rang 17 (EM 10.) vor Branka Hajek mit 8:28:03 Stunden auf Rang 19 (EM 12.), Simone Stöppler (Platz 25 in 8:38:24 Stunden; EM 17.), Marion Braun (Platz 18 in 8:38:29 Stunden; EM 18.), Dorothea Frey und Antje Schuhaj (Rang 31 in 8:48:43 Stunden; EM 19.).

Italienischer Sieger

Den Sieg bei den Männern errang Giorgio Calcaterra in der Weltklassezeit von 6:37:41 Stunden vor Jaroslav Janicki, der mit  6:40:04 Stunden angesichts der schwierigen Bedingungen ebenfalls eine sehr starke Leistung bot, Dritter wurde der Spanier Miguel Jimenez mit 6:53:44 Stunden.

Bei den Frauen siegte unangefochten Tatyana Zhyrkova mit einer ebenfalls außergewöhnlich starken Leistung von 7:23:33 Stunden vor Kami Semick in 7:33:58 Stunden und Monica Carlin mit 7:35:38 Stunden.

Volkmar Mühl

In den Teamwertungen kam es zu folgenden Resultaten:

Weltcup

Männer
Italien        20:35:26 h    (Platz 1 EM)
Frankreich    21:44:40 h    (Platz 2 EM)
Spanien    21:49:07 h    (Platz 3 EM)
Deutschland      21:59:53 h    (Platz 4 EM)

Frauen
Russland    22:58:51 h    (Platz 1 EM)
USA        23:28:21    
Japan        23:42:11    
Italien        24:32:31       (Platz 2 EM)
Deutschland     25:39:43       (Platz 3 EM)

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