Überraschungssieger in Bietigheim – Wilfried Raatz berichtet

Offen wie selten war die Frage nach den Siegern beim Bietigheimer Silvesterlauf, nach 11,1 Kilometern wussten sich jedoch mit Rico Schwarz (ASV Erfurt) und Jana Southout (LG Telis Finanz Regensburg) zwei Läufer in einer beeindruckenden Überlegenheit feiern lassen, die zuvor keineswegs erwartet werden konnte.

Mit 3662 Meldungen gab es bei der 32. Auflage des Silvesterlaufes vor den Toren der württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart nicht nur eine überzeugende Beteiligung, sondern auch eine begeisternde Kulisse vor allem in den Passagen der Bietigheimer Altstadt, aber auch im langen Dieleinlauf am Viadukt in den Enzauen.

„Nach einem schwachen halben Jahr war dies heute ein richtig guter Wettkampf“, freute sich Rico Schwarz über einen versöhnlichen Jahresabschluss. „Meine Beine haben sich frisch gefühlt und das Tempo war am Anfang richtig angenehm. Ich habe mein Rhythmus schnell gefunden und bin einfach mein Rennen gelaufen, ohne auf die Konkurrenz zu achten!“ freute sich der 24jährige Thüringer über seinen deutlichen Erfolg mit einem Vorsprung von 34 Sekunden vor Markus Weiß-Latzko (LAV Stadtwerke Tübingen) und weiteren dreißig Sekunden vor dessen jungem Vereinskollegen Clemens Bleistein.

Die Arbeit seines neuen Trainers Dieter Herrmann trägt offensichtlich erste Früchte, denn die Lauffreude war dem Erfurter sichtlich anzumerken, aber auch die Erleichterung, dass es wieder rollt. Mit dem Erfurter Erfolgstrainer steht allerdings noch eine interne Diskussion an, denn während Herrmann seinen neuen Schützling gerne über die Hindernisse sehen würde, möchte Rico Schwarz vor allem seine 5000 m-Möglichkeiten ausschöpfen. „Da sehe ich in erster Linie noch Potential!“

Hinter dem 5000 m-Mann Schwarz freute sich mit Markus Weiß-Latzko der DLV-Jahresfünfte über die Marathondistanz über seinen ersten Podestplatz, nachdem er im Vorjahr in einem dramatischen Sprintfinale als Vierter ins Ziel eingelaufen war. „Ein Sieg in Bietigheim ist natürlich schon etwas tolles, damit habe ich angesichts des Starterfeldes schon etwas geliebäugelt. Und bin auch deshalb sehr offensiv angegangen. Aber Rico war hinten heraus wahnsinnig stark. Ich habe hinten heraus etwas gelitten, aber es hat ja gut auf das Treppchen gereicht!“ Mit Clemens Bleistein schaffte der deutsche U 23-Vizemeister über 10.000 m als Dritter im sechsten Anlauf endlich den Sprung auf einen Podestplatz – und blickt im Überschwang seiner Freude über den tollen Auftritt weit voraus: „Meine Karriere werde ich erst dann beenden, wenn ich diesen Bietigheimer Silvesterlauf einmal gewonnen habe!“

Das Nachsehen gegen diesen Jungspund hatten Etablierte wie der dreifache Sieger Sebastian Hallmann (LG Stadtwerke München) oder den Vorjahressieger Julian Flügel (LG Telis Finanz Regensburg), der seit einem dreiviertel Jahr mit erheblichen Knieproblemen nur bedingt belastbar ist. Rang sechs sicherte sich der 25jährige Hindernisspezialist Michael Wilms (LG Stadtwerke München) vor dem fünffachen deutschen Berglaufmeister Tilo Zeiler (LG Brandenkopf).

Ihre vorläufige Abschiedsvorstellung in Deutschland hätte sich Jana Southout nicht gelungener vorstellen können, denn bereits in zwei Wochen geht die 23jährige Kölnerin im Trikot der LG Telis Finanz Regensburg zum Sportmanagement-Studium nach San Francisco. „Es war keinesfalls meine Taktik, das Rennen im zweiten Abschnitt von vorne weg zu laufen. Eigentlich bin ich eine eher vorsichtige Läuferin, aber es lief einfach sehr gut. Mit 38:13 Minuten lag Jana Southout 33 Sekunden vor Katharina Heinig (LG Eintracht Frankfurt), die sich nach vielen Starts in Trier für einen „Tapetenwechsel“ zum Jahreswechsel entschieden und stattdessen in Bietigheim zugesagt hatte. „Dieser Silvesterlauf ist eine attraktive Alternative. Da komme ich gerne wieder!“

Lange Zeit lief die erst 15jährige Alina Reh (TSV Erbach) mit viel Mut zum Tempo auf Rang zwei, musste dann allerdings in der Schlussphase der den Langstrecken zugeneigten Katharina Heinig diesen Platz überlassen. Dennoch war die schnellste U 16-Läuferin Europas über 3000 m sehr zufrieden mit ihrem Abschneiden: „Eigentlich kann ich es nicht recht glauben, was heute passiert ist“, gestand die Schülerin aus der Nähe von Ulm, die sich gerne für die U 18-WM 2013 in Donezk qualifizieren möchte.

Veronika Pohl (LG Bayer Leverkusen), die Zweite des Silvesterlaufes 2010, musste diesmal mit Rang vier zufrieden sein, bei allerdings fast zwei Minuten Rückstand auf Jana Southout. Fünfte wurde Simone Raatz (LSG Karlsruhe), die einen Tag nach ihrem Sieg beim Silvesterlauf in Rheinstetten-Forchheim erstaunliche Steherqualitäten verriet und zugleich auch Siegerin der W 35-Klasse wurde.

Wilfried Raatz