Richard Ringer - "Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet", blickt Richard Ringer immer wieder erstaunt auf das Ergebnis mit den Resultaten des Männerrennens bei den Cross-Europameisterschaften in Belgrad. Der Friedrichshafener 5000 m-Spezialist holte Platz um Platz auf - und hatte plötzlich die Top 6 vor sich. " ©Jens Priedemuth
U 20-Juniorinnen holen einzige Cross-Medaille in Belgrad – Richard Ringer wird Siebter – Team schafft mit Rang fünf das beste Resultat bislang – Europäer mit afrikanischen Wurzeln bestimmen die Männer-Konkurrenz – Wilfried Raatz berichtet
"Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet", blickt Richard Ringer immer wieder erstaunt auf das Ergebnis mit den Resultaten des Männerrennens bei den Cross-Europameisterschaften in Belgrad. Der Friedrichshafener 5000 m-Spezialist holte Platz um Platz auf – und hatte plötzlich die Top 6 vor sich. "
Diesen siebten Platz kann ich überhaupt nicht einordnen, dazu sind die Eindrücke noch zu frisch! Da ist selbst eine Medaille nicht mehr außer Reichweite!" Und dies gilt sogar auch für die Männermannschaft, denn mit Richard Ringer, Philipp Pflieger (14.), Steffen Uliczka (17.) und Jannis Töpfer (32.) sammelten die DLV-Langstreckler 69 Punkte, durften mit Rang fünf hinter Spanien (31), Belgien (49), Groß-Britannien (60) und Frankreich (66) ebenso zufrieden sein wie mit der Gewissheit, dass man den Anschluss an die führenden Nationen Europas gefunden hat.
Und Wolfgang Heinig, der Leitende Bundestrainer Langstrecke, spannte sogleich einen Bogen über die gesamten Titelkämpfe im Park der Freundschaft in der serbischen Hauptstadt: "Mit der Bronzemedaille der U 20-Junioren hat es sehr schön angefangen, mit Rang fünf bei den Männern hat es ebenso schön aufgehört. Aber wo Licht ist, da ist auch verständlicher Weise auch Schatten. Und daran müssen wir in der Zukunft arbeiten!"
Während an der Spitze des 10 000 m langen Männerrennens mit Alemayehu Bezabeh (Spanien), Polan Kemboi Arikan (Türkei), Hassan Chahdi (Frankreich) und Bashir Abdi (Belgien) und Khalid Choukoud (Niederlande) afrikanische Läufer in europäischen Teams den Ton angaben, konzentrierte sich vieles auf die dahinter laufende Konkurrenz – mit erfreulicher Weise drei deutschen Läufern. "Wir sind auf dem richtigen Weg" befand nicht zuletzt deshalb auch Steffen Uliczka, der als 16. mit 30:07 Minuten in Schlagweite der Top 10-Läufer lag. "Aber am Limit….!" wie der Hindernisspezialist nüchtern eingestand. "Ich liebe einen Kurs, bei dem ich meine Kraftausdauer ausspielen kann. Deshalb brauche ich mich nicht zu ärgern, dass Richard als 5000 m-Mann vor mir eingelaufen ist! Für mich ist eines gewiss: Das große Ziel, die EM 2014 in Zürich kann kommen!"
Dass der Erfolg von Sofia Duarte beim Cross de L'Acier in Leffrinckroucke (Frankreich) über Fionnuala Britton war keine Eintagsfliege war, das bewies die WM-Fünfte über 3000 m Hindernis auf dem schnellen Parcours im Park der Freundschaft nur zu eindrücklich. Die Französin setzte sich nach Zweidrittel der 8000 m langen Strecke gegen die permanent das Tempo hochhaltenden Gemma Steel. Karoline Bjerkeli Grovdal, Dulce Ana Felix und der eher passiv agierenden zweifachen Cross-Europameisterin Fionnuala Britton mit einem Zwischenspurt ab und kam zu einem überzeugenden Sieg.
Steel legte mit dem Gewinn der Silbermedaille den Grundstock für den Sieg Groß-Britanniens mit 35 Punkten gegen Frankreich (54) und Spanien (61). Für die Titelverteidigerin reichte es diesmal nur zu Rang vier.
Für die beiden deutschen Starterinnen Maren Kock und Monika Gatzweiler war die Orientierung in diesem erlesenen Feld überaus schwierig. Mit Rang 23 gelang dies vor allem Maren Kock gut. "Dafür, das man mir immer nachsagt, ich sei keine Crossläuferin, habe ich mich doch gut geschlagen! Oder?" Unisono mit Monika Gatzweiler (52.) bedauerte sie allerdings, dass keine Frauenmannschaft am Start war. "Wenn sich unsere Leistungsstärksten stellen würden, hätten wir nicht einmal eine schlechte Mannschaft".
Ein Auftakt nach Maß gelang der deutschen Mannschaft im U 20-Rennen der Juniorinnen. Angeführt von Alina Reh und Maya Rehberg wurde das DLV-Team mit 95 Punkten hinter Groß-Britannien (24) und den überraschend starken Schwedinnen (75) Dritte und holte ein weiteres Mal bei den U 20-Juniorinnen eine Medaille. "Damit haben wir in jedem Jahr eine Medaille gewonnen", freute sich Maya Rehberg, die in Belgrad bereits zum vierten Mal in Folge in einer deutschen Mannschaft stand, die auf europäischem Terrain eine Medaille gewinnen konnte. Die Vorjahresdritte war zwar wegen ihres US-Studienaufenthalts nicht in der Verfassung von Budapest angereist, zeigte sich aber als Zehnte keineswegs nicht unzufrieden. "Top 10, das wollte ich auf jeden Fall erreichen, und das habe ich auch geschafft!"
Als das Teamresultat bekannt wurde, fielen sich Maya Rehberg und Alina Reh in die Arme. Der Youngster im deutschen Team zeigte auf dem schnellen Belgrader Rasenkurs in einer sehr guten Verfassung und kämpfte sich in einer zunächst kompakten Spitzengruppe hinter den weit enteilten Emilia Gorecka (Groß-Britannien), Sofia Ennaoui (Polen) und Marusa Mismas (Slowenien) bis auf Rang fünf vor. "Der Platz ist absolut ok. Ich hatte nicht gedacht, dass es so schnell losgehen würde. Schade, wenn es noch eine Runde länger gegangen wäre, hätte ich vielleicht noch weiter nach vorne laufen können!"
Die 16jährige vom TSV Erbach gab aber sogleich unumwunden mit Blick zur Spitze zu: "Der Abstand zur Europameisterin Emilia Gorecka ist allerdings sehr groß!", Doch Alina Reh hat ihre internationale Karriere gewiss noch vor sich: "Jetzt weiß ich wenigstens, wie es international abgeht!"
Wie bereits im Vorjahr wurden die deutschen U 20-Junioren Achter. Mit 153 Punkten lag man dabei in Schlagweite zu Spanien (6./ 145) und Niederlande (7./ 151). Nach einem spannenden Rennen holte sich Frankreich vor Russland und Italien die Goldmedaille. Das Duell an der Spitze sicherte sich nach einem dramatischen Zweikampf zweier Junioren mit afrikanischen Wurzeln der für die Türkei startende Ali Kara nach 17:49 Minuten und zwei Sekunden Vorsprung vor dem für Belgien laufenden Isaak Kimeli und dem Russen Mikhail Strelkov (18:05.). Für das beste Einzelresultzat in der DLV-Mannschaft sorgte der EM-Vierte über 3000 m Hindernis, Philipp Reinhardt auf Platz 33, dicht gefolgt vom Youngster Kidane Tewolde (37.).
"Das war meine Schuld" gestand Corinna Harrer im Ziel ein. Sie hatte im U 23-Rennen der Juniorinnen nach dem Startschuss für eine sehr flotte Fahrt gesorgt, die das Trio mit der einheimischen Amela Terzic, der Britin Charlotte Purdue und der favorisierten Sifan Hassan dankbar annahm – und sich mit zunehmender Streckenlänge von der starken Konkurrenz absetzen konnte. "Es war heute die falsche Taktik, denn in der Vorbereitung habe ich viel am Berg trainiert. Aber wenn du eine Chance auf eine Medaille hast, dann musst du auch entsprechend anlaufen!"
Die Regensburgerin lief bis eingangs der Schlussrunde noch auf Rang sechs, auf der Ziellinie wurde dann aber lediglich als Neunte geführt. "Cross macht schon Spaß, auch man wie heute am Ende für seinen Mut bezahlen muss!"
Nicht nur Corinna Harrer verlor in der Schlussrunde einige Plätze, sondern auch mit Gesa Felicitas Krause die zweite top gehandelte DLV-Starterin. "Ich bin nicht mit großen Erwartungen angetreten, dazu ist die U 23 zu stark besetzt und ich erst seit sieben Wochen wieder im Training", rückte die Frankfurterin die eher von außen an sie heran getragenen Erwartungen zurecht. "Ich habe aber gesagt: Ich stelle mich dieser Herausforderung und bin mit Platz 15 zufrieden. Man darf auch nicht vergessen, dass die sechs Kilometer mehr sind als meine gewohnte Laufdistanz!"
Das deutsche Team, durchaus mit Medaillenchancen gestartet, konnte die hohen Erwartzungen letztlich nicht ganz erfüllen. Mit 87 Punkten wurden Corinna Harrer, Gesa Felicitas Krause, Anne Reischmann (27.) und Melina Tränkle (36) Fünfte unter den überragenden Britinnen (19), Russland (54), den Niederlanden (70) und Türkei (74). Gesa Felicitas Krause brachte es dabei treffend auf den Punkt: Wenn du niemand unter den Ersten hast, ist es schwer, eine Mannschaftsmedaille zu holen!" Dieses gelang den Niederlanden, nicht zuletzt durch die gerade erst vor wenigen Wochen eingebürgerten früheren Äthiopierin Sifan Hassan, die in beeindruckender Weise in der Schlussrunde auf und davon zog und nach 19:40 Minuten Europameisterin werden konnte.
Das spannende U 23-Rennen über 8000 m endete mit einer Überraschung: Der Belgier Pieter-Jan Hannes setzte sich mit einem starken Finish aus einer Dreiergruppe mit Luke Caldwell (Groß-Britannien) und Mitko Tsenov (Bulgarien) ab und konnte sogar auf der Zielgerade seinen Triumph regelrecht auskosten, während die Verfolger um die Medaillen fighteten. Für die traditionell starken Belgier ist dies gewiss ein Erfolg ihrer ausgiebigen Cross-Saison mit einer Reihe von hochkarätigen Rennen im Belgischen Cross-Cup. Im kompakten Spitzenfeld wurde der norwegische Titelverteidiger Henrik Ingebrigtsen mit zwanzig Sekunden Rückstand auf Hannes Zehnter. "Das ist ja eine Punktlandung", freute sich ein völlig fertiger Tom Gröschel im Ziel.
Mit Platz 20 konnte der Rostocker just das Ergebnis einfahren, das er sich als Minimalziel ausgerechnet hatte. "Damit habe ich die Scharte aus dem Vorjahr mit Platz 42 wettgemacht!" Sechs Sekunden hinter dem angehenden Polizisten, der zudem mit dem Handikap einer angebrochenen Rippe ins Rennen gegangen war ("Die habe ich mir bei der Ausbildung im Judo-Training zugezogen") folgte mit Nico Sonnenberg der nächste Deutsche. Der Frankfurter lief ein überaus mutiges Rennen, büßte allerdings auf der Schlussrunde noch einige Plätze ein. "Das war hart!"
Hinter den auch hier überragenden britischen Läufern (40) folgten in der Mannschaftswertung die Ukraine (72) und Frankreich (78) auf den Medaillenrängen. Hinter Irland (120), Russland (139) und Norwegen (142) gab es für die DLV-Junioren Rang sieben mit 148 Punkten.
Wilfried Raatz
Die gesamten Ergebnisse:
Belgrad – Alle Ergebnisse
European Cross Country Championships Stats: By Ken Nakamura