Ein liebenswertes Unikum, mit Liebe und Leidenschaft, unermüdlichen Einsatz und Dauerkampf gegen alle möglichen Behördenhindernisse und finanziellen Engpässe auf die Beine gestellt.
Trio »Abschied« – Zu ostgeprägt? Der 31. Team-Marathon im Berliner Plänterwald findet zum letzten Mal statt – Klaus Weise in Junge Welt
Ende Oktober hatte es der SC Charlottenburg verkündet: »Den Team-Marathon gibt es nicht mehr«. Gibt es aber doch noch und zwar am 17. Januar in Berlin zum letzten Mal. Einer geht noch: Der 31.Team-Marathon findet im Plänterwald statt. Es ist der Abschied von einer welteinmaligen Traditionsveranstaltung, schon zu DDR-Zeiten eine feste Größe im Lauf-Terminkalender.
Ein liebenswertes Unikum, mit Liebe und Leidenschaft, unermüdlichen Einsatz und Dauerkampf gegen alle möglichen Behördenhindernisse und finanziellen Engpässe auf die Beine gestellt. Das größte Manko, zumindest nach aktuellen gesellschaftlichen Maßstäben, beschreibt Laufgründer und Veranstaltungsleiter Roland Winkler so: »Mit unserem Team-Marathon läßt sich kein Geld verdienen.«
Der einstige Top-DDR-Langstreckler und heutige Sportlehrer in Hellersdorf, der als einziger Starter bei allen bisherigen 30 Läufen auch aktiv per pedes auf dem 42,195 km langen Rundkurs im Plänterwald dabei war, ist froh, wenn er am Ende in der Bilanz auf Plus-Minus-Null kommt. Am kommenden Samstag (11 Uhr, Kiehnwerderallee/Baumschulenstr.) also wird der Winterklassiker zum letzten Mal gestartet.
Um dieses Jahreszeit gibt es nicht viel sonstige Freiluftveranstaltungen in der Stadt. Besonderes Merkmal ist aber der originelle Modus: Bei dem Rennen bilden drei Läufer eine Mannschaft und müssen, um gewertet zu werden, gemeinsam das Ziel erreichen. Entscheidend für das Ergebnis ist also der schwächste Läufer im jeweiligen Trio.
Sonderklassements gibt es für Frauenteams und Dreier, die in der Summe über 150 Jahre alt sind. Vergeben werden exakt so viele Preise, wie der Wettbewerb, bei dem es kein Einzelranking gibt, bis dato Auflagen erlebt hat – diesmal also 31. Der Team-Marathon ist halt ein bißchen – das betrifft auch das Familiäre – anders. Nach der Siegerehrung gibt es Torten und Tanz für alle. Die Startnummern sind übrigens selbstgefertigt. Die Mannschaften geben sich eigene Namen, diesmal ist natürlich auch ein Trio »Abschied« dabei.
»Vielleicht war ja manchem auch das Ganze einen Tick zu ostgeprägt«, vermutet Ingelore Winkler, die Ehefrau der Veranstaltungsleiters. Doch der Grund für das Ende ist ein infrastrukureller. In Zukunft wird es nicht mehr möglich sein, die Räumlichkeiten der Amelia-Earhart-Oberschule für die Organisation vor Ort zu nutzen.
»Aber vielleicht finden sich ja dennoch Laufbegeisterte aus anderen Landesteilen, die ein Stück Geschichte nicht sterben lassen wollen und meinen, das machen wir bei uns weiter«, hofft Roland Winkler.
Klaus Weise in Die Tageszeitung – Junge Welt, Mittwoch, dem 14. Januar 2009
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