Selbst nach mehr als 42 gelaufenen Kilometern können minimalste Abstände über den Sieg entscheiden. Durch die exakte Erfassung des Transponders am Schuh wurde Geoffrey Mutai (lks.), mit einer Sekunde Vorsprung zum Sieger des Berlin-Marathon 2012. ©Victah Sailer
Transponderbasierte Laufzeiterfassung. Für 40.000 Läufer zählt beim Berlin-Marathon jede Sekunde
Im Marathon können wenige Augenblicke über Rekorde entscheiden. Der Kenianer Wilson Kipsang lieferte dafür ein beeindruckendes Beispiel beim Frankfurt-Marathon 2011 ab. Er verpasste den Weltrekord um vier Sekunden, oder exakt 22,74 Meter.
„Ohne Transponder ließe sich bei heutigen Großveranstaltungen keine exakte Zeitmessung organisieren", sagt Horst Milde, der 1974 den ersten Marathon in Berlin veranstaltete und danach 30 Jahre lang als Renndirektor weiterentwickelte.
„Bei den ersten Läufen, die ich ab 1964 organisierte, hatten wir anfangs 50 bis 60 Teilnehmer. Die Zeit wurde damals von einer laufenden Stoppuhr vom Kampfrichter abgelesen und dann gemeinsam mit der Startnummer des jeweiligen Läufers notiert", erinnert sich Horst Milde an die Anfänge der Laufsportveranstaltungen in Berlin.
„Nach dem Lauf wurden dann die Startnummern den Läufern zugeordnet. Die Reihenfolge des Zieleinlaufes war korrekt, aber die Zeit stimmte wahrscheinlich nur bei einem von zehn Läufern."
Der erste Marathon, per Hand gestoppt
1974 war die Geburtsstunde der Marathon-Volkslaufveranstaltungen in Deutschland. Horst Milde veranstaltete, damals noch auf einer Strecke im Grunewald, den ersten Marathon mit 286 Teilnehmern. Die Zeiten wurden mangels Alternative weiterhin per Hand gestoppt.
Nach dem „Umzug" des Berlin-Marathon 1981 auf die Straßen von Berlin konnte die Zeitnahme des damals mit 3486 gemeldeten Teilnehmern größten Straßenlauf Deutschlands technisch verbessert werden. „Auf die Startnummern war ein Barcode aufgedruckt, der im Ziel erfasst wurde", berichtet Horst Milde.
Zeitmessung mit Transponder
„Der Berlin-Marathon war dann auch die erste Laufsportveranstaltung, bei dem eine Zeitmessung über einen Transponder, der am Schuh befestigt war, realisiert wurde. Erst wenige Wochen vor dem Marathon im Jahr 1994 haben wir den Transponder bei einem Halbmarathon getestet", berichtet Horst Milde über den ersten Einsatz einer auf RFID-Technologie basierenden Zeitmessung.
Beim Marathon selbst kamen dann 12.263 Läuferinnen und Läufer mit einem Transponder am Schuh ins Ziel. Der Lauf Mitte der 1990er Jahre war somit der Startschuss für die Chipzeitmessung, die heute bei nahezu allen großen Laufveranstaltungen weltweit zum Einsatz kommt.
40 000 Läufer sekundengenau erfasst
Die 40.000 Startplätze für den 40. Berlin-Marathon waren innerhalb von dreieinhalb Stunden ausverkauft. Das Jubiläumsereignis wirft seine Schatten weit voraus. „Die offizielle Streckenvermessung vor dem Lauf und die Zeitmessung während des Laufes sind heute die beiden entscheidenden Faktoren für den Erfolg einer Massenlaufveranstaltung, die nur mit technischer Hilfe gelöst werden kann", sagt Horst Milde.
Bei heutigen Marathons mit mehreren zehntausend Teilnehmern wird die Zeit eines jeden Läufers häufig alle fünf Kilometer erfasst. Dazu kommen beim Berlin-Marathon auf den 42,195 Kilometern der Strecke mehr als 200 Tartan-Matten mit integrierter Antenne zum Einsatz, die die erfassten Zwischen- und Zielzeiten in Echtzeit übermitteln und das Renngeschehen so auch für die Zuschauer live erlebbar machen.
Systemausfälle höchst selten
Die heute zum Einsatz kommenden Systeme unterschiedlicher Anbieter weisen eine hohe Zuverlässigkeit auf. Dennoch kommt es vereinzelnd zu Ausfällen, wie beim Dreiländereck-Marathon 2012, wo sich zahlreiche Teilnehmer verspäteten oder gar nicht in den Ergebnislisten wiederfanden wie Horst Milde erläutert: „Das passiert heute höchst selten, die Wahrscheinlichkeit, dass das Zeitmesssystem komplett versagt, ist sehr gering."
Dennoch muss die RFID-Technologie nicht der letzte Schritt bei der Zeitmessung sein, so Horst Milde: „Es gibt ja selbst im Marathon Zehntelsekunden-Entscheidungen bei der die Läufer praktisch auf einer Höhe ins Ziel kommen. Um hier eine korrekte Zeiterfassung zu garantieren, sind die internationalen Verbände gefordert, Lösungen zu entwickeln. Daher wird die Entwicklung der Zeiterfassung gerade heute, wo die Ansprüche der Teilnehmer steigen, nicht stehen bleiben."
Quelle: RFIDimBLICK, Spezialausgabe Transponder – Ausgabe 06/2013, S.27, ISSN 1860-5907, www.rfid-im-blick.de