Trailrunning – das neue Laufgefühl? ©wus-media - Wilfried Raatz
Trailrunning – das neue Laufgefühl? Ludwig Reiser berichtet
Die Veranstaltungen schießen wie Pilze aus dem Boden. Egal, ob „Indoor“ in der Dortmunder Westfalenhalle, oder in der realen Wirklichkeit beim Transalpine über 250 km und 15.000 Höhenmetern quer durch die Alpen, beim Zugspitz Ultratrail mit 100 Kilometern und 5420 Höhenmetern rund um den höchsten deutschen Berg oder letztlich im Mittelgebirge wie beim Rheinsteig, im Rothaargebirge, im Thüringer Wald oder in der weltbekannten Touristenattraktion Heidelberg über 42 Kilometer und 1800 Höhenmetern.
Dies ist nur ein kleiner Auszug aus dem Jahreskalender 2013, denn Trailrunning ist zur Mode-Disziplin geworden – und fasziniert Tausende von Läufern.
Laufen gehört für viele Menschen zum festen Alltagsritual. Vor vierzig oder fünfzig Jahren waren es nur einige Enthusiasten, die im Wald ihre Runden drehten und dabei breite Forstwege wie auch schmale Pfade durch das Unterholz suchten. In Darmstadt nannte sich die Gruppe um die Lauflegende Lutz Philipp „Rangers“, viele deutsche Meistertitel im Wald- und Crosslauf zeugte von der Effizienz dieses Trainings.
Längst ist Laufen zu einer Massenbewegung geworden, bei der Millionen von Joggern die Innenstädte und die stadtnahen Parkanlagen zum Stadion werden lassen. Gelaufen wird dabei kilometerweit auf hartem Asphalt durch die Häuserschluchten oder betonartig verfestigten Parkwegen.
Nun haben die Freizeitläufer die Natur wieder entdeckt: Trailrunning liegt voll im Trend.
Inzwischen füllt jedes Hochglanz-Laufmagazin Seiten mit der neuen Kultdisziplin. Die Sportartikelindustrie reibt sich die Hände und das Geld klingelt in den Kassen, denn für ein stilechtes Betreiben dieses neuen Trends gehört gewiss auch das passende Outfit. Doch was ist anders als vor vierzig, fünfzig Jahren, als aus Stadion-Leichtathleten Waldläufer wurden?
Das Laufen auf kleinen Pfaden, manchmal über Stock und Stein, berghoch und bergrunter, macht nicht nur riesigen Spaß, es eröffnet den Blick in schöne Landschaften. Laufen in der Natur, natürlicher kann Sporttreiben nicht sein. Kilometer und Zeit spielen nur eine ganz geringe Rolle, im Vordergrund steht das Erleben der Natur. Der Kilometerschnitt spielt keine Rolle, geübt wird Ausdauer, Kraftausdauer, Beweglichkeit und Geschicklichkeit, Tugenden, die dem Menschen in unserer hochindustrialisierten Welt immer mehr abhanden gekommen sind und als die eigentliche Basis des Laufens gelten.
Unzählige Sportwissenschaftler haben in Abhandlungen die Bedeutung dieser „Primärtugenden“ unterstrichen. Und als Grundlage des Lauftrainings bezeichnet.
Doch unsere moderne Gesellschaft möchte erst in zweiter Hinsicht „trainieren“, vorrangig ist das Laufen als körperliche Fitnesseinheit. Man joggt und unterhält sich, hört Musik aus High-tech-Geräten, die Tonstudio-formate haben. Die Spaßgesellschaft fordert aber auch Events und Adventures. Und bitte schön auch hier und da einmal Herausforderungen durch Schlamm, über Hindernisse und Kraftexzesse. Crosslaufen unter härtesten Bedingungen.
Beim Trailrunning darf man sich auch mal die Zeit nehmen zum Stehenbleiben, um zu Verschnaufen und zu Ausblicke zu genießen – und um dann schon die nächste unwegsame Passage im Unterholz zu suchen. Hier das Schlammrobben auf alten Militäranlagen, dort das freie Laufen in der wenig kultivierten Naturlandschaft. Passend zum neuen Trend wird es in Heidelberg Ende Oktober mit dem Gelita Trail Marathon einen anspruchsvollen Event der Extraklasse geben. Der Veranstalter wagt hierbei über 42,195 Kilometer den Spagat zwischen der weltbekannten Altstadt und dem Schloss auf der einen, rustikale Treppenpassagen am Schlangenweg, der Thingstätte oder mit der Himmelsleiter und schmalen Singletrails auf der anderen Seite.
1800 Höhenmeter gilt es dabei zu bewältigen. Das mag auf Anhieb nicht beeindrucken angesichts der ausgewiesenen Höhenmeter in den Alpen, wo bei Ultratrails 5.000 m in einem Guss oder 10.000 bis 15.000 Höhenmeter in mehreren Etappen zu bewältigen sind. „Trailrunning ist was ganz Besonderes, dieser Form des Laufens gehört die Zukunft“, sagt Wilfried Raatz, der Sportliche Leiter des Gelita Trail Marathon Heidelberg, der als früherer Marathon-Bundestrainer seit etlichen Jahren bereits mit Erfolg mit der Berglauf-Nationalmannschaft arbeitet. „Die stetigen Rhythmuswechsel sind das Salz in der Suppe, gleichgültig, ob ich diese in Heidelberg, im Schwarzwald oder in den Alpen absolviere“.
Der Experte gibt der großen Läuferfamilie allerdings einen wertvollen Tipp: „Ich halte es für sinnvoll, dass vor allem Laufanfänger aber auch Lauf-Fortgeschrittene Trailrunning-Kurse neben dem regelmäßigen Lauftraining im Gelände belegen, bevor sie sich in ein derartiges Abenteuer stürzen.“ Um dann – wieder gestärkt in Geist und Körper vielleicht schon den nächsten Stadt-Marathon in Angriff zu nehmen.
So wird es Mitte März zum Supertrend Trailrunning ab 14. März in der traditionsreichen Kurstadt Bad Ems einen derartigen Kurs geben. Die hübsche Kleinstadt hat neben dem wohl modernsten Thermalbad Deutschlands, seiner einzigartigen Bäderarchitektur und seinen Kliniken auch als Sportstadt einiges zu bieten. Ob Kanu auf der Lahn, Golf, Tennis oder Reiten – Bad Ems bietet viele Möglichkeiten für Sportbegeisterte.
Noch in diesem Jahr soll eine spektakuläre Downhillstrecke für Mountainbiker fertiggestellt werden, Läufer schätzen schon lange das Wegenetz rund um Bad Ems. Ganz hoch im Kurs: die anspruchsvollen Trails, die auf die Höhen führen und tolle Ausblicke ermöglichen.
Laufexperte Wilfried Raatz hält große Stücke von den Bad Emser Trails: „Dort kann man wirklich großartig laufen und trainieren. Nicht zufällig fand dort auch vor einigen Jahren die Welterbe-Berglauf-Trophy statt.“
Ludwig Reiser
Infos zum Gelita Trail Marathon Heidelberg unter www.trailmarathon-heidelberg.de
Infos zum Newline Trailrunning Campus Bad Ems unter www.berglauf.info
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