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2011

Zusammen mit der Elite werden insgesamt ca. 14.000 Teilnehmer erwartet, die allerdings überwiegend über 10 km und 3 km an den Start gehen werden.

Tempojagd im Emirat – Am Freitag (21.1.2011) startet die 12. Auflage des Standard Chartered Dubai Marathons – Helmut Winter berichtet

By GRR 0

Nach einem tollen Start des Jahres mit Streckenrekorden in Xiamen und Mumbai gibt es am kommenden Freitag das erste Highlight der noch jungen Marathonsaison 2011 in Dubai. Nachdem der Marathon dort viele Jahre kaum Beachtung fand, hat sich Dubai in den letzten drei Jahren auch durch die Auftritte des Superstars der Szene, Haile Gebrselassie, und durch die weltweit höchsten Sieg- sowie Rekordprämien in den Fokus des internationalen Interesses katapultiert.

Nachdem Haile nach den Ereignissen beim New York Marathon 2010 zwar weitermacht, aber wie schon länger geplant, Ende Februar in Tokyo an den Marathonstart gehen will, bricht für die Veranstaltung auf einer der schnellsten Laufstrecken der Welt eine neue Zeitrechnung an.

Da die meisten Läuferinnen und Läufer der Weltspitze in London auf den Startlisten stehen, war das Angebot an Spitzenkönnern bereits früh maßgeblich ausgedünnt. Trotzdem ist es dem dortigen Race Director Peter Connerton gelungen, ein Feld an Spitzenläufern zu rekrutieren, das sehr schnelle Zeiten erwarten lässt. Aktuell sind sechs Läufer mit Zeiten unter 2:07 gemeldet, weitere sieben blieben schon unter 2:10.

Dabei wird auch die fehlende Weltrekordprämie von 1 Million US-Dollar aus den letzten Jahren nicht dazu führen, dass das Rennen langsam werden könnte. Zudem wurde betont, dass die Preisgelder in Dubai steuerfrei sind. Neben einigen Athleten mit enormem Leistungspotential ist es vor allen auch die Strecke an den Gestaden des Persischen Golfs, die nach Jahren der Optimierung sicherlich zu den schnellsten der Welt gehört. In diesem Jahr hat man den Start in der Media City im Westen Dubais nach einmal verlegt, so dass eine zusätzliche Schleife nach ca. 5 km in der Nähe des Nobelhotels Burj Al Arab entfällt. Jetzt geht es nur noch geradeaus, fast 21 km nach Nordosten und nach der Wende auf der Gegenseite der Fahrbahn zurück Richtung Ziel. Die Straßen sind nur wenige Jahre alt und von der Beschaffenheit im Bestzustand.

Nachdem Haile bei seinem ersten Auftritt 2008 die Strecke noch in entgegen gesetzter Richtung lief, hat man wegen der höheren Wahrscheinlichkeit von Winden in den Morgenstunden aus Nordost die Laufrichtung vor zwei Jahren umgedreht. Start und Ziel wanderten damit vom wunderbaren Zaabeel Park in Altstadtnähe in die Media City, immer noch eine Riesenbaustelle. Das Höhenprofil der Strecke spricht für sich: tiefster Punkt 3 Fuß, höchster Punkt 21 Fuß über NN; das entspricht einer Höhendifferenz von 5,5 Metern. Chicago hat 9,5 m, und Berlin ist mit 27 m schon fast ein „Berglauf“. In der Tat einmalige Voraussetzungen.

Nachdem Haile beim ersten Auftritt in Dubai seinen eigenen Weltrekord erst in der Schlussphase mit 2:04:53 recht knapp verfehlte, brachte die Streckenverlegung bisher noch keine Verbesserung; 2009 regnete es am Ende in Strömen, im letzten Jahr wurde aus der Rekordjagd wegen Hailes Rückenprobleme ein Kampf um den Sieg. Somit ist die Zeit von 2008 der aktuelle Streckenrekord, dank Hailes Hilfe zählt Dubai zusammen mit Berlin und Rotterdam und seit letztem Jahr auch Frankfurt zu dem erlesenen Kreis von sub-2:05-Strecken.

Auch im Zehnermittel der schnellsten Strecken holt man in Dubai schnell auf, mit dem Mittel von 2:07:04 liegt man derzeit auf Platz 9 mit starker Tendenz nach vorne. Bei einem ausreichend schnellen Rennen könnte man sich am Freitag schon auf Platz 5 (Amsterdam 2:06:25) oder sogar Platz 4 (Chicago 2:06:02) vorarbeiten.

Und bei diesem Unterfangen könnte ein ganz junger Mann eine wichtige Rolle spielen, Eliud Kiptanui (KEN), der die Fachwelt spätestens nach seiner Fabelzeit auf der schwierigen Prager Stecke im Frühjahr 2010 von 2:05:39 aufhören ließ. Im September 2010 reichte es auf den Regen nassen Straßen Berlins nur zu einer 2:08. Aber für Schlagzeilen sorgte Eliud dann Anfang Dezember beim Fukuoka-Marathon, wo er als Pacemaker fungierte. Dort nahm er die Aufforderung, nach 15 km das Tempo zu erhöhen, zu wörtlich, rannte den nächsten km unter 2:45, die 5 km in knapp über 14 Minuten, da konnte und wollte selbst der spätere Sieger Gharib nicht folgen.

Noch erratischer wurde die Sache allerdings an der 30 km Marke, an der der immer noch führende Eliud mit einer roten Flagge eines Kampfrichters aus dem Rennen genommen wurde, da er nur als Tempomacher fungierte. Das Ereignis hatte erhebliche Nachwirkungen und brachte die Diskussion über die Rolle und Funktion von Schrittmachern wieder auf. Ein Läufer, der am Beenden eines Wettbewerbs gehindert wird, nimmt nicht an diesem teil und darf somit auch nicht in diesen eingreifen, so das Fazit über diese nicht mit der Regel konforme Maßnahme.

In Dubai wurde Kiptanui als einer der Topstars (Startnummer 1) angeheuert und diesmal selbst von einer Schar von Tempomachern unterstützt. Und wenn er dann in der Nähe der Halbmarathon wieder eine Flagge siegt, dann hat das alles seine Richtigkeit, am Wendepunkt am Union House steht die überdimensionale Nationalflagge des Emirats. Falls die ihm entgegenweht, bedeutet das Rückenwind, und eine sehr schnelle Zeit könnte am Ende herauskommen.

Eliud und Manager Volker Wagner sehen den Ausgang des Laufs völlig offen, man muss insb. auch die äußeren Bedingungen abwarten, die aktuell mit 18°C beim Start kurz vor Sonnenaufgang um 7 Uhr Ortszeit für ein Temporennen noch soeben tolerabel erscheinen. Nach den Eindrücken von Fukuoka und der Lockerheit, mit der der Kenianer in Fukuoka seinen letztlich nutzlosen „Zwischenspurt“ absolvierte, lassen für Dubai einiges erwarten.

Dabei wird sich der Ausgang des Rennens keineswegs auf Kiptanui allein konzentrieren. Seine Konkurrenz ist erheblich. Nicht nur von seiner Bestzeit vor 2:06:25, bei warmen Wetter 2008 in Chicago erzielt, dürfte sein Landsmann Evans Cheruiyot gleichfalls ein Aspirant auf den Sieg sein, der auch von der Unterdistanz mit 59:05 im Halbmarathon (Udine 2007) ein großes Potential mitbringt. Evans plagten in den letzten beiden Jahren mehrfach Verletzungen, die auch die für ihn schwache Leistung von 2:09:46 bei seinem letzten Marathon in Fukuoka 2009 erklären.

Eine wichtige Rolle dürften aber auch die beiden Äthiopier Eshetu Wendimu und Chala Dechase spielen, die aus dem letzten Jahr die neue Strecke bestens kennen und hier auch ihre Hausrekorde auf 2:06:46 bzw. 2:06:33 steigerten. Wendimu war über mehrere Jahre ein wichtiger Tempomacher bei Hailes Rekordjagden, gehört aber mittlerweile selbst zur erweiterten Weltspitze, wie auch sein zweiter Platz im Spurt gegen Patrick Makau beim City-Pier-City-Halbmarathon in Den Haag 2010 in 59:52 zeigte. Im letzten Jahr gingen sowohl Wendimu als auch Dechase das hohe Tempo von Haile in Dubai nicht mit und lagen bei der Hälfte ca. eine halbe Minute zurück. Dann wurde Haile aber langsamer und beide holten nacheinander ihren Landsmann zwischen 33 und 35 km kurz ein, bevor Haile mit einer beeindruckenden Tempoverschärfung am Ende (letzter km in 2:51) souverän den Dreikampf gewann.

Beeindruckend im letzten Jahr der ungestüme Zwischenspurt Dechales bei der Aufholjagd zur Spitze, die ihm aber am Ende viel Kraft gekostet hatte. In diesem Jahr dürfte er um seine Stärken wissen, und mit 2:06:33 hat er diesmal eine weit bessere Ausgangsbasis für sehr schnelle Zeiten als im Vorjahr mit 2:08:31 (Amsterdam 2008). Ob der 39jährige Haudegen Gert Thys (RSA) eine Rolle spielen wird, ist eher zu bezweifeln, obwohl der im letzten Jahr im Regen von Beijing noch einmal einen zweiten Platz bei einem internationalen Marathon erzielen konnte.

Damit die Spitzenathleten auf dem ersten Teil der Strecke gut unterstützt werden, hat der Veranstalter 5 Pacemaker für die Männer aufgeboten, darunter auch Sammy Kosgei, der zusammen mit Haile den Weltrekord über 30 km 2009 aufstellte und letztes Jahr gleichfalls in Berlin bei den BIG25 den Weltrekord über 25 km auf 1:12:50 drückte.

Nach Lage der Dinge will man zwischen 62:30 und 62:45 anlaufen, man erhofft sich Endzeiten im Bereich von 2:05. Bei den Frauen sind drei Pacemaker vorgesehen.

Das Frauenfeld ist gleichfalls sehr stark besetzt, wobei allerdings die Teilnehmerin mit der schnellsten Vorleistung von 2:20:42, Berhane Adere (ETH), am Ende ihrer langen Karriere angekommen sein dürfte.

2008 gewann sie in Dubai in sehr guten 2:22 vor Askale Margasa, die ebenfalls in diesem Jahr dabei ist. Die schärfsten Konkurrentinnen dürften die Paris-Siegerin Atsede Baysa (ETH) und Helena Kirop, die schon in Dubai in den Vorjahren dabei war, sein. Allerdings wird auch ohne Haile das Rennen der Frauen wieder im Schatten der Männer stehen, wo die Aussichten sehr hochwertige Zeiten zu erzielen, deutlich höher liegen.

Es wäre vermessen, schon am Freitag einen realistischen Angriff auf Hailes Weltrekord zu erwarten, aber mittelfristig bestehen kaum Zweifel, dass die sehr schnelle Strecke und die weiteren Randbedingungen beste Voraussetzungen bieten, den Weltrekord im Marathon nach Dubai zu holen. Auch beim Titel um das höchste Gebäude der Welt hat es ja viele Jahre gedauert.

Zusammen mit der Elite werden insgesamt ca. 14.000 Teilnehmer erwartet, die allerdings überwiegend über 10 km und 3 km an den Start gehen werden.
Das Feld der Marathonläufer mit ca. 2000 Läufern kann in der Quantität noch nicht mit den Großen der Szene mithalten, dazu fehlt auf der arabischen Halbinsel schlichtweg die Masse; nur etwa 2 % aller Teilnehmer des Marathons kommen aus dem Emirat. Und die Lauftouristen scheinen erst allmählich den Lauf in Dubai zu entdecken, wobei die Vorbereitung auf einen Marathon in der Wintersaison offensichtlich nicht unproblematisch scheint.

Gute Fortschritte hat man in den letzten Jahren beim Zuschauerinteresse gemacht. Die Strecke wird von Jahr zu Jahr immer besser am Streckenrand frequentiert, und im Zielbereich sind es nicht nur die vielen Gastarbeiter aus dem nahen Äthiopien, die schon jetzt für eine Stimmung sorgen, die alles in der Marathonszene in den Schatten stellt.

 

Liste Elite – Männer (Stand 19.1.2011):

Eliud Kiptanui         KEN    2:05:39
Yemane Adhane    ETH    2:06:30
Evans Cheruiyot     KEN    2:06:25
Gert Thys              RSA    2:06:33
Chala Dechase      ETH    2:06:33
Eshetu Wendimu    ETH    2:06:46
Deressa Chimsa     ETH    2:07:54
Sammy Mugo        KEN    2:08:10
Muguleta Wami     ETH    2:08:32
David Kemboi       KEN    2:08:34
Dereje Tesfaye     ETH    2:08:36
Laban Kipkemboi  KEN    2:08:38
Berhanu Bekele    ETH    2:09:41

Liste Elite – Frauen (Stand 19.1.2011):

Berhane Adere    ETH    2:20:42
Askale Margasa   ETH    2:21:31
Atsede Baysa      ETH    2:22:02
Aselefech Mergia  ETH    2:22:38
Merima Hassen    ETH    2:23:06
Koren Yelela        ETH    2:24:33
Roba Guta           ETH    2:24:35
Helena Kirop       KEN    2:24:54

Helmut Winter

 

 

author: GRR

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