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23
06
2008

Aber es ist nicht allein die Jagd nach dem Sieg, die den Minimarathon über ein und zwei Kilometer ausmacht, sondern der olympische Gedanke: dabei sein ist alles.

Stuttgarter Zeitung-Lauf: Heute Minilauf, morgen Olympia? Unter den 6300 Teilnehmern am Kindertag finden sich auch ambitionierte Nachwuchsathleten – Matthias A. Schmid in der Stuttgarter Zeitung

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Der so genannte Kids Day ist beim Stuttgarter-Zeitung-Lauf nicht mehr wegzudenken. ¸¸Es ist fantastisch, dass wir hier so viele Kinder mobilisieren können", sagt der Präsident des Württembergischen Leichtathletik-Verbands, Jürgen Scholz.

Nico und Manuel haben schon vor dem Startschuss des AOK-Minimarathons ihre zwei Kilometer zurückgelegt. Mindestens. Es ist Samstag, 17 Uhr, auf der Benzstraße in Stuttgart: viele der Kinder und Jugendlichen bereiten sich gewissenhaft auf den Start des nach Berlin zweitgrößten deutschen Kinderlaufs vor, während der Präsident des Württembergischen Leichtathletik-Verbands, Jürgen Scholz, stolz ins Mikrofon spricht: ¸¸Es ist immer wieder fantastisch, dass wir hier so viele Kinder mobilisieren können."

Nervosität lässt sich bei einigen der mehr als 6300 Starter nicht leugnen, wie die Schlangen vor den Dixie-Klos unschwer erkennen lassen. Doch die meisten Teilnehmer stehen unaufgeregt hinter dem Band, das später beim Startschuss hochgelassen wird. Sie hüpfen höchstens von einem Bein aufs andere, wie Teenager vor dem ersten Rendezvous, um sich die Zeit zu vertreiben.

Nico und Manuel allerdings nicht. Die beiden rennen wild in der Gegend herum, als würde es um ihr Leben gehen. Ihre Eltern ermahnen sie deshalb zur Ruhe. Doch der Blutdruck der Kinder steigt: zuerst ganz langsam, dann immer schneller, gleichzeitig erhöht sich die Atemfrequenz, der Puls trommelt vor lauter Aufregung. Erst kurz vor 17.20 Uhr, als der Startschuss erfolgt, entlädt sich die ganze Anspannung der beiden Jungs – endlich geht es los. Die Teilnehmertraube setzt sich in Bewegung, und Nico und Manuel tauchen in der Menge unter.

Bereits 6:17 Minuten später wird der erste Läufer von den Besuchern auf der Haupttribüne im Daimlerstadion mit Ovationen im Stehen empfangen. Der Erste, der die Ziellinie überquert, heißt Steffen Pichler, kommt aus Neustadt und ist bestens in Form. ¸¸Ich bin momentan ganz gut drauf", sagt der 14-Jährige vom VfL Waiblingen. Gut drauf? Das ist mehr als untertrieben. Niemand in Deutschland ist momentan über die 1000 und 2000 Meter in seiner Altersklasse schneller.

Pichler führt jeweils die Bestenliste an – und hat dennoch große Sorgen. ¸¸Es ist ziemlich schade, dass die Bahn hier im Daimlerstadion abgerissen wird", sagt er. In zweierlei Hinsicht: zum einen besucht er gerne das Weltfinale der Leichtathleten und jubelt seinen Vorbildern zu. Zum anderen hatte er gehofft, dass ihm selbst irgendwann die Zuneigung der Zuschauer zuteilwerden würde. ¸¸Ich will unbedingt mal zu den Olympischen Spielen", sagt Steffen Pichler, ¸¸und da wäre ein Wettkampf direkt vor der Haustüre natürlich schön gewesen."

Nicht anders ergeht es Melanie Albrecht (6:27). Auch die Zwölfjährige vom TV Untergruppenbach träumt von Olympia und ist beim AOK-Minimarathon über die zwei Kilometer sogar so schnell, dass ihr auch von den 15-jährigen Schülerinnen A niemand folgen kann. Wie viele Rennen sie schon gewonnen hat? Sie überlegt kurz und antwortet dann verlegen: ¸¸Ich weiß es nicht." Mehrere? Sie nickt. Auch im vergangenen Jahr hat sie hier triumphiert. ¸¸Das hat mich zusätzlich motiviert", sagt Melanie Albrecht.

Aber es ist nicht allein die Jagd nach dem Sieg, die den Minimarathon über ein und zwei Kilometer ausmacht, sondern der olympische Gedanke: dabei sein ist alles. ¸¸Ich freue mich immer über das bunt gemischte Starterfeld und dass die Kinder so viel Freude an der Bewegung haben", sagt die Projektleiterin der AOK, Ute Fischer. Für Nico und Manuel hat sich jegliche Bewegung im Ziel erst mal erledigt. Sie liegen erschöpft auf dem Rasen. Ihre Eltern lächeln zufrieden.

Matthias A. Schmid in der Stuttgarter Zeitung – Montag, dem 23. Juni 2008

author: GRR

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