Die Diamond League der Leichtathleten hat nicht den Glanz und das Funkeln, die ihr Name assoziiert. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen ignoriert die Veranstaltungsreihe. Zudem krankt sie am Wettkampfmodus.
Stumpfe Diamanten – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – Diamond League der IAAF
Eine Fernsehserie von unwiderstehlicher Anziehungskraft ist die Diamond League nun wirklich nicht geworden. Das hat auch damit zu tun, dass die Leichtathleten sich mit den 14 Sportfesten ihrer neuen ersten Liga zwischen riesigen Werbeblöcken im Spartenfernsehen vor dem deutschen Publikum versteckten.
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen, das bei der Europameisterschaft in Barcelona zeigte, was für großartige Unterhaltungsprogramme sich aus Rennen, Springen und Werfen machen lassen, ignoriert die Veranstaltungsreihe, mit der die Globalisierung der Leichtathletik sich auch im Wettkampfkalender ausdrücken soll.
Von Doha und Schanghai im Mai bis London, Zürich und Brüssel zum Schluss – zu den Veranstaltungen von Welt gehört kein einziges deutsches Meeting. Das Istaf im Berliner Olympiastadion, das letzte große Sportfest aus einer einst eindrucksvollen Phalanx, hat im Jahr eins nach der Weltmeisterschaft von Berlin mit fast 50.000 Zuschauern und dem bisher einzigen Weltrekord dieser Leichtathletik-Saison ein so eindrucksvolles Zeichen gesetzt, dass Wilfried Meert, Meeting-Direktor von Brüssel, die Deutschen sofort nachnominieren würde für die von ihm mit gegründete Diamond League.
Es konnte sich kein Spannungsbogen entwickeln
Doch nicht nur fehlen dafür die notwendigen Übertragungsgarantien des deutschen Fernsehens. Die Berliner wollen auch gar nicht. David Rudisha konnte die 800 Meter bei ihnen nur deshalb in 1:41,09 Minuten laufen, so schnell wie niemand zuvor, weil sie statt seines größten Konkurrenten Abubaker Kaki einen Tempomacher mit ins Rennen schickten. Das Publikum war zudem begeistert, weil es fast jeden deutschen Athleten zu sehen bekam, der in Barcelona eine Medaille gewonnen hatte.
Aus Gesamtwertungen in 32 Disziplinen hat die Diamond League keinen Spannungsbogen entwickeln können. Aus der Fortsetzung von Duellen der Allerbesten wurde auch deshalb nichts, weil für Superstar Usain Bolt die sieben verabredeten Starts zu viel waren; er beendete nach seiner ersten Niederlage seit zwei Jahren und der Verlängerung seines Millionenvertrages mit dem Sportartikelunternehmen Puma seine Saison vor der Zeit.
Die neue Serie hat nicht den Glanz und das Funkeln
In den kommenden Jahren werden er und die anderen Leichtathleten der Spitzenklasse noch weniger Zeit haben, der beeindruckenden Summe von sechs Millionen Dollar Preisgeld – einem veritablen Konjunkturprogramm – in der Diamond League nachzujagen. Medaillen bei der Weltmeisterschaft 2011 und den Olympischen Spielen 2012 haben Priorität gegenüber klingender Münze. Deshalb werden sie eher in Trainingslager und zu Qualifikationswettkämpfen reisen als zu Wettbewerben der Diamond League in Eugene und Gateshead, Lausanne und Monaco.
Die neue Serie hat nicht den Glanz und das Funkeln, die ihr Name assoziiert. Das liegt auch am Wettkampfmodell, das in seiner Breite eher der ausgleichenden Gerechtigkeit einer Weltpokalwertung verpflichtet ist.
Faszinierender war das Spiel um den Jackpot von kiloweise Gold oder einer Million Dollar – nicht obwohl es eine gewisse Ungerechtigkeit barg, sondern weil es so unberechenbar war.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Sonntag, dem 29. August 2010
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