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2007

Frau Maisch, Herr Fitschen, herzlichen Glückwunsch zum Sieg bei der Wahl zu den Leichtathleten des Jahres. Was bedeutet Ihnen das Votum der Leser und User?

STARTSCHUSS für das Jahr 2007 – Christian Ermert in LEICHTATHLETIK und das Interview mit mit Jan Fitschen und Ulrike Maisch – Am eigenen Maßstab orientieren

By GRR 0

STARTSCHUSS
Erstmals sind in diesem Jahr zwei Langstreckler zu Deutschlands Leichtathleten des Jahres gewählt worden. Damit haben die Sensations-Europameister Jan Fitschen und Ulrike Maisch wohl eine einmalige Chance genutzt.
Denn die Wahrscheinlichkeit, dass in naher Zukunft den deutschen Läufern ein ähnlicher Coup gelingt, wie ihn Fitschen und Maisch in Göteborg vollbrachten, tendiert gegen null. Bei den Weltmeisterschaften 2007 und 2009 in Osaka und Berlin werden die Afrikaner wohl genauso die langen Strecken dominieren wie bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking.
Jan Fitschen und Ulrike Maisch wissen genau, dass eine WM-Medaille wohl ein utopisches Ziel ist. Das geben die beiden offen zu. So mancher Medaillenzähler könnte ihnen jetzt Verzagtheit vorwerfen, mehr Offensive und Orientierung am Weltniveau verlangen. Aber ist es ihnen nicht im Gegenteil hoch anzurechnen, dass sie sich von der Dominanz der Afrikaner nicht entmutigen lassen, weiter hart um Verbesserungen kämpfen und dabei auf eine unerwartete Chance hoffen, die sich auch bei Titelkämpfen mit weltweiter Beteiligung ergeben kann?
Gerade mit dieser Haltung sollten Jan Fitschen und Ulrike Vorbilder für alle deutsche Leichtatheten sein: Zunächst muss immer die Verbesserung der eigenen Leistung im Vordergrund stehen, dann erst sollte über die Konkurrenz nachgedacht werden. Und irgendwann ist man vielleicht besser als alle anderen und kann sich über Medaillen freuen.
Ständig mit Blick auf andere zu trainieren und in den Wettkampf zu gehen – diese Strategie führt selten zum Erfolg.

DAS INTERVIEW

„Von ganz anderem Kaliber“
Die beiden Überraschungs-Europameister Jan Fitschen (TV Wattenscheid) und Ulrike Maisch (1. LAV Rostock) haben die Wahl zu Deutschlands „Leichtathleten des Jahres“ deutlich für sich entschieden. Am Rande des Trierer Silvesterlaufes haben die beiden 29 Jahre alten Läufer im Interview mit leichtathletik verraten, wie sich ihr Leben durch die Sensationssiege von Göteborg verändert hat und was sie sich für das neue Jahr vorgenommen haben, in dem mit den Weltmeisterschaften in Osaka größte Herausforderungen auf den 10.000-Meter-Europameister und die Marathon-Europameisterin warten.

Frau Maisch, Herr Fitschen, herzlichen Glückwunsch zum Sieg bei der Wahl zu den Leichtathleten des Jahres. Was bedeutet Ihnen das Votum der Leser und User?

Ulrike Maisch: Es ist ein schöner Jahresabschluss. Bei der Wahl zur Sportlerin des Jahres Sechste gewesen zu sein, war schon toll, aber siegen ist besser. Ich bin überrascht, Steffi Nerius hinter mir gelassen zu haben, schließlich war sie bei der Sportlerwahl in Baden-Baden als Vierte noch vor mir.
Das ist der krönende Abschluss der Saison, ich bemerke die Sympathie der Leute.

Jan Fitschen: Das ist ein Riesenkompliment. Zumal die Konkurrenz groß war. Immerhin hat Ralf Bartels mit seinem EM-Sieg mit dem letzten Stoß in Göteborg auch begeistert.

Maisch: Ich finde es gut, dass diesmal zwei Läufer gewonnen haben. Bisher hat das ja nur Dieter Baumann geschafft, bei den Frauen noch keine. Von uns hat es ja in den vergangenen Jahren immer nur geheißen, dass wir international nichts zu bestellen haben.
Wir haben immer hart gearbeitet, doch bislang ist die Anerkennung ausgeblieben.

Das hat sich 2006 geändert. Dennoch meinen viele, die Lauf-Erfolge von Göteborg seien nicht wiederholbar.

Maisch: In den nächsten drei Jahren mit Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen wird das natürlich sehr schwer. Da ist die Konkurrenz von einem ganz anderen Kaliber als bei Europameisterschaften. Aber ich hoffe, zumindest in vier Jahren bei der nächsten EM noch mal ganz vorne mitmischen zu können.

Fitschen: Bei Starts auf Weltniveau müssen wir uns andere Ziele setzen als in Europa. Für mich ist eine Finalteilnahme bei einer WM oder bei Olympischen Spielen genauso viel wert wie für andere vielleicht eine Medaille. Zumal in fast allen Disziplinen die Leistungen der Weltspitze in den vergangenen Jahren schwächer geworden sind – nur bei den Läufern nicht.

Dennoch gelingt es deutschen Athleten in fast allen Ausdauer-Sportarten, das Weltniveau zu bestimmen. Triathleten, Skilangläufer, Radsportler, Schwimmer und die Biathleten sind mit zahlreichen Athleten in der Weltspitze vertreten. Nur die Läufer haben den Anschluss verpasst. Sogar die Europameister Jan Fitschen und Ulrike Maisch rangieren mit ihren Bestzeiten nur auf Rang 78 (Maisch) und 55 (Fitschen) der Weltbestenliste über 10.000 Meter und im Marathon. Woran liegt das?

Fitschen: So viele Afrikaner haben wir auf dem Fahrrad oder im Schwimmbecken halt noch nicht gesehen. Bei den Läufern dominieren sie natürlich die weltweite Szene. Das, was für uns Europa ist, entspricht dem, was in den anderen Ausdauer-Sportarten Weltniveau darstellt.
Laufen kann jeder, dafür braucht man weder eine gute Technik noch aufwändige und teure Ausrüstung. Radsport funktioniert nicht ohne teure Rennmaschinen und asphaltierte Straßen, Schwimmen nicht ohne Becken. Beim Laufen zeigen die Kenianer dagegen, dass man teilweise nicht mal ein paar Schuhe braucht, um schnell zu rennen.

Wissen denn die deutschen Lauf-Trainer und Athleten, was man tun muss, um die Weltspitze zu erreichen? Oder ist das Know-how in den anderen Ausdauersportarten größer?

Fitschen: Nein, wir wissen auch wie es geht. Aber bei uns ist die Konkurrenz einfach am stärksten.

Entmutigt es, zu wissen, bei einer WM keine Chance auf Medaillen zu haben?

Maisch: Mich entmutigt das überhaupt nicht. Ich hatte bei der EM doch eigentlich auch keine Chance und plötzlich war ich vorne. Im Marathon kann unglaublich viel passieren. Aber natürlich setze ich mir bei einer WM im Vorfeld andere, realistischere Ziele. Ich will unter die ersten Zehn kommen, das wäre ein Super-Ergebnis. Wenn die Medien und die Zuschauer damit nicht zufrieden sind, ist mir das egal.

Fitschen: Ich kämpfe auch für das, was ich für realistisch halte. Ich finde es toll, wenn ich weiter oft Deutscher Meister werde, ich finde es super, wenn ich 2008 zu den Olympischen Spielen fahren darf, und wenn ich da im Finale stehe, fühle ich mich wie ein König. Und wenn man dort erstmal ist, wer weiß…

Heißt das, dass Sie Ihre Planung auf die EM in vier Jahren ausrichten?

Maisch: Nein, gar nicht…

Fitschen: …natürlich ist es bei einer EM besonders schön, weil man die Chance hat, ganz oben zu stehen, aber Olympische Spiele bleiben für mich die Riesensache.

Maisch: Ich freue mich total auf die Weltmeisterschaften 2009 in Berlin. Gerade für uns Marathonläuferinnen ist es genial, vor eigenem Publikum durch die Straßen zu rennen. Das pusht mich extrem nach vorne.

Für dieses Jahr haben auch Irina Mikitenko und Sabrina Mockenhaupt ihr Debüt über 42,195 Kilometer angekündigt. Ist das für Sie eher eine Bereicherung der Szene oder lästige, zusätzliche Konkurrenz im eigenen Land?

Maisch: Es ist in erster Linie Motivation. Wenn die beiden durchkommen, werden sie bestimmt super Ergebnisse abliefern. Ihre Resultate beim Halbmarathon in Köln (Irina Mikitenko lief 1:10:09 Stunden, Sabrina Mockenhaupt 1:10:35; Anm. der Red.) haben gezeigt, dass sie richtig stark sein werden. Es wird ganz schwer, sich für Olympia 2008 zu qualifizieren.

Und bei der WM in Berlin 2009 könnte ein aussichtsreiches deutsches Frauenteam ins Rennen gehen…

Maisch: …ja klar, wir hätten schon in Göteborg die EM-Mannschaftswertung gewinnen können. Dazu hätte Luminita Zaituc Sechste oder Siebte werden müssen. Und wenn wir drei Frauen an den Start bringen, die unter 2:30 Stunden laufen, werden wir auch bei Weltmeisterschaften nicht schlecht aussehen.

Bis Berlin 2009 ist es noch ein weiter Weg. Wissen Sie schon, wo sie Ihren nächsten Marathon laufen werden?

Maisch: Auf dem Plan stehen 2007 drei Marathonläufe: einer im Frühjahr, die WM in Osaka und einer im Herbst, also fast wie 2006. Ich werde auch ähnlich trainieren, fahre zweimal nach Spanien ins Trainingslager, dann zum Skilanglauf, danach noch mal zum Laufen in die Berge, bevor der Frühjahrsmarathon auf dem Programm steht. Im Sommer ist ein Trainingslager in St. Moritz geplant.

Wo werden Sie im Frühjahr starten?

Maisch: Ich würde gerne wieder in Hamburg laufen, aber die Verhandlungen laufen noch.

Und was sind Ihre Pläne für 2007, Herr Fitschen?

Fitschen: Ich bin gerade mitten in der Diplomarbeit und will zunächst mein Studium abschließen, um mich danach voll auf den Sport konzentrieren zu können. So gesehen ist 2007 ein Übergangsjahr, wobei ich natürlich heiß auf Osaka bin…

…heiß ist ein gutes Stichwort. Bei der WM in Osaka dürfte es sehr warm und schwül werden, zumindest lassen die Klimatabellen das Ende August in der japanischen Stadt erwarten. Wie kommen Sie damit klar?

Maisch: Ich finde es nicht so toll. Göteborg war eher mein Wetter. Hinzu kommt, dass wir in Osaka schon um sieben Uhr morgens starten.

Wann müssen Sie aufstehen, um zu dieser Zeit fit zu sein?

Maisch: Vier Stunden vorher. Da lohnt es sich kaum, ins Bett zu gehen. Aber eigentlich stört mich das gar nicht so, weil ich Frühaufsteherin bin. Ich hoffe um die Zeit ist es noch nicht ganz so heiß.

Fitschen: Außerdem sind die Bedingungen für alle gleich. Wahrscheinlich kommt das japanische Klima Läufern aus südlichen Ländern entgegen, aber dadurch wird die ganze Sache auch unabwägbar und wer weiß, vielleicht kommen wir besser mit den Bedingungen klar als andere, und schon haben wir wieder ein paar Plätze gut gemacht.
Man muss immer positiv denken.

Werden Sie Ihre Vorbereitung auf die WM im Vergleich zu 2006 verändern?

Fitschen: Schon, ich habe mich wegen des Physik-Studiums ein bisschen eingeschränkt. Vergangenes Jahr war ich ja schon im Herbst im Trainingslager in Flagstaff in den USA. Das habe ich diesen Herbst ausfallen lassen. Auch auf die DLV-Maßnahme im Januar in Spanien verzichte ich, um an der Uni vorwärts zu kommen. Die Hallensaison hat deshalb für mich völlig untergeordnete Bedeutung. Ich werde ein paar Starts machen, aber die Hallen-EM in Birmingham kommt für mich nicht in Frage.
Ich hoffe, dass ich ab Ende Februar nicht mehr jeden Tag ins Labor an der Uni muss und in den Frühjahrs-Trainingslagern in Flagstaff und auf Texel meine Diplomarbeit zusammenschreiben kann. Dann habe ich den Kopf frei und im Sommer soll‘s wieder richtig zur Sache gehen. Ich will mich für die WM in Osaka qualifizieren und dort im Finale stehen.
Die Vorbereitung auf Olympia 2008 und auf die WM 2009 werde ich dann eventuell als Profisportler in Angriff nehmen.

Wäre es eine Alternative, dann zur Bundeswehr zu gehen, um finanziell abgesichert zu sein?

Fitschen: Das weiß ich noch nicht. Erstmal will ich dieses Diplom-Zeugnis in der Tasche haben und dann schaue ich weiter, ob ich vielleicht einen Halbtags-Job finde, zur Bundeswehr gehe oder ein paar Jahre nur vom Sport lebe.

Könnten Sie ohne Bundeswehr und ohne Halbtagsjob vom Laufen leben?

Fitschen: Derzeit ja…

Maisch: …seit August geht das

Fitschen: Aber vorher ging es auch schon. Ich habe zwar nichts zurücklegen können, aber die Unterstützung von meinem Verein, dem TV Wattenscheid, und von Nike war so, dass ich gut über die Runden kommen konnte.

Und seit dem EM-Gold können Sie auch für die Zeit nach dem Sport finanziell vorsorgen

Fitschen: Ich sammle zwar keine großen Reichtümer an, aber ich kann etwas zurücklegen, auch wenn es schön wäre, noch ein paar Sponsoren mehr zu haben.

Bei Ulrike Maisch sorgt die Bundeswehr seit September für die finanzielle Absicherung. Sie haben im Herbst die Grundausbildung absolviert. Wie war das?

Maisch: Schwer. Ich musste mich durchkämpfen. Mir ist es nicht leicht gefallen, auch Befehle zu befolgen, deren Sinn ich nicht sofort verstanden habe. Aber jetzt sind diese acht Wochen ja vorbei, ich kann mich voll auf meinen Sport konzentrieren und das ist natürlich toll.

Ist die Bundeswehr ihre Haupteinnahmequelle?

Maisch: Und Asics.

Ihr Verein, der LAV Rostock, zählt nicht zu ihren Hauptsponsoren?

Maisch: Der Verein hat kaum Geld und zahlt längst nicht so viel wie der TV Wattenscheid.

Ein Vereinswechsel stand dennoch nicht zur Debatte?

Maisch: Nein, das will ich nicht. Dazu bin ich vielleicht zu moralisch. Der Verein hat schon vor dem EM-Gold alles für mich getan, was er konnte. Ich fühle mich wohl und will weiter in Rostock trainieren, ohne Schwierigkeiten zu bekommen. Außerdem lebe ich auch so ganz gut.

Ihr Sprachen-Studium haben Sie unterbrochen?

Maisch: Ja, ich bin exmatrikuliert, aber alle meine Scheine werden weiter anerkannt, so dass ich irgendwann wieder anfangen kann. Aber zumindest in den nächsten beiden Jahren will ich nur Sport machen.

Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach dem Sport?

Fitschen: Ich kann es mir derzeit kaum vorstellen, später als Physiker zu arbeiten und jeden Tag acht Stunden im Labor zu stehen. Viel lieber würde ich auch beruflich im Sport Fuß fassen.

Maisch: Ich fände es auch interessant, im Sport zu arbeiten, könnte mir aber auch vorstellen ins Ausland zu gehen. Andererseits habe ich in Verletzungsphasen auch gemerkt, dass ich mich sehr schnell vom Sport entfernen kann, wenn ich nicht mehr mittendrin bin.

Bis wann planen Sie Ihre Laufkarrieren?

Maisch: Bis zur WM 2009 in Berlin auf jeden Fall und dann kann man die EM ein Jahr später auch noch mitnehmen.

Fitschen: Ich träume davon, noch länger zu laufen als bis zur EM 2010. Ich kann mir auch vorstellen, es danach noch im Marathon zu probieren.

Ist es Ihnen schwer gefallen, nach dem Riesenerfolg von Göteborg wieder in den Trainingsalltag zu finden?

Maisch: Ich fand’s nicht schwer.

Fitschen: Ich auch nicht. Im Gegenteil, ich habe gedacht: Genial, da geht ja noch viel mehr, jetzt erst recht. Wenn ich jetzt morgens im Labor stehe, packt mich die Unruhe, weil ich viel lieber wie ein Verrückter durch den Wald rennen würde.

Maisch: Mir macht das Training viel mehr Spaß als vorher.

Stehen Sie als Europameister unter besonderem Druck, wenn Sie an den Start gehen?

Maisch: Ich laufe ja nur drei Marathons im Jahr und bei den Wettkämpfen über kürzere Distanzen habe ich keinen Druck, weil es ja nicht meine Strecke ist. Aber ich will zeigen, dass ich in Göteborg zurecht gewonnen habe.

Fitschen: Bei mir hat sich nicht viel verändert. Europameister klingt natürlich anders als Deutscher Meister, aber ich habe auch vorher sehr, sehr ungern verloren. Aber es gehört dazu, mit Niederlagen umgehen zu können, wenn die Form nicht top ist.

Maisch: Allerdings wird die Konkurrenz jetzt stärker auf uns schauen und Überraschungen wie in Göteborg werden schwerer zu realisieren.

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft, was Zeiten angeht?

Maisch: 2007 wäre eine 2:27er-Zeit toll, 2:28 wären in Ordnung, unter 2:30 muss sein. Das Geheimziel für die fernere Zukunft ist aber die Bestzeit meines Trainers, die bei 2:25:40 Stunden steht. Und dann will ich irgendwann mal einen Ironman-Triathlon bestreiten.

Fitschen: Ich will Bestzeiten laufen und die 28 Minuten über 10.000 Meter unterbieten. Außerdem hat unser Bundestrainer Detlef Uhlemann Prämien für diejenigen ausgelobt, die seine Bestzeiten über 5000 und 10.000 Meter unterbieten. Das ist ein großer Anreiz, aber auch ein weiter Weg.

Wie haben sich Ihre Erfolge von Göteborg auf den Rest der deutschen Langstreckenszene ausgewirkt?

Fitschen: Wir haben gezeigt, dass man mit Beharrlichkeit zum Ziel kommen kann. Wir sind beide nicht so ein Riesentalent wie beispielsweise Nils Schumann, der 2000 mit 22 Jahren Olympiasieger wurde. Außerdem hat es bei uns trotz vieler Rückschläge geklappt. Das kann auch andere motivieren, die sich sagen:
Das gibt’s ja gar nicht, der Fitschen, den habe ich doch auch schon geschlagen, jetzt will ich mal sehen, was bei mir so geht.

Maisch: Ich glaube aber auch, dass unter den Läuferinnen die eine oder andere denkt, warum ausgerechnet die Maisch, ich kann doch schneller.

Hat Sie der Erfolg verändert?

Maisch: Es ist schwer, das selbst zu beurteilen, aber ich glaube nicht.

Fitschen: Wir haben natürlich direkt nach Göteborg auf einer Wolke der Euphorie geschwebt, aber das erste schlechte Training hat mich schnell auf den Teppich zurückgeholt.

Maisch: Direkt nach der EM habe ich bei Trainingsläufen mit anderen unheimlich viel gequasselt. Dabei habe ich manchmal befürchtet, das könnte als Angeberei aufgefasst werden.
Aber ich wollte einfach nur erzählen, was ich erlebt habe.

Hat sich Ihr Leben durch den EM-Titel gewandelt?

Maisch: Eigentlich nicht, wir verdienen ein bisschen mehr Geld und haben mehr Termine.

Fitschen: Das Laufen hat vorher sehr viel Spaß gemacht und jetzt macht es noch mehr Spaß, wir erleben einfach mehr, lernen interessante Leute kennen.

Maisch: Ich musste auch lernen, nein zu sagen, um nicht zu viele Termine wahrzunehmen.

Haben Sie mittlerweile Manager, die Sie in diesen Dingen beraten?

Maisch: Bei mir macht das alles mein Trainer Klaus-Peter Weippert.

Fitschen: Für mich übernimmt das neuerdings Frank Thaleiser. Ich kann mich nicht mehr selbst um alles kümmern, das würde mir über den Kopf wachsen.

Ihr Trainer, Ulrike Maisch, wurde kürzlich zum Trainer des Jahres gewählt. Was zeichnet ihn aus?

Maisch: Er macht alles für mich, so dass ich mich voll aufs Laufen konzentrieren kann. Er ist Trainer, Manager, Masseur, Koch und noch vieles mehr.

Koch?

Fitschen: Wir Wattenscheider schauen im Trainingslager immer ein bisschen neidisch zu den Rostockern. Während wir alles selbst einkaufen und kochen, macht bei Ulrikes Gruppe alles der Trainer. Bei denen steht das Essen auf dem Tisch, wenn sie vom Training kommen. Wir fangen dann erst an zu kochen und warten auf Einladungen aus Rostock.

Maisch: Klaus-Peter Weippert kann einfach alles kochen. Es schmeckt immer super.

Und deshalb ist Klaus-Peter Weippert und nicht Tono Kirschbaum, der Trainer von Jan Fitschen, zum Trainer des Jahres gewählt worden? Weil Tono Kirschbaum nicht kocht?

Maisch (lacht): Kann sein…

Fitschen (schmunzelt): …für mich ist Tono Kirschbaum trotzdem der beste Trainer.

Das Gespräch führten Christian Ermert und Anja Herrlitz
LEICHTATHLETIK
Nr. 01 vom 2. Januar 2007

author: GRR

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