Das starke DLV-Trio mit v. lks.: Korbinian Schönberger, Stefan Hubert und Benedikt Hoffmann ©wus-media - Wilfried Raatz
Starke Vorstellung der deutschen Berglaufasse in Oberstdorf – Stefan Hubert jagt Vize-Weltmeister Teklay und gewinnt am Nebelhorn – 28jähriger Thüringer ist auf der Kurz-. und Langdistanz aktuell die Nummer 1 – Ludwig Reiser berichtet
Dreihundertfünfzig Bergläufer wollten bei herrlichem Sommerwetter den „härtesten deutschen Berglauf“ auf das 2224 m hoch gelegene Nebelhorn absolvieren, am Ende klaffte zwischen dem Sieger Stefan Hubert aus Sömmerda in Thüringen und dem Schlusslicht Katrin Guth-Kriszka aus Erfurt eine Zeitdifferenz von eindreiviertel Stunden.
Das ist freilich eher nebensächlich, denn auf 10,5 km mussten immerhin 1405 Höhenmeter überwunden werden – und mit Stefan Hubert stellte sich der aktuell beste deutsche Bergläufer in einer super Verfassung im Duell mit seinen Nationalmannschaftskollegen vor. Der im schweizerischen Bad Ragaz lebende Hubert sicherte sich in der noch jungen Berglaufsaison nach dem LGT alpin Marathon mit dem Nebelhornlauf einen weiteren Toplauf der Szene.
Mit seiner Siegerzeit von 1:01:32 Stunden lief der 28jährige Sportwissenschaftler eine hervorragende Zeit, die in diesem Jahrtausend noch nicht auf der überaus selektiven Strecke vom Marktplatz in Oberstdorf auf das Nebelhorn erreicht wurde.
Dabei profitierte Stefan Hubert sicherlich etwas von der Orientierungslosigkeit des eriträischen Weltklasseläufers Youssief Tekle, der die Mittelstation Höfatsblick mit allerdings nur drei Sekunden Vorsprung auf Hubert erreichte und dabei allerdings einen kleinen Spurt einlegte in der Auffassung, dass hier bereits das Ziel wäre. Nur 500 Meter jedoch überholte der Thüringer den sichtlich angeschlagenen Eriträer und lief von dieser Stelle aus ein souveränes Rennen hinauf zum Ziel.
„Das darf eigentlich einem Weltklasseathleten nicht passieren“, wunderte sich Stefan Hubert, um im gleichen Moment allerdings mit einer gehörigen Portion Selbstbewußtsein fortzusetzen: „Heute war ich mir auch allerdings sicher, den eriträischen Kollegen schlagen zu können!“
Der Junioren-Weltmeister jedenfalls stieg kurz danach aus und wurde später aus verständlichen Gründen nicht mehr gesehen.
Vom Start weg hatte sich an der Spitze mit Tekle und Hubert ein starkes Duo gebildet, ehe dahinter eine Viergruppe mit dem Vorjahressieger Korbinian Schönberger (Regensburg), Benedikt Hoffmann (Heilbronn), Joseph Katib (Nürnberg) und dem Skilangläufer Philipp Marschall (Unteralba) folgte. Nach der Seealpe platzte bereits diese Gruppe, nicht zuletzt weil Benedikt Hoffmann in einer Flachpassage bei seinem ersten diesjährigen Berglauf sein Tempo weiter lief und im Nu einziger Verfolger des Spitzenduos wurde. „Ich war sehr überrascht, dass keiner mitlaufen wollte. Für mich lief es super, zumal ich immer näher an Stefan herankommen konnte!“ am Ende trennten den Lehramtsreferendar mit künftigem Wohnort Freiburg knapp fünfzig Sekunden von Rang eins.
Doch weitaus wichtiger ist für den EM-Zwölften des Vorjahres die Erkenntnis, dass er mit dieser überzeugenden Leistung bereits seine Anwartschaft auf einen Startplatz bei den Berglauf-Weltmeisterschaften in Casette di Massa (Italien) am 14. September überaus eindrücklich unterstreichen konnte.
Eine Woche nach seiner starken Vorstellung beim Osterfelder Berglauf in Garmisch-Partenkirchen blieb Korbinian Schönberger erstaunlich blass und wurde mit fast drei Minuten Rückstand auf Hoffmann Dritter. „Ich verstehe das nicht, vor einem Jahr lief ich praktisch zwei Minuten schneller, obwohl im oberen Teil noch viel Schnee lag!“
Der Vorjahressieger musste sich immer wieder umdrehen, denn mit mächtigem Schritt stürmte Philipp Marschall das Nebelhorn hinauf. Der frühere Junioren-Weltmeister im Skilanglauf und aktuelle Weltcupstarter kam nur 35 Sekunden hinter Korbinian Schönberger ins Ziel und ließ dabei mit dem Towerrunning-Spezialisten Christian Riedl (Erlangen) und dem Nebelhorn-Sieger 2010 Thomas Göpfert starke Spezialisten hinter sich.
„Mit Stefan, Benedikt und Korbinian haben wir bereits ein starkes Team für die WM, das durch den deutschen Meister Toni Palzer sicherlich noch komplettiert werden sollte“, so der DLV-Berglaufchef Wilfried Raatz nach dem ersten Qualifikationslauf der Männer für Casette di Massa. „Zu allererst wird sich Stefan allerdings auf die WMRA Long Distance-Challenge in Manitou Springs vorbereiten, dann werden wir erst weiter sehen können!“
Eines jedenfalls dürfte dem DLV-Nationalmannschaftscoach nicht entgangen sein, nämlich die Tatsache, dass mit Stefan Hubert ein exzellenter Bergläufer heranreift, der mit einem gewissen Druck umzugehen weiß und mit der zweitbesten Nebelhorn-Zeit auch internationalen Ansprüchen genügen sollte.
Aber auch im weiteren Feld der 331 Finisher tummelte sich so manche Prominenz. So legte der Nordische Kombinierer Johannes Rydzek als Dreizehnter in 1:10:16 Stunden einen überzeugenden Beleg seiner Kraftausdauer ab. Rydzek ist zweifacher Junioren-Weltmeister und holte in Sotschi mit seinem Teamkollegen Olympiasilber.
Im erheblich schwächeren Frauenfeld setzten sich zwei Mastersläuferinnen durch: Nach 2010 kam dabei Monica Carl erneut zum Sieg. Die 43jährige der LG Welfen gewann nach 1:22:01 Stunden mit drei Minuten Vorsprung vor der 52jährigen Gerti Ott aus Memmingen, die bereits 2005 als Siegerin am Nebelhorn gefeiert wurde. Das Nachsehen hatten dabei die jungen Bergläuferinnen: Mit der Jugend-Olympiade-Starterin Sofie Krehl lief als Fünfte auch hier ein Skilanglauftalent aus Oberstdorf in die Frauenspitze hinein.
Auch erst 18 Jahre alt ist Carola Dörries, die im vergangenen Jahr allerdings schon die Jugendwertung beim Berlin-Marathon in 3:26:35 Stunden gewinnen konnte.
Ludwig Reiser