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2011 IAAF World Outdoor Championships Daegu, South Korea August 27-September 5, 2011 Photo: Jiro Mochizuki@PhotoRun Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET

Sprintstar Bolt Usains Rückschritt – Michael Reinsch, Ostrava in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

26.05.2012 ·  Der Jamaikaner Usain Bolt gewinnt den Sprint bei den „Golden Spikes“ in Ostrava. Doch sein Jubel fällt verhalten aus: Er benötigt für die 100 Meter 10,04 Sekunden und liegt damit über vier Zehntel über seinem Weltrekord. Die Fehler will er nun mittels Youtube analysieren.

Wie schön, wenn man Objekt internationaler Bewunderung ist und einer wahrlich weltumspannenden Tätigkeit nachgeht. Usain Bolt, der selbstverständlich nicht für seinen Sprint allein von den Veranstaltern der „Golden Spikes“ in Ostrava 300.000 Dollar Antrittsgeld erhielt, war fassungslos, als er dem Publikum am Freitagabend den längsten Sprints seines Lebens als professioneller Sprinter geboten hatte, besser: den langsamsten.

10,04 Sekunden brauchte der dreifache Olympiasieger vom schlechten Start hundert Meter weit bis zur mühsamen Überquerung des Zielstrichs – ein Superlativ, der sogar seine historisch schlechten Rennen von Kreta 2007 und dem verkaterten Herbst 2008 übertraf; seinerzeit kam er immerhin eine Hundertstel eher ins Ziel.
 
Die Zuschauer reagierten spürbar verhalten auf Bolt, der von großer Geste mit der gestischen Andeutung eines Flugzeugstarts und einem Küsschen, das er zum Himmel sandte, zu Schulterzucken und Haareraufen wechselte. Statt, wie er ihnen fast eine Woche lang Tag für Tag versprochen hatte, seine Zeit vom Saisoneinstieg in Jamaika von 9,82 Sekunden vor ihren Augen zu unterbieten, hatten sie nun reichlich zwei Zehntelsekunden mehr Bolt in vollem Lauf geboten bekommen. Ihre Enttäuschung machten sie mit gedämpfter Stimmung deutlich. Da war schon mehr Jubel gewesen für den schlaksigen Jamaikaner, der seit 2006 sechsmal nach Ostrava gekommen war, so oft wie zu keinem anderen Sportfest außerhalb Jamaikas.

Beim Start fehlt ihm der Drive

Bolt war sichtlich betroffen. „Ich weiß nicht, was schief gegangen ist“, sagte er, nachdem er einen Rückstand auf den quicklebendig aus den Startblöcken gesprungenen früheren Weltmeister Kim Collins (10,19) und den Amerikaner Darvis Patton (10,22) wett gemacht und gesiegt hatte. „Wenn du aus dem ersten Viertel keinen Drive mit ins Rennen nimmst, machst du die nächsten drei Viertel nur mit harter Arbeit und Talent.“ Der schnellste Mann der Welt misst sich selbst stets an seinem Weltrekord von 9,58 Sekunden. Von diesem Anspruch ist sein Sprint noch weit entfernt. Um die Einzelteile des Laufs bei nächster Gelegenheit, dem Diamond League-Sportfest in Rom am Donnerstag richtig zusammenzusetzen – zumal dort sein Landsmann Asafa Powell und Europameister Christophe Lemaitre gegen ihn antreten werden – , wird Bolt das Stückwerk von Ostrava professionell analysieren.

Enttäuschter Bolt: Der Jamaikaner wirkte nach dem verpatzten Sprint ratlos

Trainer Glen Mills hat ihn schließlich mit der Maßgabe nach Europa geschickt, auf seine Lieblingsstrecke, die 200 Meter, zu verzichten und den halb so langen Sprint richtig zu üben, den er im vergangenen Jahr bei der Weltmeisterschaft in Daegu mit seinem Fehlstart vermasselte. Nach Ostrava und Rom wird er dazu noch in Oslo starten, bevor es bei den jamaikanischen Trials um die Olympiaqualifikation geht. Dank weltweitem Netz ist Mills, obwohl er auf die Europatournee seines Meisterschülers verzichtet, dicht dran.

Bolt verrät, wie die Laufanalyse bei ihm funktioniert: „Ich gucke mir auf Youtube an, wie ich gelaufen bin. Dann telefoniere ich mit dem Coach in Jamaika.“

 

Michael Reinsch, Ostrava in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Sonnabend, dem 26. Mai 2012

DLV:

24.05. – 25.05.12 World Challenge-Meeting Ostrava (Tschechische Republik)

author: GRR

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