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19
01
2007

in Herr Springstein würde nach dieser Regelung vermutlich nicht mehr straffrei ausgehen für das, was in seinem Kühlschrank gefunden wurde, sagte Dagmar Freitag in Anspielung auf den spektakulären Prozess gegen den Leichtathletiktrainer in Magdeburg.

Sportkriminalität – Dopingbesitz soll strafbar werden – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) – Sportler mit geringen Mengen Doping müssen auch künftig „nur“ vors Sportgericht

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Die große Koalition aus Union und SPD will den Besitz von „nicht geringen Mengen“ von Dopingmitteln unter Strafe stellen. Die Vereinbarung, Paragraph 6a des Arzneimittelgesetzes entsprechend zu verschärfen, stellten die sportpolitischen Sprecher der Fraktionen, Klaus Riegert und Dagmar Freitag, am Donnerstag in Berlin vor.

Er soll in das Paket von Maßnahmen und Gesetzesverschärfungen gegen Doping einfließen, das Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble vorbereitet hat. „Damit könnte der Sportler in einem strafrechtlichen Verfahren Beschuldigter sein“, sagte Peter Danckert, Vorsitzender des Sportausschusses im Bundestag.

Telefone abhören und Wohnungen durchsuchen

Strafverfolgungsbehörden soll es ermöglicht werden, bei Verdacht auf Doping in großem Stil, Telefone abzuhören und Wohnungen zu durchsuchen. Werden Dopingmittel gefunden – einerlei ob bei einem Trainer oder einem Sportler -, obliegt die Sanktionierung je nach Menge der Substanzen der Straf- oder der Sportgerichtsbarkeit. Die Definition der strafbaren Menge soll einheitlich für alle Länder geregelt werden.
„Ein Herr Springstein würde nach dieser Regelung vermutlich nicht mehr straffrei ausgehen für das, was in seinem Kühlschrank gefunden wurde“, sagte Dagmar Freitag in Anspielung auf den spektakulären Prozess gegen den Leichtathletiktrainer in Magdeburg.
Eine Verpflichtung der Staatsanwaltschaften, Sportorganisationen über ihre Ermittlungen zu informieren, liegt außerhalb der Hoheit der Bundesgesetzgebung.

„Die Bestrafung des Handels und der Hintermänner“

Staatssekretär Christoph Bergner aus dem Bundesinnenministerium begrüßte die Einigung der Sportpolitiker und stellte in Aussicht, das Gesetz könne noch in diesem Jahr in Kraft treten. Auch Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), der vehement gegen den Straftatbestand des Besitzes von Dopingmitteln gekämpft hatte, zeigte sich am Donnerstag erfreut.
„Dies ist eine klärende Definition des Handels und keine Besitzstrafbarkeit“, sagte er in Berlin. „Die Bestrafung des Handels und der Hintermänner fordern wir in unserem Zehn-Punkte-Plan. Wer dopt, unterliegt weiterhin der Sportgerichtsbarkeit. Auch das entspricht unseren Forderungen.“ Das gesamte Paket sei ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Doping.

Kennzeichnungspflicht von Dopingmitteln

Schäuble will laut Entwurf aus seinem Haus das Bundeskriminalamt im Kampf gegen Doping einsetzen. Das Arzneimittelgesetz soll für besonders schwere Fälle von banden- und gewerbsmäßigem Handel Haftstrafen bis zu zehn Jahren ermöglichen. Es soll zudem sogenannte Designer-Dopingmittel (also keine Arzneimittel) sowie Methoden der Manipulation wie Blutdoping umfassen.
Laut Entwurf sind auch Kennzeichnungspflicht von Dopingmitteln, die Erweiterung der Telefonüberwachung bei schweren Fällen sowie die Empfehlung an die Länder vorgesehen, Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften einzurichten.

Bildung von Brüsten verhindern

Der am Donnerstag vorgestellte Kompromiss der Sportpolitiker geht über diese Maßnahmen hinaus. Ausdrücklich soll demnach der Besitz von anabolen Substanzen, also muskelbildenden Sexualhormonen, von Hormonen wie Erythropietin (Epo), Wachstumshormon und Insulin sowie von Substanzen mit antiestrogener Aktivität, also der Umwandlung von weiblichen in männliche Sexualhormone, unter Strafe gestellt werden, wenn sie zu Dopingzwecken im Sport eingesetzt werden und eine geringe Menge überschreiten.
Antiestrogene werden allein in der Krebstherapie bei Frauen eingesetzt. Als Dopingmittel sollen sie Nebenwirkungen von Testosteron, etwa die Bildung von Brüsten, verhindern und die natürliche Produktion von Testosteron nach einer Dopingmittel-Kur wieder anregen. Die Bezeichnung der Substanzen geht auf den Dopinganalytiker Wilhelm Schänzer zurück und soll anhand der Verbotsliste der Welt-Anti-DopingAgentur (Wada) ständig aktualisiert werden.

Die Vereinbarung enthält den Satz: „Das bedeutet, dass ein Sportler, der mit einer geringen Menge der oben bezeichneten Substanzen angetroffen wird, nach wie vor lediglich der Sportgerichtsbarkeit unterliegt.“ Klaus Riegert sagte: „Wenn wir uns nicht geeinigt hätten, hätten wir auch alle anderen Regelungen blockiert.“

An diesem Freitag wird der Bundestag die Konvention der Unesco gegen Doping annehmen und dazu debattieren.

Michael Reinsch
Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)
Donnerstag, dem 18. Januar 2007

author: GRR

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