Prof. Dr. Hans Joachim Teichler (lks.) bei der Eröffnung der Ausstellung „Vergessene Rekorde. Jüdische Leichtathletinnen vor und nach 1933“ im Centrum Judaicum ©Horst Milde
Sporthistoriker Hans Joachim Teichler vollendet 70. Lebensjahr
Der Sporthistoriker Prof. Dr. Hans Joachim Teichler vollendete am Mittwoch, 10. August 2016 sein 70. Lebensjahr. Von 1994 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2011 war Hans Joachim Teichler Professor für Zeitgeschichte des Sports im Institut für Sportwissenschaft der Universität Potsdam und leitete dort den gleichnamigen Arbeitsbereich.
Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehörten der Arbeitersport, die Sportpolitik im Dritten Reich, die politisch-gesellschaftliche Rolle des Sports in der DDR und die Erinnerungskultur im deutschen Sport. Prof. Teichler hatte das inzwischen zum „Department für Sport- und Gesundheitswissenschaften“ umstrukturierte ehemalige Institut für Sportwissenschaft der Uni Potsdam von 1995 bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden zeitweilig auch als Geschäftsführender Direktor geleitet.
Seine Professur wurde bislang wegen eines sog. „k.w.-Vermerks“ (kann wegfallen) nicht wiederbesetzt. Teile der Aufgaben der früheren Professur von Hans Joachim Teichler werden jetzt von einem seiner Schüler, Dr. Berno Bahro, wahrgenommen, der dazu der Professur für Trainings- und Bewegungswissenschaft als akademischer Mitarbeiter zugeordnet ist.
Prof. Hans Joachim Teichler wurde in Finsterwalde (heute Land Brandenburg) geboren und kam 1959 als Republikflüchtling mit seiner Familie nach Helmstedt, wo er 1966 das Abitur ablegte. Der Jubilar absolvierte ein Studium in den Fächern Leibeserziehung und Sozialwissenschaften mit Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien an der Universität Bonn, wo er u.a. auf den Politologen Prof. Karl Dietrich Bracher und Prof. Hajo Bernett als akademischen Lehrer im Fach Sportgeschichte traf und von 1974 bis 1976 beim ihm eine Assistentenstelle innehatte.
Für seine besonderen Leistungen wurde Teichler damals mit dem Hermann-Altrock-Stipendium des Deutschen Sportbundes (DSB) ausgezeichnet. Prof. Hans Joachim Teichler machte sich einen Namen in der Sportwissenschaft zuerst mit dem vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft geförderten Forschungsprojekt über „Filme und Rundfunkreportagen zur Sportgeschichte von 1907 bis 1945“, dessen Ergebnisse er (zusammen Wolfgang Meyer-Tycheloven) im Band 39 der Schriftenreihe des Bundesinstituts für Sportwissenschaft 1981 im Verlag Karl Hofmann in Schorndorf vorlegte.
Prof. Hans Joachim Teichler war später als abgeordneter Oberstudienrat im Hochschuldienst am Institut für Sportwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum beschäftigt und konnte hier bei Prof. Horst Ueberhorst zum Thema „Internationale Sportpolitik im Dritten Reich“ promovieren. Seine Arbeit wurde anschließend mit der Carl-Diem-Plakette des DSB ausgezeichnet und ist als Band 23 der Wissenschaftlichen Schriftenreihe des DSB erschienen. Teichler – zwischenzeitlich Studiendirektor an der Intgegrierten Gesamtschule Bonn-Beuel – arbeitete gleich nach der Wende von 1990 bis 1994 als Sportreferent in der SPD-Bundestagsfraktion und war hier maßgeblich an der Konzeption des Goldenen Plans Ost beteiligt, dessen Förderungsmaßnahmen wesentlich zum Ausbau der Sportinfrastruktur in Ostdeutschland beigetragen haben.
Prof. Hans Joachim Teichler ist Mitbegründer der Zeitschrift „Sozial- und Zeitgeschichte des Sports“ (heute „SportZeiten“) und war auch in der Sektion Sportgeschichte der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft im Vorstand und über mehrere Jahre als deren Sprecher tätig. Während seiner Lehr- und Forschungstätigkeit an der Uni Potsdam hat er sich auch mit der deutschen Sportpolitik in der Wendezeit und im Prozess der Wiedervereinigung beschäftigt sowie einen weiteren Schwerpunkt auf die Entstehung von Turnen und Sport in Brandenburg gelegt.
Und was die Erinnerungskultur des Sports angeht, ist machen von uns immer noch die viel beachtete Ausstellung „Vergessene Rekorde. Jüdische Leichtathletinnen vor und nach 1933“ in guter Erinnerung, die er zusammen mit seinem Schüler Berno Bahro und seiner Schülerin Jutta Braun realisiert hat und die 2009 während der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Berlin im Centrum Judaicum in der Oranienburger Straße erstmals zu sehen war.
Ähnliches gilt für die von ihm zusammen mit Prof. Lorenz Peiffer und Dr. Henry Wahlig (beide Leibniz Universität Hannover) gemeinsam konzipierte Freiluft-Ausstellung „Zwischen Erfolg und Verfolgung – Jüdische Sportlinnen und Sportler in Deutschland“, die 2015 aus Anlass der Europäischen Maccabi-Spiele vor dem Berliner Hauptbahnhof gezeigt wurde.
Auch mit 70 Jahren lässt Prof. Hans Joachim Teichler die Sportgeschichte nicht los: Vor ein paar Tagen erst erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von ihm die Besprechung eines neuen Buches zu den Olympischen Spielen 1936.
Auch das aktive Sporttreiben gehört für Prof. Hans Joachim Teichler, der früher u.a. Handball spielte und die 800 m in 1:59,6 Min. lief, weiterhin zum Alltag – sei es unterwegs beim Segeln auf den umliegenden Seen oder als aktives Mitglied seines „Heimatvereins“, dem SV Caputh, wo Flüchtlinge ohne Mitgliedsbeitrag mitmachen können.
Prof. Detlef Kuhlmann
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