Die Stasi hatte Zugriff auf alle Lebensbereiche in der DDR, auch wenn das für den Einzelnen nicht immer direkt erkennbar war.
Sport und Stasi – Thema einer Dauerausstellung in Berlin – Prof. Dr. Detlef Kuhlmann berichtet
Unter dem Titel „STASI. Die Ausstellung zur DDR-Staatssicherheit" ist im Bildungszentrum des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in Berlin eine Dauerausstellung zu sehen, die die Geschichte und die Arbeitsweise des 1950 gegründeten Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) eindrucksvoll dokumentiert.
Rund 40 Jahre lang sicherte das MfS mit seinen zuletzt über 90.000 hauptamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Herrschaft der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) als eine Art innenpolitische Geheimpolizei sowie als Ermittlungsbehörde und Auslandsnachrichtendienst in einem.
Die Stasi hatte Zugriff auf alle Lebensbereiche in der DDR, auch wenn das für den Einzelnen nicht immer direkt erkennbar war. Folgerichtig widmet sich die Ausstellung im Segment „Staatssicherheit und Alltag" beispielhaft insgesamt sieben Lebensbereichen, zu denen neben Jugend, Kultur, Reisen, Kirchen, Betrieb, Nationaler Volksarmee auch der Sport gehört: „So zählten der Leistungs- und der Breitensport zu den ‚Sicherungsobjekten' des MfS.
Aus Angst vor ‚feindlichen Einflüssen' und aus Misstrauen gegenüber den Sportlern selbst überwachte es die Kontakte und Aktivitäten im sportlichen Bereich. Besondere Aufmerksamkeit galt der Geheimhaltung von staatlichem Doping", das können wir wörtlich schon in einem Flyer lesen, der die wichtigsten Informationen zur Dauerausstellung in der Zimmerstraße 90/91 (Foyer Erdgeschoss) in Berlin-Mitte (nahe dem ehemaligen Grenzkontrollpunkt Checkpoint Charlie) enthält.
Wer die Dauerausstellung selbst genauer inspiziert, den erwartet im besagten Modul „Staatssicherheit und Sport" z.B. eine „MfS-Skizze mit der Sitzverteilung von MfS-Mitarbeitern anlässlich des UEFA-Cup-Rückspiels im Dresdener Dynamo-Fußballstadion, 22. November 1974" (so die offizielle Bezeichnung der Tafel).
Für dieses Spiel gegen den Hamburger SV hatte die Stasi einst ein detailliertes Sicherungskonzept entwickelt, das vorsah, dass in dem 28.000 Plätze fassenden Stadion insgesamt 1.936 MfS-Mitarbeiter gezielt und flächendeckend auf sämtliche Blöcke A bis E auf der Tribüne sowie im Innenraum, im Kabinen- und Terrassenbereich und am Marathontor verteilt wurden. Auf der Abbildung sind in Block G beispielsweise für die 4.430 Plätze genau 220 Mitarbeiter und der Leitung von „Major Jankowski" eingeteilt worden. Sie alle sollten Kontakte zwischen west- und ostdeutschen Zuschauern verhindern und Sympathiebekundungen von DDR-Fans gegenüber der westdeutschen Mannschaft aus Hamburg unterbinden.
Desweiteren ist im Ausstellungsteil zum Sport die Niederschrift über die Beendigung der Zusammenarbeit mit einem sog. inoffiziellen Mitarbeiter (IM) zu lesen, der als Sportfunktionär in der internationalen Abteilung des Deutschen Turn- und Sportbundes der DDR (DTSB) und als Funktionär des Amateurbox-Weltverbandes tätig war, um vor allem „über die Stimmung innerhalb des DTSB sowie über Kollegen und Vorgesetzte" zu berichten.
Der als IM „Möwe" registrierte Funktionär arbeitete seit 1956 zunächst in der Armeesportvereinigung Vorwärts für die Stasi – offensichtlich zur vollsten Zufriedenheit des Ministeriums bzw. der hauptamtlichen Vorgesetzten: „Für seine stets einsatzbereite und konstruktive Zusammenarbeit wurde der IM durch das MfS mehrfach mit Medaillen, Prämien und Sachgeschenken ausgezeichnet", ist jedenfalls im von „Oberstleutnant Radeke" unterzeichneten Abschlussvermerk nachzulesen.
Zur Stasi-Dauerausstellung, die von Bundespräsident Christian Wulff eröffnet wurde, ist auch ein umfassender Katalog mit Aufsätzen erschienen. Der 220-seitige Band der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Gesamtredaktion Gabriele Camphausen) enthält in Wort und Bild ferner die sechs Biografien von Stasi-Opfern, die ebenfalls in der Ausstellung nachgezeichnet werden, sowie zwölf thematische Beiträge (u. a. zur Westarbeit der Stasi und zur Verwendung der Stasi-Akten für die Strafverfolgung).
Die Ausstellung ist von Montag bis Samstag jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet; der Eintritt ist frei.
Weitere Informationen zur Ausstellung und zu weiteren (Bildungs-) Angeboten auch im Internet unter: www.bstu.bund.de.