„Sport-Projekte im öffentlichen Raum am Beispiel des Internationalen Alsterlaufes“ – Karsten Schölermann und sein Beitrag aus dem Buch „Eventmanagement und Marketing im Sport – Emotionale Erlebnisse und kommerzieller Erfolg“
Sportevents sind Zuschauermagneten. Sie sind ein wichtiger Tourismus- und Wirtschaftsfaktor für Städte und Regionen − aber nur, wenn sie durch perfekt inszenierte Erlebniswelten und hohen Unterhaltungswert überzeugen. Wie das gelingt zeigt Ihnen das Buch von Andreas Hebbel-Seeger und Jörg Förster.
Namhafte Experten benennen wesentliche Maßgaben für Sportevents aus Sicht von Wissenschaft, Medienwelt, Agenturbetrieb und öffentlicher Verwaltung. Sie beschreiben die Kernelemente von Sportevents, Eventarten, Kosten-Nutzen-Analysen, rechtliche Rahmenbedingungen und PR-Strategien und geben aufschlussreiche Analysen der Sportevent-Praxis anhand zahlreicher konkreter Beispiele. Die zum Buch gehörende DVD gewährt Ihnen zusätzliche Einblicke mit Videointerviews, Veranstaltungstrailern, Fotostrecken und Clippings.
"Sport-Projekte im öffentlichen Raum am Beispiel des Internationalen Alsterlaufes"
Am Anfang steht die Idee
Im Juli 1990 rief Carlheinz Hollmann (verstarb 2003) nur wenige Wochen vor dem damals größten Norddeutschen Volksfest, dem Alstervergnügen, an. „Hallo Karsten, Du bist doch Läufer. Wollen wir nicht zum Alstervergnügen einen Lauf um die Alster machen?“. Auf meinen Hinweis, das Alstervergnügen wäre doch schon in ein paar Wochen und so kurzfristig wäre das schwer zu organisieren antwortete er nur: „Karsten, Du schaffst das schon.“ Am 27.8.1990 fand der erste 10 KM Alsterlauf statt. Wir hatten fast 300 Teilnehmer. Auf dem Weg zu unserem Erstling mussten wir jede Menge Neues erlernen und schmunzeln manchmal über unsere Anfänge. Sie sind aber bis heute exemplarisch für den Wahnsinn, mit dem das Veranstalterhandwerk im öffentlichen Raum konfrontiert ist. Es gilt: Nichts ist wie es scheint.
Erstens: Es braucht einen Veranstalter
Als Nächstes stellte sich uns die Frage, wer Veranstalter des „Alsterlaufes“ wäre. Meine Laufgruppe um HSV Langstreckentrainer Michael Barkowski willigte ein, den Lauf zu organisieren. Einzig wir hatten die Rechnung ohne unseren Hamburger SV gemacht. Ein solches Risiko sei dem HSV im Speziellen, und der Leichtathletikabteilung im Besonderen nicht zumutbar – wo kämen wir denn hin, wenn plötzlich jede Abteilung als Veranstalter auftrete. Wir hatten keine Wahl und entschlossen uns das Risiko selbst zu tragen.
Laufkollege Detlev Matzen war der Dritte im Bunde: Barkowski, Matzen, Schölermann – die BMS Sportveranstaltungs GbR wurde beim Finanzamt Eimsbüttel angemeldet. Natürlich mit Gewerbeschein. Das erschien uns paradox. Später lernten wir, dass wir fortan auf Teilnehmergebühren Mehrwertsteuer abzuführen hätten. Lustig: Überschreitet die jährlich zu zahlende Mehrwertsteuer einen Grenzbetrag von …… E – diese Grenze hatten wir bereits im zweiten Jahr unseres Alsterlaufes überschritten – muss man sie monatlich „voranmelden“.
Da schreibt man dann von Oktober bis August lustige „Nullmeldungen“ weil ja nur einmal im Jahr zum Lauf im September ein Umsatz entsteht. Der Finanzbeamte erkannte zwar das Problem – zuckte aber mit den Schultern. Da könne er auch nichts machen, das wäre halt Gesetz. Eine Floskel die wir in den folgenden Jahren noch häufiger zu hören bekamen. Erste Regel: Sport außerhalb eines Vereines ist ein Gewerbe
Zweitens: Es braucht einen Termin
Der Alsterlauf fand immer am Sonntag des Alstervergnügens statt. Das ist einfach, das kann sich jeder merken. Dennoch blies uns auf der Terminbörse des Hamburger Leichtathletikverbandes ein scharfer Wind entgegen. Zum einen war unser später Startschuss (10.00 Uhr) anfangs nicht „genehmigungsfähig“ – Volksläufe hatten im Sommer bis neun gestartet zu werden. Viel größer war aber das Problem mit dem Schaltjahr. Alle sieben Jahre gibt es zum Ausgleich eine 53. Kalenderwoche. Und die bringt alles durcheinander. Schlaue Veranstalter planen mit festen KWs. Und die unterscheiden sich durch die 53. KW alle sieben Jahre von den „gefühlten“ Regelungen anderer Veranstaltungen. „Wir waren immer am zweiten Septemberwochenende“ raunzte es uns im Jahre 1997 entgegen, als das Alstervergnügen „plötzlich“ eine Woche später stattfand.
Da half nur eine feste Regel – seit 1999 bestimmt der Alsterlauftermin die folgenden festen Lauftermine in Hamburg. „Steht“ unser Termin folgen im Abstand von jeweils einer Woche: Airport Race, Hans Hägele Lauf, Alstertallauf. Jeder „Fremde“, der im September eine Laufveranstaltung ausrichten wollen würde, würde derzeit an dieser Phalanx der verbandsinternen Terminabstimmung scheitern. Diese wird nur in besonderen Fällen unterbrochen. Eine Bundestagswahl bringt das Erlernte aus dem Ruder wenn sie denn an einem Rennsonntag stattfindet. Die Polizei würde Straßensperrungen im großen Stile verneinen. Ein Schicksal das den großen Berlin-Marathon schon zwei Mal zum Verlegen eines eigentlich festen Termins zwang und in seinem Kometenstreif für Teilnehmerrückgänge plötzlich parallel liegender anderer Rennen im gesamten Bundesgebiet sorgte.
Oder eine WM – wir erinnern uns mit Grauen an 2006. Vor, während und nach der WM wurden bundesweit haufenweise Veranstaltungsabsagen produziert, da die „angestammten“ Termine durch die Polizei blockiert wurden. Die Terminabstimmung mit den Behörden fällt schwer, da es an einer zentralen Koordination in fast allen Städten Deutschlands mangelt. Hinzu kommt die Flut von regionalen Konkurrenzveranstaltungen. Stadtteil- oder Straßenfeste, Flohmärkte, regelmäßige Punktspiele der diversen Bundesligen, Demonstrationen oder Umzüge. Und natürlich die nationalen und internationalen Termine: Während der Tour de France ein Radrennen zu veranstalten wäre relativ begrenzt. Zu wissen, dass die Hamburger Cyclassics meist eine oder zwei Wochen nach Ende der Tour stattfinden, würde aber auch anderen Hamburger Veranstaltern bei ihrer Terminfindung helfen.
Regel Zwei: Strebe immer nach einem „festen“ Termin… .
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Herausgegeben von Dr. Andreas Hebbel-Seeger und Jörg Förster
Mit Beiträgen von Rüdiger Barth, Jan Biedler, Lutz Bongarts, Dr. Arne Feddersen, Hinnerk Femerling, Jörg Förster, Dr. Andreas Hebbel-Seeger, Prof. Dr. Klaus Heinemann, Marion Köhnemann, Prof. Dr. Wolfgang Maennig, Sönke Osmann, Wolfgang Raike, Holger Rochow, Wolf Rübner, Corinna Schmidt, Karsten Schölermann, Prof. Dr. Hans-Jürgen Schulke, Minou Tikrani, Götz Weisener
2008, 232 Seiten, mit DVD, 15,8 x 23,5 cm, kartoniert
ISBN: 978-3-503-10684-4
Preis: EUR (D) 49,95 inkl. USt., zzgl. 3,95 Euro Versand.
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