Die Palästra - die Übungsstätte der Athleten in Olympia ©Horst Milde
Sport für die Welt – Berlin, Doha, Athen: Die Olympia-Schau im Gropius-Bau und die internationalen Beziehungen. Rüdiger Schaper im Tagesspiegel
Es ist eine schöne Gelegenheit für Griechenland, sich europäisch zu zeigen. Reichlich 560 Objekte gibt Athen für die Ausstellung „Mythos Olympia – Kult und Spiele“, die am 31. August im Martin-Gropius-Bau eröffnet wird, nach dem olympischen Spektakel von London, zu dem man nicht in Konkurrenz treten will.
Die meisten dieser Artefakte wurden in den vergangenen zehn Jahren in Olympia gefunden und sind auch dem griechischen Publikum noch unbekannt. Deutsche Archäologen graben seit den 1870er Jahren auf der Peloponnes. Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) gehört daher zu den Partnern einer ungewöhnlichen internationalen Kooperation.
„Griechenlands Antike errichtet Brücken, die unsere Länder verbinden“, erklärte Maria Lagogianni vom Athener Kulturministerium am Montag auf einer Pressekonferenz in der Griechischen Kulturstiftung Berlin. Deren Direktor Eleftherios Ikonomou zählt sich zu den Erfindern der Olympia-Ausstellung, ebenso wie Hans-Joachim Gehrke, der frühere DAI-Präsident, und Wolf-Dieter Heilmeyer, der frühere Direktor der Antikensammlung der Berliner Museen. Viel Erfahrung und Sachverstand – allein die Finanzierung war schwierig, von Berlin und Athen nicht zu stemmen.
So kam ein neuer Mitspieler in die Mannschaft: Katar. Der äußerst umtriebige Golfstaat präsentiert und gefällt sich auf zwei Gebieten als globaler Player. In der Hauptstadt Doha wird in Kultur investiert, ein neues, von Jean Nouvel entworfenes Nationalmuseum soll 2015 eingeweiht werden.
In Planung ist auch ein Sportmuseum, denn der Sport ist das andere Zukunftsprojekt. Schon ist es gelungen, die Fußball-WM 2022 in die Wüste zu holen. Irgendwann könnte es auch Olympische Spiele in Katar geben. Da macht sich eine internationale Ausstellung zur Bedeutung Olympias gut.
Mit dem neuen Partner Katar haben sich auch die Regeln geändert und das Spiel. Von Doha aus, der zweiten Station der Olympia-Ausstellung nach Berlin – zum Schluss geht es nach Athen –, wird nun der zeitgenössische Teil der Schau kuratiert. Federführend ist dabei Christian Wacker. Der Deutsche ist Direktor des Olympic & Sports Museum in Doha, man hat dort in kurzer Zeit eine offenbar aussagekräftige Sammlung zu den Olympischen Spielen der Neuzeit zusammengetragen. Schwerpunkte dieses Ausstellungsteils sollen, erklärte Wacker, die Nazi-Olympiade von 1936 in Berlin und die Olympischen Spiele 2004 von Athen werden.
Katar bringt das Geld, das verändert die Konstellation. Einige deutsche Wissenschaftler, die am Anfang für Beiträge engagiert wurden, sind nicht mehr dabei. Gereon Sievernich, Direktor des Gropius- Baus, wies Fragen danach ab.
Unumstritten ist die Qualität und auch die Quantität des historischen Teils. Die Archäologen wollen den neuesten Forschungsstand in Olympia präsentieren. Gehrke nannte die olympischen Ausgrabungsstätten das „Flaggschiff“ des Deutschen Archäologischen Instituts. Olympia, so viel kann man jetzt schon sagen, war viel mehr als eine Sportanlage. Es diente den Griechen als kulturelles, politisches und religiöses Zentrum, geweiht dem Chefgott Zeus. Und Olympia war auch ein Symbol des Panhellenismus, der Einheit der Griechen.
Die spektakulären Funde stammen aus dem 5. und 6.Jahrhundert v. Chr. – wie das Bronzepferd, das einmal zu einer Quadriga gehörte und im Archäologischen Museum in Olympia zu Hause ist. Andere Leihgaben kommen aus dem Louvre (die Franzosen hatten im 19. Jahrhundert schon vor den Deutschen auf olympischem Boden gegraben) und den Museen des Vatikan. Auch die Berliner Antikensammlung kann etwas beisteuern.
Sport und Religion – das liegt uns nicht fern. Sport ist heute Religionsersatz, etwas Rituelles, vor allem jener Mannschaftssport mit dem runden Spielgerät. Auch die gesellschaftliche und politische Natur des Sports ist eine Überlieferung der Antike – nicht umsonst wollen sich die Golfstaaten mit klassischen griechischen Mitteln einer internationalen Öffentlichkeit annähern.
Die olympischen Sportler, zumeist Einzelkämpfer, mögen sich anfangs mit einem Ölzweig beschieden haben. Aber auch im antiken Olympia hat das Materielle eine große Rolle gespielt.
Wie beim Orakel in Delphi, so gab es auch in den olympischen Gefilden Schatzhäuser. Die griechischen Stadtstaaten bewahrten darin Geld auf und Weihgaben.
Rüdiger Schaper im Tagesspiegel, Dienstag, dem 14. Februar 2012