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21
01
2011

Das besondere an diesem „Lehrbuch“ sind die Kupfertafeln, auf denen erstmals die Turngeräte detailliert abgebildet sind und die methodischen Reihenabbildungen.

Schluss mit wildem Raufen – Vor 200 Jahren wurde in der Berliner Hasenheide der erste Turnplatz eröffnet. Gerd Steins vom Forum für Sportgeschichte – Fördererverein für das Sportmuseum Berlin berichtet in „Sport in Berlin“

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Als F. L. Jahn vor 200 Jahren den ersten Turnplatz auf der Hasenheide in Berlin eröffnete, hatte er weder eine private Erziehungsanstalt noch eine öffentliche Schule vor Augen: er turnte mit seinen Schülern „im Verein“.

Jahn war nicht der erste, aber sicherlich der wirkungsvollste, der körperliche Übungen als Erziehungsmittel empfahl, er schuf mit seinem Turnen, das auf dem Nationalerziehungsgedanken beruhte, ein Mittel, das die männliche Jugend vom wilden regellosen Raufen abhielt und unter dem Ziel der “Wehrhaftigkeit” Vaterlandsverteidiger heranzubilden suchte.

Das diese Turnerei recht schnell bekannt wurde, lag vor allem an Johann Jakob Wilhelm Bornemann (geb. 2.2.1767 in Gardelegen, gest. 23.5.1851 in Berlin), dessen vier Söhne bei Jahn turnten. Bornemann arbeitete seit 1794 als Sekretär bei der Preußischen Lotterie, stieg zum Lotteriedirektor und schließlich zum General-Lotterie-Direktor auf. Bereits 1810 veröffentlichte er einen Gedichtband mit plattdeutschen Gedichten, der mehrere Auflagen erlebte.

Im Januarheft 1812 der „Minerva“ publizierte Bornemann anonym einen Artikel über die von „Jahn in Berlin eingeführten gymnastischen Übungen der Jugend“, der im März 1812 in „Der Beobachter an der Spree“ nachgedruckt wurde. Noch unter Zensurbedingungen legte Bornemann im September 1812 (ebenfalls anonym) mit der Schrift „Der Turnplatz in der Hasenheide“ die erste eigenständige Veröffentlichung über das Jahnsche Turnen vor.

Bevor Jahn und seine Mitstreiter ein Anleitungsbuch über das Turnen schufen, schrieb Bornemann bereits sein Werk „Lehrbuch der von Friedrich Ludwig Jahn unter dem Namen der Turnkunst wiedererweckten Gymnastik“, das im Juli 1814 veröffentlicht wurde. Das besondere an diesem „Lehrbuch“ sind die Kupfertafeln, auf denen erstmals die Turngeräte detailliert abgebildet sind und die methodischen Reihenabbildungen.

Die Figuren an den Geräten wurden größer gezeichnet, als es das Verhältnis zu den Gerüsten mit sich bringen würde: „denn es schien für ein Lehrbuch dienlicher, dem Zollstock, als der deutlichen Anschauung, ein Opfer zu bringen.“

Alle Darstellungen  der Kupfertafeln zeichnete Bornemanns Sohn Adolph (damals 14 Jahre alt).

Gerd Steins vom Forum für Sportgeschichte – Fördererverein für das Sportmuseum Berlin berichtet in "Sport in Berlin"

 

Text und Bildunterschrift zum Jahnschen Turnplatz in der Hasenheide:

Der alte Jahnsche Turnplatz in der Hasenheide v. J. 1817. Unten links bezeichnet mit „H Hintze 1819 – 18[38] copirt“ (die Jahreszahl „1838“ kann nicht sicher entziffert werden).

Diese Hasenheideansicht wurde 1897 in der Deutschen Turnzeitung (Heft 9, Seite 163) ohne weitere Angaben publiziert, da sie nach Redaktionsschluß eingeliefert wurde. Hans Ferdinand Maßmann schrieb bereits 1859 in der Deutschen Turnzeitung Heft 2, Seite 11: „Ich besitze aber noch eine schöne Seitenansicht des ganzen Platzes mit seinen Gerüsten und belebten Bahnen und Spielplätzen und an den Schranken Jahn, wie er die hinzueilende Jugend mit treuherzigem Gruße empfängt, aus dem Jahre 1817, gemalt vom Landschaftsmaler Hinze, der selbst Turner war von Anfang an.“

Dieser Beschreibung liegt möglicherweise dieses Bild zugrunde, es wäre die älteste nach der Natur gezeichnete Ansicht des Turnplatzes Hasenheide. Leider ist das Original, das vermutlich ein Gemälde ist, bisher nicht gefunden worden.

Der Künstler könnte Johann Heinrich Wilhelm Hintze (geb. 16.4.1800 in Berlin, gest. 16.8.1861 in Berlin) sein, der ein bekannter Landschaftsmaler in Öl- und Aquarelltechnik war und zusätzlich viele Druckgrafiken schuf.

author: GRR

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