Vico Merklein hauchdünner Sprintsieger vor Bernd Jeffrè – Andrea Eskau bei den Frauen überlegen – Insgesamt drei deutsche Siege in der Wüstenoase Al Ain
Saisonauftakt der Handbike-Weltklasse in Abu Dhabi
Es ist schon etwas gewöhnungsbedürftig, was sich am ersten Tag des Al Ain-International Wheelchair Meetings in Al Ain in der Wüste des Emirats Abu Dhabi für die rund 60 Athleten aus 15 Nationen abspielte. Die ersten Wertungspunkte des Radsport-Weltverbandes (UCI) und das erste Aufeinandertreffen der Weltelite auf der einen Seite, unzulängliche Absperrungen und daraus resultierende Fehlleitungen und ein unsägliches Gezerre um die Startaufstellungen in den einzelnen Kategorien auf der anderen Seite, das waren die markanten Eckpfeiler des Marathonrennens auf herrlichem Asphalt in der Wüstenoase Al Ain. Jubeln durften dabei vor allem die Deutschen, die in der Division C durch Vico Merklein, Bernd Jeffré und Thomas Lange einen Dreifachsieg, in der Division A2 durch Torben Bröer und bei den Frauen durch die Handbike-Queen Andrea Eskau weitere Siege einfahren konnten. Zufriedene Gesichter im SOPUR-Team zudem über den Ausgang der Division B, als der Doppel-Paralympics-Champion Heinz Frei aus der Schweiz erster Nutznießer einer fünfköpfigen Ausreißergruppe war, die fehl geleitet wurde, und vor dem italienischen Zeitfahr-Weltmeister Vittorio Podesta und Stefan Bäumann über die Ziellinie fuhr.
„Das ist der erste Streich in Richtung WM-Nominierung“ freute sich Vico Merklein nach seinem hauchdünnen Spurtsieg in 1:10:09 Stunden mit 5/100 Sekunden Vorsprung gegen Bernd Jeffré. Die beiden Topfahrer hatten sich nach einer der zahlreichen Attacken aus dem Feld absetzen können und das Rennen lange Zeit gemeinsam an der Spitze bestritten. „Wir wollten uns vor allem nicht kaputt fahren, deshalb haben wir miteinander gearbeitet, als sich eine Lücke auftat. Das hat bestens funktioniert“ so der Babenhäuser über die Renntaktik. Teamgeist verriet vor allem Thomas Lange, der in der direkten Verfolgung das Tempo herausnahm und dadurch eine Lücke für die Verfolgergruppe reißen konnte. „So etwas geht natürlich nur, wenn man ein intaktes Team hinter sich weiß“, lobte Vico seinen SOPUR-Kollegen Thomas. Und zu seiner eigenen Leistung: „Eigentlich war ich noch gestern richtig platt. Deshalb ist es für mich besonders verwunderlich, dass es heute so gut geklappt hat!“
„Es ist ärgerlich“, so Stefan Bäumann im Ziel. „Da ist man der einzige Sprinter in der Fünfergruppe an der Spitze und kann keinen Nutzen daraus ziehen!“ Acht Kilometer vor dem Ziel löste sich in einem Kreisel die bis dahin gut harmonierende Spitzengruppe im wahrsten Sinne des Wortes in alle Richtungen auf, da sich selbst die Ordner über die einzuschlagende Richtung nicht einig waren. Heinz Frei fuhr hingegen „seinem Gefühl nach“ (so der Schweizer) in die richtige Richtung und dem Sieg in 1:12:44 Stunden entgegen. Vittorio Podesta folgte im Ziel mit sechs Sekunden Rückstand und schimpfte im Ziel zunächst wie ein Rohrspatz über das unglückliche Finale und lobte in gleichem Atemzug aber Stefan Bäumann als den stärksten Fahrer im Feld, der den Sieg eigentlich verdient gehabt hätte. „Fast jeder Kreisel wurde zu einem Orientierungsproblem“, ärgerte sich Stefan. „So war das Rennen letztlich für Heinz wie geschaffen!“
Eine souveräne Angelegenheit hingegen waren die Siege für Torben Broer und Andrea Eskau, die nach 1:25:24 und 26 (!) Minuten Vorsprung als klar Überlegene der Frauenkategorie sich wenig auf die Streckenposten verlassen wollte und deshalb den Streckenplan im Taschenformat an der Kurbel festgeklebt hatte. Was letztlich sich als eine überaus weise Entscheidung erweisen sollte. Torben hatte nach ebenfalls eine Fehlleitung den Rückstand auf den Belgier Christophe Hindricq erst einmal wettzumachen, ihn dann aber sicher auf Rang zwei verweisen können. „Das war hart für mich, da ich auf den letzten 15 Kilometern kein Wasser mehr hatte“.
„Licht und Schatten“ zog SOPUR-Teamchef Errol Marklein kurz und bündig ein erstes Fazit nach dem Abschneiden beim Marathon-Wettbewerb. „Mit Vico, Heinz und Torben konnten wir drei Sieger stellen und uns damit an der Spitze bestens präsentieren. Hätten nicht Irritationen von außen das Rennen deutlich beeinflusst, wäre die Gesamtbilanz für uns etwas besser ausgefallen!“
Wilfried Raatz