Take a break, Marion! Halt mal inne! Scheint, als sei sie immer noch nicht ehrlich mit sich selbst. Soll sie halt Basketball spielen. Doch mit ihren Reden sollte sie junge Menschen verschonen.
Rückkehr zum Sport – Pause machen mit Marion – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
02. Dezember 2009 – Marion Jones kommt zurück. Nun ja, sie will zurückkommen, aber nicht als Sprinterin, als die sie bei den Olympischen Spielen von Sydney 2000 drei Goldmedaillen gewann – und wegen Dopings verlor.
Dass sie mit 34 Jahren noch Basketball spielen kann, vierzehn Jahre nachdem sie mit dem Team der University of North Carolina Meister wurde, vier Monate, nachdem sie zum dritten Mal Mutter wurde, das will sie angeblich nur in zweiter Linie beweisen. Mehr als um athletischen Erfolg kämpft sie um Ehrlichkeit. Sagt Marion Jones.
Vor fünfzehn Monaten wurde sie aus der Haft entlassen. Sie war eine Schande für den Sport gewesen, und dann wurde sie auch noch kriminell. Nicht nur, dass sie bis über den Hals in den Balco-Doping-Manipulationen steckte. Sie log, dass sich die Balken bogen, und wer sie verdächtigte, musste sich auf Post vom Anwalt einstellen und darauf, von ihr öffentlich herausgefordert zu werden.
Sie flog auf, als sie, gemeinsam mit ihrem Ex Tim Montgomery – auch er ein gedopter Top-Sprinter – Scheckbetrug beging. Als sie aus dem Gefängnis um Begnadigung bat, intervenierte der Generalsekretär des amerikanischen Leichtathletikverbandes, Doug Logan, bei Präsident Bush. Sie vorzeitig freizulassen berge die fatale Botschaft, schrieb er, dass man betrügen und damit auch noch durchkommen könne.
Mit ihren Reden sollte Jones junge Menschen verschonen
Nun trainiert das in Ungnade gefallene Goldstück bei den San Antonio Silver Stars, einem Spitzenteam der amerikanischen Frauenliga. Sie habe eine Botschaft für die Jugend, behauptet sie. Deshalb trainiere sie so hart: Basketball könnte ihr eine Plattform bieten. Was sie sagen will? Take a break, mach mal Pause. Gerade junge Mädchen sollten sich Zeit lassen mit schwierigen Entscheidungen, rät Marion Jones. Sie habe schließlich mit einem falschen Entschluss alles verloren, was sie hatte.
Sie könne den Moment, der ihr Vermögen und Reputation raubte, genau benennen, behauptet sie, nicht mehr als zwanzig Sekunden seien es gewesen. Das war, als staatliche Ermittler sie vernahmen – und sie Doping wie Scheckbetrug leugnete. Dafür ging sie ins Gefängnis. Was diesem Augenblick an Lug und Trug vorausging, einschließlich eines Lügendetektor-Tests im Fernsehen, hat sie offenbar vergessen.
Nur zur Erinnerung: Sie war verheiratet mit dem kugelstoßenden Doper CJ Hunter, sie hat ein Kind mit dem sprintenden Doper und derzeitigen Sträfling Montgomery, sie wählte als Trainer nach dem inzwischen wegen Dopings lebenslang gesperrten Trevor Graham einen gewissen Charlie Francis, der schon Ben Johnson mit Testosteron schnell machte. All diese Entscheidungen führten sie in die Sackgasse.
Take a break, Marion! Halt mal inne! Scheint, als sei sie immer noch nicht ehrlich mit sich selbst. Soll sie halt Basketball spielen. Doch mit ihren Reden sollte sie junge Menschen verschonen. Ganz entschieden vermittelt die gefallene Heldin, dass sie nichts gelernt hat.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Mittwoch, dem 2. Dezember 2009