Johnson ist ein Reizwort, seine Rückkehr auf die sportliche Bühne löste heftige Kritik aus, das war zu erwarten
Rückkehr eines Dopingsünders – Ben Johnson tritt in Leipzig als Trainer auf – Die Tragik des Dopers – Frank Bachner und Friedhard Teuffel im TAGESSPIEGEL
Berlin – Das Gesicht mit den Knopfaugen wird ein paar Minuten hinter der Bande auftauchen, dann soll es wieder in der Menge verschwinden. Dieses Gesicht wird auch nicht auf der Videowand in der Leipziger Halle auftauchen, man wird es auch nicht bei einer Pressekonferenz sehen. Denn dieses Gesicht gehört Ben Johnson. Dem Johnson.
Dem spektakulärsten Dopingsünder der Leichtathletik, überführt nach seinem 100-Meter-Olympiasieg 1988, nochmal überführt 1993, danach als Sportler lebenslang gesperrt.
Am Freitag taucht Johnson wieder auf, als Trainer diesmal. Beim Leichtathletik-Meeting in Leipzig wird er den unbekannten kanadischen Sprinter Brandt Fralick betreuen. Den Veranstaltern ist die Personalie jetzt offiziell etwas peinlich, deshalb wollen sie Johnson nicht vorführen. „Wir haben nicht mit so vielen Schlagzeilen gerechnet“, sagt Alexander Richter, Pressesprecher des Meetings.
Man muss ihm das nicht unbedingt glauben. Johnson ist ein Reizwort, seine Rückkehr auf die sportliche Bühne löste heftige Kritik aus, das war zu erwarten. Frank Hensel, der Generalsekretär des Deutschen Leichtathletik-Verbands, sagte: „Wenn man die Dopingdiskussionen in den letzten Monate Revue passieren lässt, passt so etwas nicht in die Landschaft.“
Und Gerhard Janetzky, Chef des größten deutschen Meetings Istaf, sagt: „Ich verstehe das nicht. Man hätte Athlet und Trainer nicht einladen müssen.“
Richter sagt, der Veranstalter habe nicht gewusst, wer Fralicks Trainer sei, als man ihn über eine Agentur gebucht habe. Als das aber klar war, habe man gesagt: „Er wurde als Sportler gesperrt, jetzt ist er Trainer.“ Außerdem hätten die Veranstalter gedacht, Johnson übe in der Rückschau Selbstkritik. Stattdessen gab sich Johnson im ZDF als Opfer einer Verschwörung und bezeichnete all seine Finalgegner von Seoul ebenfalls als Doper. „Diese Ansichten übernehmen wir nicht“, sagt Richter. „Wir sind für sauberen Sport.“
Ausgeladen werden Fralick/Johnson trotzdem nicht. „Wir wollen nicht den Sportler bestrafen“, sagt Richter. 2500 von 3500 Karten sind bis jetzt verkauft. Johnsons PR-Wirkung, behauptet Richter, sei überschaubar. „Nach seinem Auftritt hat der Kartenverkauf nicht angezogen.“
Frank Bachner
Der TAGESSPIEGEL
Mittwoch, dem 7. Februar 2007
<Friedhard Teuffel will Ben Johnson nicht aus dem Sport ausschließen
Es musste irgendwann so weit kommen, wie es am Freitag beim Leichtathletikmeeting in Leipzig kommen wird. Ein prominenter Doper kehrt als Trainer zurück in den Sport, vielleicht ist es sogar der prominenteste: Ben Johnson. Die Hysterie ist groß, was hat so einer wie Johnson noch im Sport verloren?
In der Tat hat Johnson bislang jegliche Reue vermissen lassen. Er sei nicht der Einzige gewesen, der im olympischen Sprintfinale von 1988 mit Medikamenten nachgeholfen habe, sagt der Kanadier immer wieder und strickt weiter an allerlei Verschwörungstheorien gegen die Amerikaner, das Fernsehen und die Sportverbände. Damit mag er sogar Recht haben, nur macht er seine Schuld so kaum geringer. Also ein Hallenverbot in Leipzig?
Das wäre ungerecht und verlogen. Ungerecht, weil der Wiederholungstäter Johnson mit einem lebenslangen Berufsverbot als Sportler bestraft wurde. Jetzt ist er Trainer, und noch ist kein Athlet von ihm auffällig geworden. Aus seinem persönlichen Versagen als Sportler folgt nicht zwangsläufig das Versagen als Trainer. Verlogen wäre es, weil hinter der Forderung nach einem Ausschluss von Johnson vor allem die Furcht der Verbände um Marktwert und Image steckt. Johnson verkörpert schließlich das schlechte Gewissen des Sports.
Ben Johnson ist ein tragischer Fall. Er kommt aus einfachen Verhältnissen, dass er etwas anderes kann als schnell rennen, ist bislang nicht bekannt geworden. Er hat einmal erzählt, dass er seit dem 20. Lebensjahr ständig gedopt war. Seine sportliche Karriere ist eine große Lebenslüge.
Erzählt diese Geschichte nicht genauso viel über den Sport wie die eines ruhmreichen Rekordhalters?
Friedhard Teuffel
Der TAGESSPIEGEL
Mittwoch, dem 7. Februar 2007