Es waren vor allem die „25 de Berlin“, die im Mai 1981 das Tor für Läufe durch die deutschen Innenstädte öffneten.
Rückblick auf eine Sternstunde des Straßenlaufs – Die Weltrekorde über 25 km bei den BIG25 am 9.5.2010 wurden von der IAAF anerkannt. Helmut Winter berichtet
Wie bereits am Freitag bekannt wurde, sind die beiden Weltrekorde im Straßenlauf der Frauen und Männer über 25 km bei den BIG25 von der IAAF offiziell anerkannt. IAAF ratifiziert die Weltrekorde der BIG 25 km von Berlin – Einmalig in der Sportgeschichte
Auf der vor allen durch das Höhenprofil nicht einfach zu laufenden Strecke vom Olympiastadion durch die Berliner Innenstadt und zurück verbesserten Mary Keitany (KEN) in 1:19:53 und Sammy Kosgei (KEN) in 1:11:50 die bestehenden Weltrekorde sehr deutlich.
Dabei konnte man im Vorfeld der 30. Ausgabe mit neuen Rekorden durchaus rechnen, denn zum Jubiläum hatte der für die Verpflichtung der Eliteathleten verantwortliche Leiter, Christoph Kopp, wieder eine ausgesprochen glückliche Hand und holte trotz des sehr limitierten Budgets der BIG25 für das Unternehmen Weltrekord einige Akteure der absoluten Weltklasse nach Berlin.
Ferner galten die Rekorde über 25 km schon fast als die letzten „billigen“ Marken, da diese Strecke in den letzten 20 Jahren weitgehend durch den Halbmarathon aus dem Fokus geriet. International gibt es aktuell eigentlich neben den BIG25 nur noch vergleichbare Läufe In Grand Rapids (Michigan, USA) und in Kumamoto (Japan),
Dass der gleichfalls in Berlin 2004 von Paul (Malakwen) Kosgei aufgestellte Rekord von 1:12:45 keine Marke von Dauer war, zeigte schon die Tatsache, dass der Marathonweltrekordler Haile Gebrselassie (ETH) kurz danach im niederländischen Alphen aan Den Rijn bereits 1:11:38 lief, wegen unerlaubter Schrittmacherdienste und/oder fehlender Dopingkontrolle wurde dieser Rekord für Hailes umfangreicher Sammlung nicht anerkannt.
Bei den Frauen wurde die alte Bestmarke gleichfalls in Berlin aufgestellt, allerdings als Durchgangszeit beim Marathon 2005 von Mizuki Noguchi (JPN) in 1:22:13.
Mit den soeben durch die IAAF anerkannten Weltrekorden kommen jetzt auch die 25 km Bestmarken in eine Dimension, die man nicht mehr im „Vorbeilaufen“ verbessern dürfte. Mit einer im Vorfeld nicht erwarteten Steigerung des Rekords bei den Frauen auf unter 1:20, liegt der Rekord in der Tat in einer neuen Dimension. Um fast 2:30 verbesserte Mary die alte Marke. Wo man diesbezüglich liegt, zeigt der Split beim Halbmarathon von 1:07:38, einen Monat zuvor beim Berliner Halbmarathon auf einer vermeintlich schnelleren Strecke reichte eine fast 2 ½ Minuten langsamere Zeit zum Sieg bei den Frauen.
Dabei kommen die neuen Bestmarken zur rechten Zeit, denn der 25 km Lauf durch Berlin befindet sich immer noch in einer Phase der Konsolidierung, nach dem sich die Väter der Veranstaltung, die französischen Alliierten, mit dem Mauerfall aus der Organisation zurückzogen und der Halbmarathon einen Monat früher im Stadtzentrum gewaltige Zuwächse verzeichnete, auch zu Lasten der Traditionsveranstaltung.
Es waren vor allem die „25 de Berlin“, die im Mai 1981 das Tor für Läufe durch die deutschen Innenstädte öffneten. Erst durch diesen Lauf konnte der Berlin Marathon noch im gleichen Jahr seinen Kurs in die (westliche) Innenstadt verlagern, der Rest seiner einmaligen Erfolgsgeschichte ist bekannt.
Bei den 25 km kann man von Dimensionen an Teilnehmern und Zuschauern vom Berlin Marathon aktuell nur träumen, nach einer Ära der Organisation durch den Berliner Leichtathletikverband nennt sich die Veranstaltung im Bezug zu einem der Hauptsponsoren BIG 25, seit drei Jahren managen Gerhard Janetzky und Christoph Kopp mit „Berlin läuft“ den Lauf. Mittlerweile hat man bei den Teilnehmerzahlen eine Trendwende geschafft, ca. 10.000 Teilnehmer waren in diesem Jahr gemeldet, weitere Zuwächse wären aber für eine sichere Zukunft nicht unwichtig.
Und da waren die beiden Weltrekorde natürlich eine tolle Werbung in eigener Sache, die den Lauf auch in der internationalen Szene wieder in den Fokus brachte. Insbesondere deshalb kann nur bedauert werden, dass die Unterstützung durch die öffentlich rechtlichen Sendeanstalten sehr bescheiden ausfiel. Ganze 16 Sekunden und ohne bewegte Bilder wurde in der Abendsendung „Sportplatz“ des rbb vom Lauf „berichtet“, während der Abstieg von Hertha BSC am Vortag und sonstige Fußballthemen ausführlich präsentiert wurden.
Angesichts der herausragenden Leistungen von zwei Weltklasseathleten auf Berlins Straßen hat das Laufsport und insbesondere die BIG25 keinesfalls verdient. Zumal eine Sendeanstalt, die mit der „rbb-Laufbewegung“ vorgibt, Unterstützer und Motor für den Straßenlauf zu sein, die Chance zu einer Steigerung der Akzeptanz dieser Traditionsveranstaltung in der Öffentlichkeit nicht nutzte.
Dabei war schon im Vorfeld klar, dass der Lauf großartige Leistungen erwarten ließ. Mary Keitany hatte im letzten Jahr den Halbmarathon der Frauen beherrscht. Sie wurde nicht nur mit 1:06:36 in Birmingham Weltmeisterin – nur 11 Sekunden über dem Weltrekord -, sondern auch die nächsten beiden besten Zeiten (1:06:54, 1:07:00) gingen auf ihr Konto, die Konkurrenz lag fast eine Minute zurück.
Konsequenterweise wurde ihr vor dem Lauf in Berlin durch Horst Milde der „AIMS/ASICS world athlete of the year award“ überreicht. Auch nach den BIG25 muss sie als aktuell beste Straßenläuferin der Welt angesehen werden. Ebenfalls von Samuel Kosgei konnte man einiges erwarten. Beim Berlin-Marathon 2009 zog er Haile über die 30 km Marke in 1:27:49 (Mattenzeit: 1:27:44), das ist bis heute der Weltrekord über diese Distanz, und machte dabei einen glänzenden Eindruck.
Und glänzend waren auch die Renngestaltung und die Leistungen bei den BIG25, wo Keitany und Kosgei nahezu ideale Bedingungen nutzten: 11°C bis 12°C, Wind unter 1 m/sec. Der Lauf von Keitany war eine Demonstration eines gleichmäßigen Tempos. Nur der erste und letzte km wurden deutlich schneller, ansonsten lag die Kenianerin immer um die 3:12 pro km, perfekt unterstützt durch die beiden Tempomacher Robert Krebs vom SCC Berlin und Edwin Yano (KEN), wobei Krebs, der wie verabredet bis 23 km lief, über den Halbmarathon schon an seine Bestmarke heran laufen musste.
5 km Abschnitte von 15:58, 16:00, 15:59, 16:00, 15:56 sind sowohl vom Tempo als auch von der Gleichmäßigkeit beeindruckend. Wie stark und überlegen Mary an diesem Tag war, zeigen die 3:23 für den Abschnitt von 20 nach 21 km auf der Masurenallee mit etwa 20 m Steigung und der letzte km ins Olympiastadion in 3:00. Die nächste Läuferin, ihre Landsfrau Alice Timbilili lag mit 1:24:38 fast fünf Minuten zurück, das hätte aber in zurückliegenden Jahr einige Male zum Sieg gereicht.
Auch bei den Männern ein einmaliges Rennen, allerdings mit einer Schrecksekunde nach 2 km, denn nach einem flotten Beginn in 2:49 wurde kaum erkennbar das Tempo auf dem folgenden km in 3:06 verschleppt, und das Unternehmen Weltrekord geriet in Gefahr. Vor allem im letzen Jahr führte eine übermäßige Temposteigerung auf den folgenden abschüssigen km zu einem Kräfteverlust, der auf dem Rückweg Konsequenzen hatte.
In diesem Jahr war es vor allem auch das Verdienst von Christoph Kopp und dem Manager Gerard van der Veen in Begleitung auf Motorrad und Fahrrad, dass das Tempo sehr kontrolliert gesteigert wurde. Bei 5 km nach 14:30 war man genau wieder auf Kurs, nach weiteren 14:31 zur 10 km Marke in 29:01 sah es bestens aus. Dass Kosgei aber am Ende den Rekord um fast eine Minute verbesserte, war vor allem einer Temposteigerung nach Passieren des Potsdamer Platzes geschuldet, wo sich mit km-Abschnitten um 2:48 zurück in den Tiergarten eine große Gruppe auf drei Männer reduzierte.
Kosgei, Kirwa und Vorjahressieger Koech passierten 15 km in 43:08, das waren schon 42 Sekunden unter der Durchgangszeit beim Weltrekord. Koech fiel nun zurück, Kosgei und Kirwa zogen unaufhaltsam davon und arbeiteten – immer wieder angetrieben von Christoph Kopp – bestens zusammen. Eine letzte entscheidende Phase des Rennes war der Anstieg von 20 km zur 21 km Marke auf dem Theodor-Heuss-Platz, der in den letzten Jahren in Splits von 3:15 bis 3:20 zurückgelegt wurde. Diesmal lief man grandiose 3:02 und bei Passieren der Halbmarathonmarke in 1:00:43 (WR-Split 2004: 1:01:36) war ein neuer Weltrekord so gut wie sicher. Dass es am Ende sogar noch unter 1:12 ging, lag an den beeindruckenden Reserven Sammy Kosgeis, der sich von Kirwa vor der 24 km Marke löste und den letzten km in 2:41 herunter ins Stadion sprintete.
Unabhängig wie man die beiden Rekorde auf der selten gelaufenen Zwischendistanz wertet, die Eindrücke, die Keitany und Kosgei in Berlin hinterließen, waren in der Tat beeindruckend. Beide gehören ohne Zweifel derzeitig zu den Besten der Straßenlaufszene, auf ihre Marathondebuts in diesem Herbst darf man sehr gespannt sein.
So weit sich die Dinge aktuell klären, finden diese leider nicht in Berlin statt. Schade! Denn weitere Sternstunden sind fast garantiert.
Einen umfangreichen Video-Bericht vom Lauf mit den beiden Weltrekorden gibt es auf der Homepage der BIG25 unter dem Link:
https://www.berlin-laeuft.de/25berlin/impressionen.php
Videoimpressionen BIG 25km Berlin 2010
Zwischenzeiten Frauen (Keitany) – „BIG25“ am 9.5.2010
(WR 2005)
1 km 3:03 3:03
2 km 6:19 3:16
3 km 9:39 3:20
4 km 12:48 3:09
5 km 15:58 3:10 (16:24)
6 km 19:12 3:14
7 km 22:25 3:13
8 km 25:36 3:11
9 km 28:46 3:10
10 km 31:58 3:12 (32:53)
11 km *35:10 3:12
12 km *38:21 3:11
13 km *41:34 3:13
14 km 44:44 3:10
15 km 47:57 3:13 (49:22)
16 km 51:11 3:14
17 km 54:21 3:10
18 km 57:29 3:08
19 km 1:00:44 3:15
20 km 1:03:57 3:13 (1:05:43)
21 km 1:07:20 3:23
21.0975 km 1:07:38 (1:09:19)
22 km 1:10:32 3:12
23 km 1:13:39 3:07
24 km 1:16:53 3:14
25 km 1:19:53 3:00 (1:22:13)
Zwischenzeiten Männer (Samuel Kosgei) – „BIG25“ am 9.5.2010
(WR 2004)
1 km 2:49 2:49
2 km 5:55 3:06
3 km 8:45 2:50
4 km 11:35 2:50
5 km 14:30 2:55 (14:33)
6 km 17:26 2:56
7 km 20:22 2:56
8 km 23:18 2:56
9 km 26:12 2:54
10 km 29:01 2:49 (29:13)
11 km 31:53 2:52
12 km 34:40 2:47
13 km 37:28 2:48
14 km 40:16 2:48
15 km 43:08 2:52 (43:50)
16 km 45:57 2:49
17 km 48:47 2:50
18 km 51:39 2:52
19 km 54:28 2:50
20 km 57:23 2:55 (58:21)
21 km 1:00:25 3:02
21.0975 km 1:00:43 (1:01:36)
22 km 1:03:20 2:55
23 km 1:06:14 2:54
24 km 1:19:09 2:55
25 km 1:11:50 2:41 WR (1:12:45)
Helmut Winter
PS: Ihre Startnummern, die Laufshirts, Schuhe und das Zielband mit den beiden Autogrammen der Weltrekordler stellten Mary Keitany und Samuel Kosgei dem Sportmuseum Berlin – AIMS Marathon Museum of Running – zur Verfügung.
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