Timothy Short und Maja Meneghin-Pliska nach Sieg bei der Softvariante 2010 auch beim Finish auf dem Parpaner Rothorn erneut die Gewinner beim Graubünden-Marathon
Rothorn als echte Herausforderung beim Graubünden-Marathon – Wilfried Raatz berichtet
Mit Timothy Short und Maja Meneghin-Pliska sind die Sieger 2010 auch die Sieger 2011. Doch die Unterschiede sind gravierend: Nicht nur, dass 365 Tage zwischen den Erfolgen des 30jährigen Briten und der 33jährigen Schweizerin liegen, sondern auch markante Streckenführungen lassen Vergleiche nur bedingt zu.
Im Vorjahr veranlassten Renovierungsarbeiten an der Rothornbahn eine Verlagerung des Graubünden-Marathons als eine Art Softvariante auf den Piz Scalottas auf 2322 Metern, inzwischen ist die Rothornbahn längst wieder betriebsbereit – und das Ziel folglich auf dem 2 865 m hohen Parpaner Rothorn. Und somit die ultimative Herausforderung, die allerdings nur 278 Männer und 57 Frauen meisterten.
Auch wenn 16 Marathonis in Churwalden bzw. Lenzerheide das Rennen vorzeitig beendeten, die Ansprüche der Verantwortlichen in der Ferienregion Lenzerheide sollten angesichts des großen Aufwandes weitaus höher anzusiedeln sein.
„Wir sind damit zufrieden“, gab dennoch in einem ersten Statement die neue OK-Chefin Corinne Iten auf dem Parpaner Rothorn zu Protokoll. 112 Finisher bei den 20 Meilen mit Start in Chur und Ziel in Lenzerheide, 99 Finisher beim Halbmarathon von Churwalden nach Lenzerheide und 101 Finisher beim Rothorn-Run von Lenzerheide auf das Parpaner Rothorn verdeutlichen zwar eine vielfältige Palette von Startmöglichkeiten, sind aber letztlich zu wenig – für insgesamt vier Wettbewerbe.
Die insgesamt 15 (!) Laufkonkurrenzen am letzten Juni-Wochenende alleine in der Schweiz, darunter auch den Aletsch-Halbmarathon mit rund 2000 Startern, mögen ein Grund für die gewiss überschaubare Beteiligung sein. Dabei hat das Organisationsteam in der Ferienregion Lenzerheide mit einem Staffel-Wettbewerb mit drei Abschnitten, einem Kinder-Hindernislauf in der Dorfmitte in Lenzerheide und dem am Sonntag folgenden Walking-Angeboten eine deutlich verbreiterte Palette an Sportaktivitäten anzubieten hatte. Bleibt gewiss die Hoffnung auf eine zehnte Auflage des Graubünden-Marathon, die als zusätzlichen Anreiz im kommenden Jahr die Schweizer Berglaufmeisterschaften von Lenzerheide auf das Parpaner Rothorn integrieren wird.
Die 2682 Meter Steigung (bei 402 m Gefälle) verteilt auf 42,195 m haben es in der Tat in sich. Selbst der weltbeste Bergläufer Jonathan Wyatt, der übrigens seit 2004 den Streckenrekord mit 3:18:56 Stunden hält, beurteilte den Graubünden-Marathon als den härtesten Marathon, den er bislang gelaufen war. Zwar lag Timothy Short mit seiner Siegerzeit von 3:41:22 weitaus darüber, hatte aber mit acht Minuten Vorsprung eine komfortable Distanz zu seinen beiden deutschen Verfolgern Tobias Brack und Michael Barz gelegt. „Wie weit ist es denn noch“, stöhnte sichtlich am Ende seiner Kräfte der Brite mit Wohnsitz London rund dreihundert Meter vor dem Ziel am Bergrestaurant der Rothornbahn. „Ich war erleichtert“, so der 30jährige später, als ich Tobias Brack kurz nach dem Haidsee eingeholt hatte. Der hatte bis dahin guten Druck gemacht! Im Anstieg zur Mittelstation lief es aber bei mir sehr gut, so dass ich mir keine Sorgen mehr machen musste“.
Für den ersten alpinen Berglauf der Saison durfte Timothy Short mehr als zufrieden sein. Schließlich muss er mit seinen Kräften haushalten, denn bereits in zwei Wochen steht die nächste Prüfung an, der Zermatt-Marathon mit Sonderziel Gornergrat. „Danach werde ich entscheiden, ob ich vielleicht auch noch in Davos laufen werde!“ Ein überaus ambitiöses Programm für den Briten, der sich ausschließlich auf flachem Terrain auf seine Alpenexkursionen vorbereitet, auch wenn sein Vater in Chamonix lebt. Und im Siegerinterview sogleich die Chance zu einem Stellengesuch für einen Job in der Schweiz nutzte.
Das Duell um Rang zwei entschied Tobias Brack aus Buchenberg klar zu seinen Gunsten, auch wenn er im Ziel erst einmal völlig erschöpft in die Knie ging. „Scheinbar habe ich mich vom Rennen Valmalenco-Valposchiavo vor 14 Tagen noch nicht richtig erholt. Aber ich bin mit dem zweiten Platz natürlich sehr zufrieden, denn mein Hauptziel ist der Transalpine-Run im September!“ so der 32jährige Banker und Vater zweier Kinder im Alter von 10 Monaten und 3 Jahren. „Mit einem 45-Stunden-Job kann ich keineswegs die Umfänge machen, die eigentlich notwendig sind!“ Und liefert zugleich noch eine weitere Begründung für sein nur halbherzig betriebenes Hobby nach: „…sonst läuft mir meine Frau davon!“
Zum fünften Male unter die „Top drei“ lief sich mit Michael Barz ein Stammgast des Graubünden-Marathon, der seit 2006 keinen Start mehr ausgelassen hat. „Ich kann das hohe Tempo auf der ersten Hälfte einfach nicht mitgehen. Am Berg bin ich natürlich stärker, aber dann ist ein großer Rückstand nicht mehr wettzumachen!“ Der lange Duracher liebt die steilen Landschaftsläufe, deshalb wird er auch in diesem Jahr wiederum beim Zugspitz-Extremlauf wie auch beim Glacier 3000 Run zu sehen sein.
Hinter Michael Barz dauerte es mehr als eine Viertelstunde, bis im ausgedünnten Spitzenfeld mit dem Villacher Niklas Kröhn mit einer Laufzeit von 4:09:54 Stunden der vierte Läufer ins Ziel einlief. Als Zehnter zeigte sich ein sichtlich zufriedener Markus Kramer im Ziel, der übrigens schon zweimal als Sieger des Bieler Hunderter gefeiert wurde. „Mit Siebenundvierzig sollte man nicht klagen, wenn es noch so geht…!“
Bereits auf Rang acht des Gesamteinlaufes lief mit Maja Meneghin-Pliska die Frauensiegerin über die Ziellinie – und war überglücklich. „Ich habe immer gedacht, du schaffst das nicht!“ Und lieferte zugleich auch die Begründung mit: „Das ist schon brutal. Flüssiges Laufen geht einfach hier nicht mehr. Ich habe natürlich Denise immer hinter mir gesehen…..!“ Doch die 33jährige Logopädin aus Vermes hielt eisern durch und gewann in 4:20:08 Stunden nach der Lightversion des Graubünden-Marathon nun auch den „richtigen“ Marathon.
Kaum ausgeschnauft, und schon kam ihre ärgste Verfolgerin bereits ins Ziel. Und diese Denise Zimmermann vollbrachte mit ihrem zweiten Rang eine Leistung, die schier unglaublich klingt. Im Wochentakt (!) lieferte sie Spitzenresultate beim LGT-Marathon, beim Bieler 100 km-Lauf und nun als Zweite beim Graubünden-Marathon ab. Regeneration? „Ich habe viel gearbeitet und bin etwas schwimmen und laufen gegangen…!“ Aber damit ist für die 36jährige Büroangestellte aus Wels noch nicht genug, bereits am kommenden Wochenende steht der Trail Verbier – Saint Bernard über 110 km und 7000 Höhenmeter an….
Neben dem im „Königs-Wettbewerb“ erfolgreichen Tobias Brack und Michael Barz zeigten mit Stephan Hugenschmidt (Radolfzell) und Roland Rigotti (Mörnsheim) zwei weitere deutsche Landschaftsläufer Format, denn sie sorgten für einen deutschern Doppelsieg im 20 Meilen-Rennen mit 1268 m Höhenmetern bergauf und einem Gefälle von 402 m.
Bei den Frauen holte sich Manuela Jenny den Sieg. Die Generalprobe für die Schweizer Berglaufmeisterschaften im kommenden Jahr sicherten sich beim Rothorn-Run über 11,5 km und 1414 Höhenmetern die Skilanglaufasse Gion-Andrea Bundi (1:13:24) vor Toni Livers (1:15:28) und Seraina Boner (1:25:31). Helmut Perreten, Rennleiter beim Glacier 3000 Run, kam im dichten Zieleinlauf hinter dem Liechtensteiner Josef Vogt auf Rang in 1:15:46 Stunden.
Ein Achtungserfolg gelang der früheren Klasseläuferin Susanne Bitzer (SC Hechingen) als Dritte der Frauenwertung.
Wilfried Raatz