Waren dies vor drei Jahren noch sieben Events, so ist man mittlerweile bei fast 20 Laufveranstaltungen angekommen.
„Rock and Run“ – Der einmalige Erfolg der Serie der „Rock ´n´ Roll Marathons“ in den USA. Helmut Winter berichtet
Die Idee, einen Marathonlauf mit Musik zu kombinieren, ist so einfach wie bestechend. Und diese ist, wie sich am Beispiel der Serie der „Rock ´n´ Roll Marathons" in den USA zeigt, überaus erfolgreich. Weitgehend hierzulande unbeachtet, entwickelte sich dort innerhalb der letzten Dekade eine Form von Laufveranstaltung, bei der in jedem Jahr mittlerweile mehr als 400.000 Teilnehmer an den Start gehen.
In fast 20 über das ganze Land verteilten Städten laufen die Marathon- und/oder Halbmarathonevents weitgehend nach dem gleiche Muster ab: für die Musik und die Stimmung an der Strecke sorgen nach jeder Meile (1.6 km) eine Band sowie Cheerleader-Gruppen und nach dem Lauf gibt es noch einen „Top Act", bei dem namhafte Gruppen wie bisher REO Speedwagon, Pat Benatar, Blues Traveler oder Everclear auftraten.
Begonnen haben die Läufe mit Rockmusik 1998 in San Diego, wo Tim Murphy die Idee zunächst beim San Diego Marathon umsetzte. Dabei wurde er in den ersten Jahren durch den leider 2007 viel zu früh verstorbenen Mike Long unterstützt, der in den ersten Jahren für die leistungssportliche Komponente verantwortlich zeichnete und mit seiner Firma Elite Racing Athleten der Weltklasse an den Start holte.
Durch seine großzügige Unterstützung insbesondere äthiopischer Athleten schuf sich Long schnell beste Kontakte zu Olympiasiegern wie Haile Gebrselassie oder Abere, die sich gerne revanchierten und bei den Rock ´n´ Roll Marathons starteten. Viele Athleten gingen in Mike Longs Haus in San Diego ein und aus, und falls der Platz einmal nicht reichte, machte der Hausherr das Schlafzimmer frei und schlief selbst auf der Couch im Wohnzimmer.
Unvergessen sein Coup im Januar 2006 in der Wüste Arizonas, wo Long demonstrierte, dass in den heißen Wüstenregionen dieser Erde, die man zunächst nicht mit dem Laufsport in Verbindung bringt, in den Wintermonaten fast ideale Bedingungen herrschen, um außergewöhnliche Leistungen zu erreichen. Und kein Geringerer als der große Haile half ihm dabei, dies eindrucksvoll zu bestätigen. Das Resultat ist bekannt: Mit 58:55 lief Haile in Phoenix/Tempe (Arizona, USA) als erster Mensch unter 59 Minuten und einen neuen Halbmarathon-Weltrekord, der allerdings nur ein Jahr Bestand haben sollte.
Neben der Musik sorgte also die Serie dieser Marathons auch von der leistungssportlichen Seite für Schlagzeilen. Schon der Start in San Diego war ein Riesenerfolg. 19979 Anmeldungen bereits bei der ersten Auflage 1998 dürften nach wie vor ein Rekord zu Beginn einer Veranstaltungsreihe sein. Und dieser Erfolg breitete sich schnell über die ganze USA aus.
Waren dies vor drei Jahren noch sieben Events, so ist man mittlerweile bei fast 20 Laufveranstaltungen angekommen. Wie erfolgreich das Konzept ist, zeigen die Teilnehmerzahlen an allen Orten, die in der Regel mehrere 10000 Läuferinnen und Läufer umfassen. Dabei setzt man auch sehr konsequent auf den Halbmarathon, als ein attraktives und vor allem realistisches Ziel für viele Anfänger, aber auch im Elitebereich, wo es viel einfacher ist, Weltklasseathleten, wie Wanjiru, Lel, Defar, etc., an den Start zu bringen.
Vielfach hat die Serie etablierte Veranstaltungen „übernommen", die aber Probleme mit den Teilnehmerzahlen hatten. Mit dem neuen Konzept boomen alle Events im Regime von Teilnehmerlimits.
Matthew Turnbull ist seit 2008 der Nachfolger von Mike Long als sportlicher Leiter und ist für den Eliteathletenbereich zuständig. Zuvor hatte Matthew in England beim Great North Run in Newcastle erste Erfahrungen gesammelt. Vor allem im Halbmarathon gelingt es ihm immer wieder die US-Elite (Deena Kastor, Ryan Hall, Abdi Abdirahman, Kara Goucher, etc.) und die Weltklasse an den Start zu bringen.
Sein letzter Erfolg war das Halbmarathon-Debut von Bahnweltrekordlerin Meseret Defar in Philadelphia im September 2010. Elite Racing und die Serie der Rock´n ´Roll Marathons wurden vor einigen Jahren von der Competitor Group übernommen. Das Unternehmen betreut neben den Marathonläufen weitere Ausdauerveranstaltungen im Triathlon und Radsport.
Fast 200 Beschäftigte arbeiten mittlerweile in dem großzügigen Büro- und Lagerkomplex am nördlichen Stadtrand von San Diego. Neben einem Internet-TV vertreibt Competitor Group Inc. (CGI) diverse Sportmagazine, die jeden Monat in 850.000 Exemplaren gut 2 Millionen Leser erreichen.
Die Zukunft des Konzepts der Läufe sieht in der Tat bestens aus, zumal man sich bei Competitor neuen Entwicklungen nicht verschließt. In Nashville steht der Marathon unter dem Motto der Country Music, in Miami wird am 11. Dezember 2011 die Latin Music im Fokus stehen und eine Woche früher wird der Las Vegas Marathon erstmals in die Abendstunden verlegt, wobei der Schlusspart auf dem beeindruckend illuminierten Las Vegas Strip erfolgen wird.
Und auch den Export der Musik-Marathons außerhalb der USA hat man bereits ins Auge gefasst. „Kontakte", so Matthew Turnbull im Gespräch, „mit deutschen Veranstaltern gibt es bereits." Vielleicht rockt es dann bald auch auf unseren Marathonstrecken und zwar entlang der gesamten Strecke. In Europa ist man übrigens schon angekommen, im April 2012 startet ein Rock ´n´ Roll Marathon erstmals in Madrid.
Informationen im Internet unter: https://running.competitor.com
Die Rock´n´Roll Marathons in den USA im Jahr 2011:
Arizona M & HM 16.01.2011
New Orleans M & HM 13.02.2011
Dallas HM 27.03.2011
Nashville M & HM 30.04.2011
San Diego M & HM 05.06.2011
Seattle M & HM 25.06.2011
Providence HM 07.08.2011
Chicago HM 14.08.2011
Virginia Beach HM 04.09.2011
Philadelphia HM 18.09.2011
San José HM 02.10.2011
Denver M & HM 09.10.2011
Saint Louis M & HM 23.10.2011
Los Angeles HM 30.10.2011
Savannah M & HM 05.11.2011
San Antonio M & HM 13.11.2011
Las Vegas M & HM 04.12.2011
Miami Beach HM 11.12.2011
Indian Wells HM 31.12.2011
Helmut Winter in RUNNING
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