Schnellster Europäer war Christian Pflügl, schnellster Deutscher dann Dennis Mehlfeld auf Platz 7 in 1:09:40. Drei Minuten später folgte Mourad Bekakcha als schnellster Hamburger.
Rio an der Reeperbahn – neuer Teilnehmerrekord – hochsommerlicher Streckenrekord bei den Frauen – 16. Auflage des hella Halbmarathon -Karsten Schölermann berichtet
Was für eine Hitzeschlacht! Bei Hochsommerwetter traten so viele Läufer wie nie zuvor in der Veranstaltungsgeschichte auf der Reeperbahn zur 16. Auflage des hella Halbmarathon an – 4282 sollten es später im Ziel werden.
Fast sieben Minuten dauerte es, bis das Feld die Startlinie überquert hatte. Petrus, zehn Samabands und die in der Luft liegende WM- Stimmung heizten den Läufern ein. Am Start, Ziel und zwischen Landungsbrücken und Fischmarkt standen die Zuschauer Spalier. Vuvuzelas waren zwar die Ausnahme (was für ein Glück, wird sich mancher gesagt haben…), dafür hupten die wartenden Busfahrer an den Landungsbrücken Beifall.
Dort bekamen die Zuschauer gleich zweimal was geboten: Den Läufer- "Lindwurm", der sich nach der ersten Runde noch die Helgoländer Allee hochkämpfen musste (ein bisschen "Alpe d'huez") und etwas später – wortwörtlich auf der Überholspur – die überrundenden Spitzenläufer. Die bekamen wie geplant einen Lautsprecher- Führungswagen spendiert. Und drei Führungsfahrräder. Und ein Motorrad. Und Polizei vorneweg. Die Spitzenläufer, das war bei den Männern zunächst eine sechsköpfige Gruppe (fünf Kenianer und Christian Pflügl, Österreich).
Heimliches Ziel war die Unterbietung des letztjährigen Strecken- und Veranstaltungsrekords von 1:01:52. Das würde bei den Temperaturen schwierig werden. Auch bei den Frauen rechnete eigentlich zunächst niemand wirklich damit, dass Caroline Chepkwony den Streckenrekord (1:14:51, 2008) oder gar den acht Jahre alten Veranstaltungsrekord (1:14:01, gelaufen von Gitte Karlshöj auf der alten Stadtparkstrecke) unterbieten würde.
Wer im Vorfeld allerdings genau hingesehen hatte, konnte sehen, dass Chepkwony seit ihrem Start beim hella Halbmarathon 2009 ihr Leistungsvermögen erheblich gesteigert hatte. Die 25jährige war erst Ende Februar in Koyang (Südkorea) eine neue Bestzeit von 1:10:05 gelaufen.
Etwas entgegen kamen ihr wie allen Läufern leichte Glättungen der Streckenführung. Der Hügel beim Hauptbahnhof entfiel zugunsten der Wallring- Tunnelpassage und zwei Doppelkurven beim zweiten Durchgang der Reeperbahn bzw. im Zielkanal. Und natürlich die besagten Samba-Bands, rein rechnerisch alle zwei Kilometer. Zudem hatte Titelsponsor hella, der dieses Jahr sein 50jähriges Jubiläum feiert, alle 2,5 km für zusammen mehr als 20000 Liter Getränke gesorgt. –
Kurz hinter der Spitzengruppe folgte solo Dennis Mehlfeld vom Lübecker SC, häufiger zu Gast bei Hamburger Straßenläufen und generell einer der schnellsten Norddeutschen – mit 23 Jahren hat er sicher noch einiges vor sich. Lokalmatador Mourad Bekakcha (HSV) folgte schon in einigem Abstand. Sein erklärtes Ziel war eigentlich eine Zeit von unter 1:10 – aber das Wetter war heute auch dem aus Algerien stammenden Hamburger Marathon- Vizemeister zu warm.
Als um 11:01:52 die Zeit für den Männer- Streckenrekord ablief, war die Führungsgruppe noch nicht einmal auf die letzte Gerade auf der Rothenbaumchaussee eingebogen. Erst etwa um 11:05 schossen nacheinander Peter Naibei Kwalia, Hosea Tuei, Wilson Kigen, Christian Pflügl und Henry Tororei vorbei – Minuten später als 2009. Kwalia und Tuei lieferten sich noch ein Duell auf der letzten Steigung, das Kwalia mit zwei Sekunden Vorsprung gewann. Wilson Kigen wurde kurz dahinter Dritter.
Schnellster Europäer war Christian Pflügl, schnellster Deutscher dann Dennis Mehlfeld auf Platz 7 in 1:09:40. Drei Minuten später folgte Mourad Bekakcha als schnellster Hamburger. Zunächst war er gar nicht erfreut, seine eigene Zielvorgabe um 0:2:39 verpasst und Dennis Mehlfeld vorgelassen zu haben. Same procedure as last year! Eine Minute nach ihm, und das war die dicke Überraschung, lief Caroline Chepkwony durch den Ziel- Torbogen. Streckenrekord! Veranstaltungsrekord! 1:13:57 – Gitte Karlshöj nach acht Jahren um vier Sekunden unterboten! Und das, obwohl Chepkwony sich nicht wie 2009 in einer Dreiergruppe ziehen und mitreißen lassen konnte – im Gegenteil, diesmal lief sie im Alleingang mit zwei Minuten der Zweiten Rebby Koech auf und davon.
Die Hamburger Hochschulmeisterschaften gewann bei den Frauen mit überlegenen 12 Minuten Vorsprung Daniela Jakobler (Uni Hamburg), derzeit außerdem amtierende Hamburger Marathon-Meisterin, in 1:26:02 (brutto) vor Gertje "Greta" Krumbholz (1:37:28) und Diana Schieren (Hamburger Fern-Hochschule, 1:38:28). Bei den Männer gingen Plätze 1 und 2 an die TU Hamburg-Harburg: Hauke Claas Heller in 1:19:49 vor Hans-Björn Ahrens und Lennart Jahn.
Die schnellsten Männer (Bruttozeiten):
1. Peter Naibei KWALIA (KEN), 1:07:21
2. Hosea TUEI (KEN), 1:07:23
3. Wilson KIGEN (KEN), 1:07:30
4. Christian PFLÜGL (AUT), 1:07:53 (schnellster Europäer)
5. Henry TOROREI (KEN), 1:07:59
6. Benjamin KEMBOI (KEN), 1:09:26
7. Dennis MEHLFELD, Lübecker SC, 1:09:40 (schnellster Deutscher)
8. Mourad BEKAKCHA, Hamburger SV, 1:12:38 (schnellster Hamburger)
9. Lars MOELLER, LG Reinbek-Ohe, 1:13:18
10. Patrick RAABE, TSV Bargteheide Triathlon, 1:16:17
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22. Hauke Claas HELLER, Triabolos Hamburg e.V. / TU Hamburg-Harburg, 1:19:49 (1. Hamburger Hochschulmeisterschaft)
24. Hans-Björn AHRENS, Deutscher Ring/BSV HH / TU Hamburg-Harburg, 1:20:59 (2. Hamburger Hochschulmeisterschaft)
137. Lennart JAHN, ETSV Gut-Heil Itzehoe / Universität Hamburg, 1:31:18 (3. Hamburger Hochschulmeisterschaft)
Die schnellsten Frauen (Bruttozeiten):
1. Caroline CHEPKWONY (KEN), 1:13:57 (Veranstaltungsrekord!)
2. Rebby KOECH (KEN), 1:16:04
3. Filomena CHEPCHIRCHIR (KEN), 1:17:08
4. Priscilla LORCHIMA (KEN), 1:19:40
5. Andrea SZEDERKÉNYI-TAKÁCS (HUN), 1:20:00 (schnellste Europäerin)
6. Martina BOE-LANGE, Post SV Uelzen, 1:25:24 (schnellste Deutsche)
7. Daniela JAKOBLER, LG Wedel-Pinneberg / Universität Hamburg, 1:26:02 (schnellste Hamburgerin und 1. Hamburger Hochschulmeisterschaft)
8. Angela POMJE, Freimersheim, 1:26:11
9. Manuela SPORLEDER, TuS Germania Schnelsen, 1:26:14
10. Lorena JAIME, 1:31:20
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18. Gertje "Greta" KRUMBHOLZ, Hamburg / Universität Hamburg, 1:37:28 (2. Hamburger Hochschulmeisterschaft)
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29. Diana SCHIEREN, Eimsbütteler TV / Hamburger Fern-Hochschule, 1:40:46 (3. Hamburger Hochschulmeisterschaft)
Die Ergebnisliste sind unter https://www.hella-halbmarathon.de/ergebnisse2010.php online.
Karsten Schölermann