Das Berliner Olympiastadion mit der Feuerschale der Olympischen Spiele von 1936 ©Horst Milde
Rettet das Berliner Olympiastadion!
In Berlin sind gerade einflussreiche Kräfte dabei, das traditionsreiche Olympiastadion zu demontieren.
Die Leichtathletik-Kultstätte mit herausragenden Veranstaltungen von Weltgeltung wie die Olympischen Spiele 1936, die Weltmeisterschaften 2009 und Europameisterschaften 2018, vieler Deutscher Meisterschaften, sowie das einzigartige ISTAF, Schauplatz unzähliger Weltrekorde und Bestleistungen, sowie Dreh- und Angelpunkt des Berliner 25 km-Laufes könnte schon in wenigen Jahren zu einer reinen Fußballarena umfunktioniert werden, in der es nach Lesart des Bundesligisten Hertha BSC „laut, steil und nah“ zugehen soll.
Zuerst zögerlich, dann massiv wird inzwischen der Protest von Leichtathletik-Freunden, dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), dem Berliner Leichtathletik-Verband (BLV) und von German Road Races (GRR) e.V. artikuliert.
„In einer konzertierten Aktion wie beispielsweise einer Online-Petition, bei der sich Zehntausende beteiligen sollten, müssen alle der Leichtathletik und den historischen Sportstätten nahestehenden Menschen Protest erheben“, so GRR-Vorsitzender Horst Milde. „Man muss diesen Plänen so rasch wie möglich eine Abfuhr erteilen!“
Der Berliner Bundesligist Hertha BSC plant einen Stadionneubau für seine Heimspiele (innerhalb des Olympiastadiongeländes) oder einen Umbau des Berliner Olympiastadions zur reinen Fußball-Arena. Bisher wurden diese Pläne nur in den Berliner Medien schon lange diskutiert, wobei auch ein Umzug in das Brandenburger Umland ins Auge gefasst wurde, was aber von den Hertha-BSC Mitgliedern, als auch vom Berliner Senat abgelehnt wird.
In der letzten Woche las man sogar in Medien, dass sich der Senat mit dem Verein überraschend darauf geeinigt hätten, dass der Umbau des Oympiastadions in eine reine Fußball-Arena prinzipiell möglich sei.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/fussballarena-in-berlin-details-fuer-umbau-des-olympiastadions-laufbahn-weg-spielfeld-tiefer/19830412.html
Der der Leichtathletik freundlich gestimmte Tagesspiegel nannte dabei Roß und Reiter für das Ende des Olympiastadions bisheriger Prägung. „Eine fast fertige Studie des Architektenbüros Gerkan, Marg & Partner (gmp) zeige, dass dies machbar sei, teilten der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), Sportsenator Andreas Geisel (SPD) und der Hertha -Vorstand am Freitag gemeinsam mit".
Dies hieße aller Voraussicht nach das Ende einer herausragenden Leichtathletik-Ära, die unter anderem auch in den Weltrekorden von Usain Bolt über 100 m und 200 m gipfelt.
„Das wäre ein Skandal allererster Güte und ein Kotau vor dem Fußball, unabhängig davon, was der Denkmalschutz (Ensembleschutz) zu den Plänen sagt, denn das gesamte Olympiagelände steht unter Denkmalschutz“, wettern unisono Horst Milde und Gerd Steins, der Präsident des Forums für Sportgeschichte und AIMS Marathoneum auf dem Olympiagelände.
Dr. Clemens Prokop, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, kritisiert in einer Pressemitteilung am Montag (22.) die mit dem Verlust der Laufbahn einhergehenden Umbaupläne deutlich. „Mit einem solchen Umbau des Olympiastadions beerdigt Berlin für immer nicht nur seine Olympiapläne, sondern verabschiedet sich aus der ersten Liga der internationalen Sportmetropolen. Das Olympiastadion, das eine Sportstätte von nationaler und internationaler Bedeutung ist, wird vom Olympiastadion zum Stadion von Hertha BSC herabgestuft. Damit werden nicht nur Millionen von Steuergeldern, die für die Renovierung des Stadions vor nicht einmal 15 Jahre verwandt wurden, verschleudert, sondern es werden weitere Millionen aufgewendet, nur um die Atmosphäre während eines Fußballspiels zu verbessern.“
Gerhard Janetzky, der Präsident der Berliner Leichtathleten und langjähriger ISTAF-Chef zeigt sich verärgert und entsetzt zugleich. „Der Senat hat offenbar Angst, den Mieter Hertha BSC zu verlieren und hat sehr schnell Entgegenkommen für ein ‚besseres Stadion‘ gezeigt. Aus Sicht der Leichtathletik ist dieses Stadion das ‚Wohnzimmer‘.
Die WM 2009 mit Usain Bolt, unzählige Deutsche Meisterschaften, viele ISTAF-Veranstaltungen, die 25 km von Berlin und viele andere Veranstaltungen der Leichtathletik sind hier zuhause – gewesen?“ Zugleich bezeichnete er den Umzug der Leichtathletik ins beschauliche und abgewrackte Jahnstadion als „reine Mogelpackung“. „Nach der missglückten Olympiabewerbung Berlins sind für das marode Stadion keine nennenswerten Gelder mehr eingestellt worden. Die internationale Leichtathletik verabschiedet sich dann für immer aus Berlin!“
DLV-Präsident Prokop zeichnet angesichts der drohenden Wolken über Berlin ein düsteres Bild von der Zukunft der Leichtathletik in Berlin und zudem in Deutschland.
„Für die Leichtathletik bedeutet der Abschied aus dem Olympiastadion, dass es in Berlin keine internationalen Meisterschaften und in Deutschland keine Weltmeisterschaften mehr geben wird. Wir werden daher um den Erhalt der Laufbahn im Olympiastadion kämpfen. Unter anderem wollen wir in Zusammenarbeit mit dem Berliner Leichtathletikverband die Bürgerinitiative „Rettet das Berliner Olympiastadion“ starten und gegebenenfalls auch die Durchführung eines Bürgerbegehrens prüfen.“ Prokop zeigte sich allerdings offen für Umbaupläne bei denen die Laufbahn erhalten bleibt.
Inzwischen wurde nämlich auch bekannt, daß die Umbaupläne steil angeordnete Tribünen im Unterring vorsehen, die ein- und ausgefahren werden könnten. So ließe sich die Laufbahn, die mit dem Spielfeld abgesenkt werden müsste, wahlweise nutzen oder überdecken. Zahlen, die von Senatskreisen genannt wurden, zu Welt – und Europameisterschaften in der Leichtathletik kämen nur 15.000 – 20.000 Zuschauer wies der DLV-Präsident zurück: „Bei der WM 2009 in Berlin verfolgten über die neun Wettkampftage im Durchschnitt 57.620 Zuschauer die Wettkämpfe. Ferner gab es TV-Rekordquoten von 10 Millionen Zuschauern wie zum Beispiel beim 100 Meter Finale mit dem Weltrekord von Usain Bolt.
In dem von DLV und Berlin gemeinsam beschlossenen Haushaltsplan für die EM 2018 (7. – 12.8. 2018) wird pro Wettkampftag mit mindestens 45 000 zahlenden Zuschauern kalkuliert.“
„Es kann nicht sein, dass die deutsche Leichtathletik nach Stuttgart, Frankfurt, München und Hamburg das letzte von der IAAF lizensierte Leichtathletik-Stadion verliert!“ zeichnet auch Horst Milde, der Initiant zahlreicher hochkarätiger Laufveranstaltungen von Weltgeltung wie den Berlin-Marathon, ein düsteres Bild über die Zukunft der Leichtathletik.
German Road Races (GRR) e.V., als die die Stimme des Laufsports und der Leichtathletik, protestiert – im Namen der nationalen und internationalen Leichtathletik – auf das Schärfste gegen diese Aktion von Hertha BSC und des Berliner Senats das traditionreiche Berliner Olympiastadion zu einem reinem Fussball-Stadion umzubauen und ruft die Sportöffentlichkeit zur Mithilfe auf, so dass schnellstmöglich im Schulterschluss mit dem DLV und dem BLV eine Bürgerinitiative „Rettet das Olympiastadion“ gebildet werden kann.
Wilfried Raatz für German Road Races (GRR) e.V. nach Material des „Tagesspiegels“ und der Presse-Informationen des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) und des Berliner Leichtathletik-Verbandes (BLV).
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