Prof. Gunter A. Pilz mit dem DOSB-Ethikpreis ausgezeichnet © Leibniz Universität Hannover
Prof. Gunter A. Pilz mit dem DOSB-Ethikpreis ausgezeichnet
Der Deutsche Olympische Sportbund hat am Donnerstag in Hannover den DOSB-Ethikpreis an den Soziologen Prof. Gunter A. Pilz verliehen.
Der Dachverband des deutschen Sports würdigte damit die langjährige Forschung des Hannoveraner Sozialwissenschaftlers insbesondere in der Fußball-Fanszene und zu den Themen Fankultur, Fairplay, Rechtsextremismus und Gewaltprävention sowie das langjährige ehrenamtliche Engagement.
Der Preisträger habe auf herausragende Weise aufgezeigt, dass sich der Sport auch mit politischem Missbrauch, mit Diskriminierung und Gewalt konfrontiert sieht, sagte DOSB-Präsident Thomas Bach. In unzähligen Untersuchungen, Analysen, Gutachten, Publikationen oder Vorträ̈gen habe Prof. Pilz den Finger in die Wunde gelegt und Missstände nicht nur „auf dem Platz", sondern auch außerhalb in ihren Ursachen und Auswirkungen wissenschaftlich untersucht. Zudem habe sich Pilz als Berater und Begleiter von Verbänden und Institutionen maßgeblich an der schwierigen Suche nach Lösungsansätzen beteiligt. „Im Mittelpunkt des Sports steht der Mensch", so zitierte Bach den früheren Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees, Willi Daume. „Diese Maxime ist und bleibt eine Richtschnur unseres Handelns. Und es ist auch eine Leitlinie für das Wirken der Arbeit von Prof. Gunter A. Pilz."
Pilz habe sich wie kaum ein anderer mit der Erziehung zu Fairplay und werteorientiertem Sport auseinandergesetzt und auf diesem Gebiet in vielerlei Hinsicht Pionierarbeit geleistet, sagte Wolfgang Niersbach, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). „Es gebührt ihm große Anerkennung dafür, dass er in seinem Engagement in einem nicht einfachen Themenfeld nie nachgelassen hat", ergänzte er. „Nicht, wenn es darum geht, um Toleranz und Anerkennung und gegen Rassismus und Diskriminierung zu kämpfen. Und nicht, wenn es darum geht, für Integration im Sport zu werben und präventiv gegen Gewalt zu agieren."
Seit 2006 ist Pilz Vorsitzender der AG „Toleranz und Anerkennung gegen Rassismus und Diskriminierung" des Deutschen Fußball-Bundes, in der er sich u. a. mit Homophobie in Fußballstadien befasst. Seit 2009 gehört er auch der AG „Rechtsextremismus-Bekämpfung im Sport" des Bundesinnenministeriums als Gutachter an.
Den Ethikpreis des Deutschen Olympischen Sportbunds habe Pilz gerade deshalb verdient, weil er seine sportwissenschaftlichen Einsichten unermüdlich in sportethisch orientierte Initiativen umsetze, sagte Laudator Prof. Wolfgang Huber, der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche. Er illustrierte an drei Beispielen die Schwerpunkte der sportwissenschaftlichen Arbeit von Gunter A. Pilz, „die alle von unmittelbarer ethischer Bedeutung, ja von großem ethischem Gewicht sind. Fairness im Sport, die Gewalt im Sport und um den Sport sowie Rechtsextremismus im Sport – das sind die drei großen Themen, die immer wieder seine Aufmerksamkeit fordern".
In seiner Veröffentlichung „Erst kommt das Siegen, dann die Moral" habe Pilz die Gefahren verdeutlicht, die dem Fairness-Prinzip im modernen Wettkampfsport drohen.
Zweitens zitierte Huber die Äußerung eines Skinhead als Beispiel der markanten Zitate, mit denen Pilz die Hintergründe der sich verändernden Fan-Szene, vor allem im Fußball, charakterisiere: „Ihr wollt nicht wissen, wer wir sind; also wundert euch nicht, wie wir sind." Auch so plädiere der Soziologe wieder und wieder für Fan-Projekte, „deren Ausgangspunkt ein ernsthaftes Interesse an der Lebenssituation, dem Sportverständnis und den Verhaltensweisen von Fans ist". Die Entwicklung der Ultras habe Pilz, auch im europäischen Vergleich, wie kein anderer beobachtet und beschrieben, sagte Huber.
„Der Fußball droht seine Seele zu verlieren": So heißt – drittens – die Überschrift einer neueren Arbeit von Pilz über „Fangewalt, Rechtsextremismus und Diskriminierung im Fußballsport", die der Laudator zitierte. Dabei, so Huber, erschöpfe sich menschenverachtende Gehässigkeit in Fußballstadien schon längst nicht mehr in rassistischen und fremdenfeindlichen Parolen. Pilz gehöre zu den Wenigen, die sozialwissenschaftliche Forschung über „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" wie homophobe und sexistische Diskriminierung auf den Sport bezögen.
Diesen Themen bleibe Pilz „im starken Realitätsbezug des Sozialwissenschaftlers, aber zugleich mit einer staunenswerten Beharrlichkeit ein Leben lang auf der Spur". Werk und Wirken gehörten bei Pilz auf besondere Weise zusammen. „Unermüdlich ist unser Preisträger unterwegs, um Projekte zu fördern, in denen seine Einsichten praktisch umgesetzt werden können", sagte Huber.
In seinem Dank sagte Prof. Pilz, gerade von einer Krankheit genesen, er habe erfahren, dass zivilgesellschaftliches Engagement einen hohen Preis habe. Doch die Auszeichnung sei für ihn Motivation, „noch einen draufzulegen". Auch der Sport müsse seine sozialen Sensoren stärken, vor allem daran werde er arbeiten. Er plädierte dafür, Fairplay in der Trainerausbildung zu verankern und Trainer zu qualifizieren. Zwar werde seine Arbeit weiterhin vor allem dem Fußball gelten, der für Pilz „nicht nur Spiegelbild der Gesellschaft" sei, sondern „wie ein Brennglas" wirke, das deren Probleme bündele. Doch auch allgemein gelte: „Kommunikation und Dialog sind für mich die Schlüsselbegriffe für Integration."
Der DOSB-Ethikpreis
Der Deutsche Olympische Sportbund zeichnet mit dem DOSB-Ethikpreis alle zwei Jahre eine Persönlichkeit oder eine Gruppe aus, die sich in besonderer Weise um die Förderung der ethischen Werte im Sport verdient gemacht hat. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen, unter denen sich der Sport heute bewähren muss, werden bei der Vergabe des DOSB-Ethikpreises insbesondere gewürdigt:
• Verdienste im Bereich der Werterziehung,
• soziales und ökologisches Engagement,
• Fairness und moralische lntegrität.
Der DOSB-Ethikpreis wird in Kontinuität zur Ludwig-Wolker-Plakette verliehen, die an einen der bedeutendsten Repräsentanten der kirchlichen Sportbewegung erinnerte. Als Erster wurde 2010 der Ruder-Olympiasieger von 1960 und Professor der Philosophie, Hans Lenk, mit dem DOSB-Ethikpreis ausgezeichnet.
Die Trophäe, die der Preisträger erhält, soll Tradition und Zeitlosigkeit zugleich symbolisieren: ein auf einem Sockel präsentierter Stein, der ursprünglich aus dem Brandenburger Tor stammt. In diesen Stein ist in griechischer Schrift das Wort „Ethos" gemeißelt, das die sittliche Gesinnung einer Person, einer Gemeinschaft oder speziellen sozialen Gruppe bezeichnet.
Quelle: DOSB
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- Wuerdigung_von_Prof._Dr._Gunter_A._Pilz.pdf2.2 M